Zweimal ist Niklas Stark bislang am Millerntor gewesen. 2015 verlor der Verteidiger mal mit dem 1. FC Nürnberg beim FC St. Pauli mit 0:1, im Folgejahr gab es mit Hertha BSC einen 2:0-Erfolg im DFB-Pokal gegen die Kiezkicker. Den Mythos des Hamburger Stadtteilclubs und seines zugehörigen Stadions müsste Stark also schon zu spüren bekommen haben. Gerade unter Flutlicht. Und doch sagt er im Vorfeld des jetzigen Duells zwischen seinem SV Werder Bremen und dem Aufsteiger (Samstag, 18.30 Uhr): „Für mich ist das eher ein normales Bundesligaspiel, das ich unbedingt gewinnen will.“ Dem 29-Jährigen ist allerdings auch nicht entgangen, dass es viele andere Menschen gibt, die das komplett anders sehen. Sehr viele sogar. „Ich habe schon ein paar Stimmen aus der Mannschaft gehört, die sich ganz besonders auf das Spiel freuen“, berichtet der Abwehrmann. „Und ich habe gehört, dass 30.000 Karten nur an Werder-Fans hätten verkauft werden können. Allein das ist schon heftig. Spätestens dann weiß man, dass es ein besonderes Spiel wird. Nicht nur für uns, sondern auch für unsere Fans.“
Bei aller Emotionalität geht es am Ende in erster Linie um die sportliche Komponente. Gern fußballerisch, aber insbesondere in puncto Punktausbeute. Und da strebt Niklas Stark mit seinen Kollegen natürlich drei weitere Zähler an. „Die Tabelle sieht im ersten Moment nicht so schlecht aus. Es ist noch ein bisschen was nach oben drin, aber natürlich müssen wir auch nach unten schauen“, erklärt der Defensivakteur. Als Zehnter des Klassements haben die Grün-Weißen bislang aus 13 Partien 19 Zähler gesammelt – und somit schon recht früh fast die Hälfte der 40-Punkte-Marke zusammengetragen, die per Zielvorgabe erreicht werden soll. Für langfristige Rechenspiele ist Stark allerdings aktuell nicht zu haben. „Ich persönlich sehe noch nicht das große Ganze“, betont er. „Mein nächstes Ziel ist, das Maximale aus den beiden nächsten Spielen bis Weihnachten herauszuholen. Dann fahren wir mental mal kurz runter und können darauf schauen, was vielleicht alles möglich ist.“
Stark lobt Stimmung im Bremer Weserstadion
Im Optimalfall hat Werder bis dahin weitere sechs Punkte aufs Konto geschaufelt. Eben auf St. Pauli und eine Woche später beim Jahresabschluss im Weserstadion gegen den 1. FC Union Berlin. Ausgeschlossen ist das nicht, aber Garantien gibt es eben auch keine. Von dem Status, dass die Bremer einfach mal ein Bundesligaspiel souverän und komfortabel nach Hause schaukeln, sind sie noch ein gutes Stück entfernt. Dafür stimmen Moral und Intensität, Werders Profis geben sich bis zur allerletzten Aktion in der Regel nicht geschlagen – und sind dafür schon mehrfach belohnt worden. „Ich spüre auch, dass immer was geht. Gegen Darmstadt kam das auch von den Rängen. Es fühlte sich an wie: ,Warum denn Verlängerung? Wir können doch noch was machen‘. Das ist bei uns verankert“, findet Stark und glaubt: „Wenn man die passende Energie auf den Platz bringt, passiert es halt öfter mal, dass man auch spät zu einem Treffer kommt. Das war auch schon da, als ich 2022 frisch zu Werder gekommen bin, wie man an den Spielen damals gegen Stuttgart und Dortmund gesehen hat. Wir sind jetzt aber geduldiger geworden, bleiben uns bis zuletzt treu. Das zahlt sich aus.“
Und sorgt dafür, dass das Profidasein im Moment ein recht angenehmes ist. Bei Werder wurde in den vergangenen Jahren immer mal wieder gelitten, auch Niklas Stark hat im Laufe seiner Karriere schon druckvolle Zeiten durchgemacht, in denen es nur ums sportliche Überleben ging. „Da sind dann ein paar andere Gedanken und Sorgen mit dabei“, gesteht der Innenverteidiger. „Jetzt da zu stehen, wo wir sind, macht den Job schon einfacher. Aber es ist auch harte Arbeit, dort zu stehen. Und wir kommen auch nur weiter, wenn man fokussiert arbeitet – und das machen wir jeden Tag.“ Da hilft es dann natürlich auch, wenn gegen Aufsteiger dreifach gepunktet wird. Gegen Holstein Kiel ist das bereits auf den letzten Drücker dank des Treffers von Oliver Burke gelungen, nun soll gegen den FC St. Pauli nachgelegt werden. Zuletzt wurde auch der kriselnde VfL Bochum niedergerungen.
Genau daran hatte es in der Vorsaison noch gehapert, als gegen Liga-Neuling Heidenheim zweimal verloren und gegen den späteren Tabellenletzten SV Darmstadt 98 nur ein magerer Zähler heraussprang. Ein Manko, das explizit angegangen wurde? „Vielleicht im Hinterkopf ein bisschen“, sagt Niklas Stark. „Es ist beim Essen sicherlich mal ein Satz in die Richtung gefallen, dass wir dieses Jahr nicht so häufig gegen Aufsteiger patzen dürfen. Es wurmt uns schließlich alle noch, dass am Ende nicht viel gefehlt hat, um international spielen zu können." Der Rechtsfuß unterstreicht jedoch auch: "Es ist andersherum nicht selbstverständlich, gegen einen Aufsteiger Punkte zu holen. Die werfen alles rein. Da muss man auch erstmal bestehen.“ Ganz so, wie am Samstag beim FC St. Pauli.