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BFT Academy Start für Herbst geplant: Werder bildet künftig US-Talente aus

Der SV Werder will US-Talenten eine professionelle Fußball-Ausbildung ermöglichen. Welche Ziele die Bremer damit verfolgen und wie viel Geld ein zehnmonatiger Aufenthalt in der Akademie kosten soll.
21.06.2024, 14:49 Uhr
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Von Daniel Cottäus

Als Testimonial, daran besteht kein Zweifel, eignet sich Ethan Kohler ganz hervorragend. Schließlich ist der 19-Jährige einst selbst den Weg gegangen, für den er jetzt wirbt. Vor ziemlich genau einem Jahr, Anfang Juli 2023, wechselte Kohler vom US-amerikanischen Club Oakland Roots SC zum SV Werder nach Bremen, wo er aktuell zum Kader der U 23 zählt. Wenn Kohler sich nun also mit den folgenden Worten zitieren lässt, darf unterstellt werden, dass er weiß, wovon er spricht: „Nach Europa zu kommen, ist eine ganz andere Welt, als in den USA zu spielen. Wenn Sie also Ihr Ziel erreichen wollen, überqueren Sie die Brücke nicht nur, sondern rennen Sie darüber!“

Eher Geschäftsmodell als Suche nach Supertalenten

Dieser Satz steht auf der offiziellen Internetseite der „BFT Academy“, wobei die Abkürzung „Bridge for Talents“ meint. Gemeinsam mit der „Berlin Sports Group“ hat sich der SV Werder vorgenommen, US-Talente im Alter zwischen 16 und 20 Jahren über die besagte Brücke nach Bremen zu führen und ihnen vor Ort eine professionelle Fußball-Ausbildung zu ermöglichen. Es ist ein Projekt, das in erster Linie als Geschäftsmodell und weniger als Casting nach dem nächsten Supertalent zu verstehen ist.

„Es geht um talentierte Spieler, deren Elternhäuser bereit sind, Geld dafür zu bezahlen, dass ihr Kind fußballerisch auf hohem Niveau ausgebildet wird“, erklärt Björn Schierenbeck als Leiter des Bremer Leistungszentrums, an das die „BFT Academy“ andocken wird. In anderen Sportarten, etwa im Golf oder Tennis, sind entsprechende Angebote längst etabliert. Der Fußball erschließt sich dieses Feld nun ebenfalls mehr und mehr. So unterhält der FC Bayern München beispielsweise seit September 2023 die „FC Bayern Global Academy“, die laut der Internetseite des Rekordmeisters „eine einzigartige Gelegenheit für talentierte U 17-Spieler aus den Vereinigten Staaten von Amerika ist, ein Team zu bilden und eine ganze Saison lang in unserer Jugendakademie, dem FC Bayern Campus, zu trainieren“. Ein Markt, auf dem künftig auch die Bremer mitspielen wollen, weil sie sich gleich mehrere Vorteile davon versprechen, wie Werders Teamleiter Organisation Jan-Claas Alexander erklärt, der an der Konzeption der „BFT Academy“ mitwirkt.

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„Wir wollen den Talenten ein Werder-Erlebnis auf einem professionellen Niveau bieten. Dabei bringen wir unser Know-how ein“, sagt Alexander – und betont: „Am Ende soll es einen sportlichen Mehrwert bieten, idealerweise für alle Seiten, wobei das kein Ausschlusskriterium sein darf.“ Natürlich wehre sich der Verein nicht dagegen, im Zweifel das nächste Toptalent zu entdecken, „aber das steht bei BFT nicht im Vordergrund“. Werders Trainee und Ex-Profi Felix Wiedwald, der in der Akademie den Titel „Programm-Manager“ trägt, schlägt in dieselbe Kerbe: „Es geht darum, ein möglichst hohes Niveau im Kader zu haben, aber nicht primär darum, nach dem Projekt Spieler mit Verträgen auszustatten.“

Wichtiger sind für die Bremer laut Alexander zunächst einmal Erfahrungen in Sachen internationaler Zusammenarbeit. Gerade Nordamerika sei da sehr interessant für den Club, „nicht zuletzt wegen der WM 2026“. Insgesamt 22 Plätze soll der Kader des BFT-Teams umfassen, das dann im Idealfall zehn Monate, sprich eine Saison lang am Osterdeich ausgebildet wird. Während die „Berlin Sports Group“ qualifizierte Trainer für das Projekt nach Bremen schickt, stellt Werder sein Gelände und Know-how zur Verfügung. „Wir begleiten das Projekt natürlich eng“, sagt Wiedwald. So ist unter anderem geplant, dass das BFT-Team regelmäßig Testspiele gegen Werders U-Mannschaften sowie auch externe Gegner absolviert. Auch die Bremer Scouts werden das Training der US-Talente aufmerksam verfolgen.

Werbekampagne läuft in Nordamerika bereits

Die Werbekampagne für die „BFT Academy“ ist in Nordamerika bereits im März angelaufen. „Aktuell haben wir zwölf Zusagen und stehen zudem mit über 30 weiteren Familien in Kontakt“, erklärt Dr. Georg Froese, der CEO von „Berlin Sports“. Dass bei Werder in Josh Sargent ein US-Amerikaner einst den Durchbruch im europäischen Fußball geschafft hat, ist bei der Suche nach neuen Talenten sicher kein Nachteil.

Die interessierten Spieler bewerben sich mit Videos, auf denen sie ihren Fähigkeiten präsentieren. Danach wird eine Vorauswahl getroffen. „Unsere Erfahrung zeigt, dass die Spieler, die sich anmelden, in der Regel bereits eine sehr hohe sportliche Qualität aufweisen. Das mag nicht immer den Maßstäben der U19-Bundesliga entsprechen, aber in der Regel entscheiden sich Familien nicht für ein so zeit- und ressourcenintensives Programm, wenn es nur um eine Freizeitbeschäftigung für ihr Kind gehen soll“, sagt Froese.

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Angeboten werden den Talenten drei verschiedene Pakete, die die Namen „Ganze Staffel“ (zehn Monate Aufenthalt in der Akademie), „Viertelsaison“ (drei Monate) oder „Versuch“ (zwei Wochen) tragen. Wer sich für das größte Paket entscheidet, muss tief in die Tasche greifen: Zehn Monate inklusive Unterkunft und Verpflegung in der „BFT Academy“ kosten 40 000 US-Dollar. „Uns ist klar, dass nicht jede Familie so ein Programm ohne Weiteres machen kann. Deswegen schauen wir, dass wir die Möglichkeiten von Stipendien in bestimmten Fällen anbieten können“, versichert Froese.

Wann genau der erste Jahrgang der Akademie in Bremen startet, ist derweil noch offen. Angestrebt wird der Herbst, da die Verantwortlichen aber erst dann loslegen wollen, wenn der Kader die gewünschte Größe und Qualität hat, ist eine Verschiebung des Starttermins ins Jahr 2025 denkbar. Aktuell suchen Werder und „Berlin Sports“ nach einer geeigneten Unterkunft, in der die Talente während der Zeit in Bremen wohnen sollen. Auch Themen außerhalb des Sportlichen stehen auf der To-do-Liste. „Der Plan sieht vor, dass die Jungs während ihrer Zeit in Bremen Online-Unterricht haben. Dazu werden sie Deutschunterricht erhalten und permanent durch pädagogisches Personal betreut sein“, betont Froese.
Landsmann Ethan Kohler steht im Zweifel sicher auch für den einen oder anderen Ratschlag bereit. Er weiß schließlich, wie es ist, die Brücke zu überqueren.

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