Es wird immer verrückter beim SV Werder Bremen: Der Aufsteiger bot seinen Fans am Freitagabend einmal mehr in dieser Saison eine spektakuläre Schlussphase, erlebte im Weserstadion am Ende allerdings ein kleines Fiasko. Da geriet die 0:1 (0:0)-Niederlage gegen den eigentlich schwer angeschlagenen FC Augsburg fast zur Nebensache. Denn erst wurde Marvin Ducksch mit seinem verschossenen Handelfmeter tief in der Nachspielzeit zur tragischen Figur, dann wollten einige Werder-Fans das Spielfeld stürmen, weil FCA-Keeper Rafa? Gikiewicz nach seiner Elfer-Parade etwas provozierend in die Ostkurve hinter sich gezeigt hatte.
Kurz darauf war Schluss: Die Augsburger durften dank des Treffers von Ermedin Demirovic (63.) einen unerwarteten Sieg feiern. Werder blieb dagegen erstmals in dieser Saison ohne eigenes Tor und verlor auch noch Keeper Jiri Pavlenka, der bereits nach einer halben Stunde verletzt runter musste.
Werder-Coach Ole Werner hatte im Vergleich zum 2:0-Sieg vor knapp einer Woche in Bochum eine Veränderung vorgenommen: Königstransfer Jens Stage kehrte ins Mittelfeld zurück, dafür musste Niklas Schmidt auf die Bank. „Augsburg wird vermehrt auf lange Bälle setzen. Da wird es zu vielen Duellen in der Luft und um zweite Bälle kommen. Da hat sicher Jens seine Stärken“, erklärte vor der Partie Ole Werner.
Aber auch Stage konnte nicht verhindern, dass die Augsburger sofort das Kommando übernahmen.
Augsburg startet in Bremen mutig und kämpferisch
Keine Spur von Verunsicherung beim Team von Enrico Maaßen nach drei Niederlagen in Folge, sondern ganz viel Mut und Kampf. Damit kam Werder zunächst gar nicht zurecht. Schon nach 90 Sekunden musste Keeper Jiri Pavlenka gegen Florian Niederlechner kurz vor der Torlinie vollen Einsatz zeigen, um das 0:1 zu verhindern. Wenig später hatte der schon geschlagene Tscheche dann Glück, dass Niederlechner ins Stolpern geriet und nicht vollstrecken konnte (8.).
Immerhin wehrte sich Werder nun – körperlich und spielerisch. Schnell ging es nach vorne, doch meistens agierten die Bremer dabei zu unpräzise oder waren wie Stage (10.) oder Marvin Ducksch (14.) im Abschluss zu harmlos.
Nach einer halben Stunde hob dann Pavlenka die Hand, nichts ging mehr. Schon bei seiner ersten Parade hatte er sich am rechten Oberschenkel verletzt und danach lange Zeit durchgebissen. Für ihn kam Michael Zetterer und dabei mit 27 Jahren zu seinem Bundesliga-Debüt. Doch aufregend wurde es erst mal auf der anderen Seite: Niclas Füllkrug – wer sonst? – köpfte artistisch eine Freistoß-Hereingabe von Ducksch ins Tor (31.). Riesenjubel im mit 41 000 Zuschauern ausverkauften Weserstadion. Bis sich der Video-Assistent meldete und Schiedsrichter Martin Petersen zum Bildschirm am Spielfeldrand schickte. Und siehe da: Anthony Jung hatte ganz knapp im Abseits gestanden und als Blocker aktiv eingegriffen. Kein Tor also, eine richtige Entscheidung.
Beide Teams schenkten sich weiter nichts, es ging hart zur Sache. Guter Fußball wurde nicht gespielt, dafür ansehnlich gearbeitet. Auch von Neuling Zetterer, der erst bei einer Bogenlampe etwas Probleme hatte, dann aber zwei Mal hervorragend herauskam und Szenenapplaus bekam.
„Augsburg hatte schon die eine oder andere Aktion mehr im Strafraum, deswegen ist das 0:0 gerade noch gerecht“, urteilte der verletzte Bremer Mittelfeldspieler Leonardo Bittencourt in der Pause bei dann und wünschte sich, dass sein Team mehr nach vorne spielt.
Doch davon war nach der Pause nichts zu sehen. Werder tat sich schwer, sich mal gefährlich in Szene zu setzen. Zumal die Augsburger weiterhin aggressiv blieben. Erst ein Kopfball von Ducksch, den Rafa? Gikiewicz gerade noch entschärfen konnte, sorgte mal wieder für ein offensives Lebenszeichen (61.). Doch die Gäste waren noch lebendiger und durften kurz darauf das 1:0 durch Ermedin Demirovic bejubeln (63.). Aber was bitteschön hatte Füllkrug da gemacht? Der Stürmer hatte nach einer geklärten Ecke, die prompt zurückkam, Gegenspieler Bergig Berisha einfach laufen lassen und dabei offenbar auf Abseits gehofft. Berisha passte in die Mitte, dort ließ Demirovic Keeper Zetterer keine Chance. Keine unverdiente Führung.
Werner reagierte sofort – und zwar mit einem Dreifach-Wechsel: Für Christian Groß, Romano Schmid und Stage kamen Oliver Burke, Niklas Schmidt und Ilia Gruev (67.). Doch die nächste dicke Chance hatten die Gäste, Berisha scheiterte aber mit einem Lupfer an der Latte (76.). Werder blieb also im Spiel, doch die Zeit rannte den Gastgebern davon. Schmidt probierte es aus der Distanz, scheiterte aber.
Schlimme Szenen zum Ende einer knallharten Partie
Nun kam auch noch Lee Buchanan, der wenige Stunden zuvor von der Liga mit dem „Rookie Award“ für den Monat August ausgezeichnet worden war. Vor allem wegen seines Tores bei der fulminanten Aufholjagd beim 3:2-Sieg in Dortmund. Darauf hofften die Fans natürlich auch gegen Augsburg. Und wieder gab es große Aufregung in der Schlussphase. Ducksch schoss Bauer den Ball an die Hand, Schiedsrichter Petersen zeigte sofort auf den Punkt.
Die Augsburger konnten es nicht fassen, schimpften ohne Ende und probierten alles, um Elfer-Schütze Ducksch aus der Konzentration zu bringen. Und der in dieser Saison noch torlose Angreifer scheiterte tatsächlich an Gikiewicz. Der provozierte ein bisschen die Werder-Fans in der Ostkurve, von denen einige den Platz stürmen wollten. Schlimme Szenen zum Ende einer knallharten Partie mit einem bitteren Ende für Werder und vor allem für Ducksch.