Die Sehnsucht nach Europa ist groß. Nicht nur, aber eben auch bei Clemens Fritz. Das wurde während seiner ersten Rede als Geschäftsführer Fußball während der Mitgliederversammlung des SV Werder Bremen mehr als deutlich. Der 43-Jährige hatte, so verriet er es, in Vorbereitung auf seinen mit Spannung erwarteten Auftritt einige Zeit in seinem heimischen Arbeitszimmer verbracht und bei der Suche nach den passenden Worten immer wieder einen Bilderrahmen angeschaut. Ein Trikot von Ronaldinho ist darin drapiert, dem früheren brasilianische Weltklasse-Fußballer war Fritz einst im September 2006 auf dem Rasen des Weserstadions begegnet. Werder traf auf den großen FC Barcelona, führte sogar und kassierte durch den erst 19-jährigen Lionel Messi in der 89. Minute doch noch das 1:1. Für Fritz war es das erste Champions-League-Heimspiel in Bremen überhaupt – eines, das noch immer nachwirkt.
„Es war trotz des späten Ausgleichs eine Europapokalnacht, die mich fasziniert hat und mir heute noch Gänsehaut bereitet. Es war für mich eine dieser Werder-Nächte, die für immer im Kopf bleiben“, schilderte der Ehrenspielführer. Und er will unbedingt weitere dieser spektakulären Erinnerungen einsammeln. „Ich kann nicht sagen, wann wir mal wieder im Europapokal spielen. Aber ich kann versprechen, dass ich und dass wir jeden Tag alles geben werden, damit Werder mittelfristig wieder international spielen kann.“ In der vergangenen Saison fehlten bekanntlich nur zwei Tore, um in einen europäischen Wettbewerb einzuziehen, aktuell feilt die Mannschaft an einer Punktebasis, die möglicherweise im Frühjahr einen weiteren Anlauf auf kontinentale Duelle zulässt.
Dass Werder nach schwierigen Jahren, in denen es zwischenzeitlich sogar in die 2. Liga ging, überhaupt wieder ambitionierter denken darf und will, hängt nach Meinung von Clemens Fritz ganz entscheidend mit der Arbeit von Coach Ole Werner und dessen Trainerteam zusammen. „Ole macht die Mannschaft und die einzelnen Spieler kontinuierlich besser. Er stellt sie nahezu immer optimal ein und hat eine klare Spielphilosophie etabliert“, lobte der Geschäftsführer Fußball. „Wenn es mal nicht so läuft, dann analysiert Ole das Spiel selbstkritisch und schonungslos, spricht wie nach dem 1:4 gegen Gladbach seine eigenen Fehler sogar öffentlich an. Das ist nicht selbstverständlich. Ole und sein Trainerteam stehen für Verlässlichkeit, Kontinuität und Leistungsbereitschaft - und damit nehmen sie die Mannschaft mit.“
Auch Naby Keita bleibt Thema
Den Bundesliga-Profis gehörte erwartungsgemäß ein großer Teil der Fritz-Rede, doch der gebürtige Erfurter sparte auch nicht mit Lob für die Fortschritte in der Frauen-Abteilung, skizzierte die Entwicklungen in der U23 und sprach über die strukturellen Veränderungen der jüngeren Vergangenheit im Leistungszentrum. Auch Naby Keita war noch einmal Thema, Fritz wurde wiederholt deutlich: „Wer nicht mit seinen Mitspielern in den Werder-Bus steigt, der wird auch nicht mehr das Werder-Trikot im Weserstadion tragen.“ Dazwischen verkündete er mal eben die Vertragsverlängerung von Jens Stage und bedankte sich artig auch bei Vorgänger Frank Baumann, den er zur eigenen Überraschung tatsächlich in einer Ecke der Werder-Halle ausfindig gemacht hatte. Jener Frank Baumann, mit dem Clemens Fritz 2006 gemeinsam gegen Barcelona aufgelaufen war und der sicherlich auch nichts gegen weitere Flutlichtspiele am Osterdeich im europäischen Wettbewerb einzuwenden hätte. „Ja, das internationale Geschäft ist sicherlich ein hohes Ziel für uns und wir bei Werder sind demütig“, betonte Fritz, „aber wir müssen auch mutig und überzeugt von uns sein, wenn wir uns neue Ziele. Für eine tolle Zukunft. Für Werder.“