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Taktikanalyse zum 2:3 Werders Niederlage gegen Hoffenheim: Lücken im Zentrum und auf rechts

Ein Neuanfang sollte Werder Bremens Spiel gegen die TSG Hoffenheim sein, doch Ole Werners radikal veränderte Startelf konnte in den ersten 45 Minuten nicht mit den Gästen mithalten. Die Taktikanalyse.
08.10.2023, 10:54 Uhr
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Von Tobias Escher

Experimentierfreude gehört eigentlich nicht zu den Eigenschaften von Werder-Coach Ole Werner. Seit er das Traineramt an der Weser übernommen hat, setzt er auf Kontinuität. So hält er nicht nur an seinem präferierten 5-3-2-System fest, auch das Personal rotiert er nur behutsam. Nach der 2:4-Niederlage gegen Darmstadt brach Werner aber mit der Kontinuität: Gleich fünf Spieler rückten gegen die TSG Hoffenheim neu in die Startformation. Werder war anzumerken, dass sie in einer völlig neuen Zusammenstellung spielten – leider nicht in positiver Hinsicht.

Beide Teams mit ähnlichen Formationen

Bei Werder feierten mit Nicolai Rapp, Naby Keita und Justin Njinmah gleich drei Akteure ihr Startelf-Debüt, Anthony Jung und Marco Friedl rückten ebenfalls neu in die Anfangsformation. Ein Grund für die zahlreichen Wechsel waren die Verletzungen von Oliver Deman und Amos Pieper. Die offensiven Wechsel hingen wiederum mit der schwachen Vorstellung gegen Darmstadt zusammen. Werner wollte vorne neue Akzente setzen, seinem 5-3-2-System blieb er jedoch treu.
 Hoffenheims Trainer Pellegrino Matarazzo stellte seine Mannschaft in einer ähnlichen taktischen Formation auf. Hoffenheim begann das Spiel in einer Mischung aus 5-3-2 und 3-4-3. Sechser Florian Grillitsch sicherte vor der Abwehr ab, Anton Stach und Grischa Prömel rückten aus dem Mittelfeld situativ nach vorne und unterstützten die beiden Angreifer.

Nach einer kurzen Phase des Abtastens entpuppte sich Hoffenheim als das dominantere Team. Die Gäste rückten konsequent aus dem Mittelfeld heraus, um Werders Dreierkette zu stören. Werder verzichtete in der ersten Halbzeit fast vollständig auf ein Anlaufen der gegnerische Dreierkette. Hoffenheim konnte den Ball in der Innenverteidigung sichern, in Ruhe bauten die Verteidiger das Spiel auf. Zur Halbzeit lag der Hoffenheimer Ballbesitzwert bei 63%.

Hoffenheim dominiert Abwehr und Mittelfeld

Coach Werner mag die Hälfte seiner Feldspieler ausgetauscht haben. Die Schwächen, die bei der 2:4-Niederlage in Darmstadt auftraten, konnte er aber nicht abstellen. Erneut besaß Werder zwei Problemzonen. Im Zentrum ließen sich die Mittelfeldspieler von ihren Gegnern herausziehen. Gerade Keita tat sich defensiv nicht hervor. Er benötigt offensichtlich noch Zeit, sich an das System von Werner zu gewöhnen.

Anders als gegen Darmstadt schloss die Bremer Abwehr die Lücken im Mittelfeld nicht. Sie sollten offenbar selbst nicht so viele Lücken hinter der Abwehr öffnen, wie dies gegen Darmstadt passiert war. Das erleichterte den Hoffenheimern die Spieleröffnung: Immer wieder konnten sie den Ball auf einen zurückfallenden Stürmer spielen. Der konnte die Kugel ohne Gegnerdruck auf die Flügel verteilen.

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Gute Seiten, schlechte Seiten

Auf den Außen zeigte sich die zweite Problemzone der Bremer, genauer gesagt: auf der rechten Abwehrseite. Mitchell Weiser ist berüchtigt für seine offensiven Ausflüge, defensiv agiert er wenig positionstreu. Sein Nebenmann müsste dies ausmerzen. Diese Aufgabe überforderte Nicolai Rapp allerdings. Ihm gelang es zu keinem Zeitpunkt, den halblinken Stürmer Maximilian Beier zu stoppen.
 Hoffenheim ist nicht der erste Gegner, der Werders rechte Seite entblößt. Dass Werder in zwei Spielen am Stück gleich zwei Gegentore über die eigene rechte Seite kassierte, sollte das Trainerteam beschäftigen. Beier konnte nach Belieben mit seinen Kollegen Prömel und Robert Skov kombinieren.

Werners Problem: Weisers offensive Rolle ist für das Angriffsspiel unverzichtbar. Fast alle gefährlichen Angriffe laufen über seine Seite. Da vorne ein Stürmer fehlt, der Zuspiele hält, sind die Vorstöße des Rechtsaußen aktuell alternativlos – zumindest bis sich Keita in der Mannschaft eingefunden hat. Werder fehlt ohne einen offensiven Weiser die Anbindung zwischen Abwehr und Angriff.

Werners Wechsel provozieren wildes Spiel

Werder konnte die Hoffenheimer Dominanz erst nach der Halbzeitpause brechen. Immer häufiger schob ein Bremer Mittelfeldspieler im Pressing vor. Werder störte die gegnerische Abwehrkette fortan im 3-4-3. Die Einwechslungen von Jens Stage und Rafael Borré (59., für Njinmah und Keita) beflügelten das Pressing. Hoffenheim wiederum verzichtete auf das Drei-Mann-Pressing, die Kraichgauer zogen sich stattdessen im 5-3-2 hinter die Mittellinie zurück. Der Ballbesitz drehte sich: Nach der Pause lag Werders Wert bei 62%.

Nachdem zwingende Chancen ausgeblieben waren, warf Werner alles nach vorne. Mit den Einwechslungen von Nick Woltemade und Christian Groß (72., für Rapp und Lynen) stellte er endgültig auf ein 3-4-3 um. Woltemade ging ins Zentrum, Borré wich auf den rechten Flügel aus. Die rechte Seite blieb die Bremer Schokoladenseite: Borré und Weiser zogen vorne die Gegenspieler auf sich. Groß sah als rechter Innenverteidiger die entstehende Lücke, stieß auf der rechten Seite vor und schlug gleich mehrere Flanken.

In der Schlussviertelstunde wogte das Spiel von Strafraum zu Strafraum. Werder schnürte die Hoffenheimer ein. Da nur drei oder teilweise gar nur zwei Bremer Innenverteidiger die eigenen Angriffe absicherten, fand Hoffenheim Räume zum Kontern. Beide Teams hatten Chancen. Werder erzielte nach einer Hereingabe von Groß den Ausgleich, musste aber im direkten Gegenzug das 2:3 schlucken.

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Fazit: Viele Probleme, wenig Lösungen

Trotz der Leistungssteigerung nach der Pause fällt das Fazit ernüchternd aus. Abermals schaffte Werder es nicht, zwei gleich starke Halbzeiten zu spielen. Abermals kurbelte die eigene rechte Seite zwar das Offensivspiel an, entpuppte sich jedoch als defensive Schwachstelle. Auch die Neuzugänge fügen sich immer noch nicht optimal ein in Werners System. Es gibt viel zu tun für den Werder-Trainer - seine neu entdeckte Experimentierfreude wird nach der Länderspielpause weiter gefragt sein.

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