Oft folgt sogleich der Ruf nach Verstärkungen. Schon mehrfach hat Frank Baumann betont, dass Werder dafür kein Geld mehr hat. Nun ist er in einem Interview mit „Sky“ sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hat berichtet, dass Werder finanziell nicht ganz im Plan liege und deshalb eigentlich noch Spieler abgeben müsse. Was allerdings schlimmer klingt, als es ist.
„Wir haben noch nicht den geplanten Transferüberschuss erzielt und Stand jetzt unser Gehaltsbudget überschritten. Damit gehen wir ein Stück weit ins Risiko“, sagt Baumann auf Nachfrage der DeichStube, gibt aber sogleich Entwarnung: „Das ist nicht dramatisch, es muss sich auch niemand Sorgen machen. Wir sind nur realistisch und vernünftig.“
Nach dem Aufstieg hatte Werder vor allem zwei wirtschaftliche Ziele formuliert: Das Gehaltsbudget soll maximal bei etwas über 30 Millionen Euro liegen, dazu ist ein Transferüberschuss von einem mittleren einstelligen Millionen-Betrag vorgesehen. Letzteres wurde vor allem durch die Verkäufe von Maik Nawrocki (Legia Warschau/1,5 Millionen Euro) und Jan-Niklas Beste (Jahn Regensburg/350 000 Euro) vorangetrieben. Dazu kommen noch Bonuszahlungen aus vergangenen Transfers – wie zum Beispiel bei Davy Klaassen (Ajax Amsterdam) oder Maximilian Eggestein (SC Freiburg). Gerade diese Summen könnten im Saisonverlauf noch steigen, falls die Clubs der Ex-Bremer weiter erfolgreich bleiben.
Nankishi und Woltemade sollen verliehen werden
Das Gehaltsbudget soll derweil durch Reduzierung des Personals ins Lot gebracht werden. Dabei geht es aber nicht um Leistungsträger, sondern um zwei, drei junge Spieler – zum Beispiel Abdenego Nankishi oder Nick Woltemade. Sie sollen eigentlich auch weniger aus Kostengründen abgegeben werden, sondern vor allem, um Spielpraxis zu sammeln. Deswegen sind Ausleihen geplant und keine Verkäufe.
Apropos Ausleihen: Diese werden auch gerne als für Werder machbare Möglichkeiten ins Feld geführt. Doch dem widerspricht Baumann noch mal energisch: „Ich weiß ja, dass viele Fans fragen: Warum holen die keinen weiteren Sechser oder offensiven Mittelfeldspieler oder Stürmer? Aber jedem muss einfach klar sein, dass wir uns keine weiteren Spieler leisten können, denn auch bei einer kostenlosen Leihe wird zumindest ein Gehalt fällig. Aufgrund unseres negativen Eigenkapitals müssen wir auch in den nächsten Jahre konstant positive Geschäftsergebnisse erzielen.“
Außerdem gilt es, Kredite in Höhe von 20 Millionen Euro zu bedienen und jährlich Zinsen für die Anleihe (17 Millionen Euro) zu zahlen. Da wird genau geschaut, wofür bei den Grün-Weißen Geld ausgegeben wird und ob am Ende die Bilanz noch ausgewogen ist. Natürlich darf dabei der Blick für die sportliche Wettbewerbsfähigkeit nicht verloren gehen. Und was passiert, wenn sich in den nächsten Wochen noch ein Leistungsträger schwerer verletzen und dadurch länger ausfallen sollte?
„Natürlich kann es personelle Situationen geben, in denen wir das neu bewerten müssen“, sagt Baumann und meint damit das finanzielle Risiko, das ein Club in gewissen Momenten eingehen muss. Nur hat Werder damit vor drei Jahren ganz schlechte Erfahrungen gemacht, als aufgrund von Verletzungen kurzfristig noch Ömer Toprak und Leonardo Bittencourt verpflichtet wurden – und später durch den sportlichen Absturz sowie die Einnahmeverluste in der Coronakrise zum finanziellen Ballast wurden. Trotzdem würde, so Baumann, die Scoutingabteilung und die sportliche Leitung „Augen und Ohren offenhalten“, um im Notfall reagieren zu können.
Agiert wird allerdings nicht, Baumann und Co. haben ihre personellen Hausaufgaben früh erledigt. „Wir sind grundsätzlich davon überzeugt, dass wir mit unserem Kader, in dem aktuell alle Positionen besetzt sind, die Klasse halten können“, sagt der Sportchef. Sieben Spieler wurden verpflichtet. Nur Jens Stage (FC Kopenhagen/vier Millionen Euro) kostete eine echte Ablösesumme, alle anderen – Niklas Stark (Hertha BSC), Amos Pieper (Arminia Bielefeld), Oliver Burke (Sheffield United), Mitchell Weiser (Bayer Leverkusen), Lee Buchanan (Derby County) und Dikeni Salifou (FC Augsburg/U19) kamen abgesehen von Ausbildungsentschädigungen für U 23-Spieler ablösefrei. Ab Samstag wird sich dann zeigen, ob sie gemeinsam mit den Aufsteigern gut genug sind für die Bundesliga.