Sie waren so nah dran – und sind am Ende doch zu weit weg. Zwei Tore haben dem SV Werder Bremen letztlich gefehlt, um noch auf Platz acht zu klettern, der möglicherweise zum Einzug in die Conference League berechtigt. Sofern Bayer 04 Leverkusen den DFB-Pokal gewinnt. Gedankenspiele, mit denen sie sich an der Weser nun nicht mehr beschäftigen müssen. Dem einen oder anderen Profi tat das nach dem hochverdienten 4:1 (1:0)-Heimsieg über den VfL Bochum zum Saisonabschluss mächtig weh, Trainer Ole Werner weigerte sich dagegen, dem Greifbaren allzu sehr nachzutrauern. „Es fällt mir schwer, komplett enttäuscht zu sein“, betonte der 36-Jährige. „Dafür war die Leistung der Mannschaft heute und auch über die gesamte Saison gesehen einfach zu gut.“ Mit Rang neun ist es tatsächlich ein einstelliger Tabellenplatz geworden, in der Rückrundenwertung wird Werder mit 25 Punkten sogar als Sechster geführt. Zahlen, die Mut machen und Inspiration für die Zukunft sein sollen. „Natürlich hätten wir diesen einen Platz gerne auch noch gutgemacht, aber von wem oder was soll ich enttäuscht sein?“, fragte Werner deshalb.
Nun ja, von der Torausbeute vielleicht. Im Laufe der Saison war das schon immer mal Thema gewesen, dass die Bremer in Sachen Effizienz ein wenig zu inkonstant agierten. Mal hakte es am Weg Richtung Gefahrenzone, dann wieder an der Verwertung guter Chancen. Auch so gingen Punkte verloren, die nun in der Endabrechnung fehlen und für eine noch bessere Bilanz gesorgt hätten. Die Partie gegen Bochum diente da quasi als Blaupause.
Werder machte vieles gut und richtig, ließ aber auch einiges liegen. „Bei allem Respekt vor Bochum hätten wir vielleicht sogar acht Tore schießen können, weswegen es schon ein bisschen wehtut“, meinte etwa Romano Schmid. Ein echter Kantersieg zum Abschluss war fraglos möglich, beim schwachen und in die Relegation geschlitterten VfL hätte man sich darüber keinesfalls beschweren dürften. So aber stand es nach einem frühen Treffer von Kapitän Marco Friedl (6.) lediglich 1:0 zur Pause, erst im zweiten Abschnitt schraubten Anthony Jung (78.), Jens Stage (80.) und Romano Schmid (88.) die Führung in die Höhe. Und es hatte weitaus mehr Topgelegenheiten gegeben, die nicht genutzt wurden und somit Anlass zur Enttäuschung boten. „Wenn wir über das heutige Spiel sprechen, ja“, räumte auch Ole Werner ein, „wenn wir aber über zwei Tore sprechen, dann fallen mir an jedem Spieltag Situationen ein, wo der Ball hätte reingehen oder wir ein Gegentor hätten verhindern müssen. Im Fußball ist es so, dass man nach 34 Spielen da steht, wo man es auch verdient hat.“
Werder-Trainer lobt Entwicklung
Und diesen neunten Platz der Bremer wollte der Coach zwingend als positiv verstanden wissen. Deshalb skizzierte er die Umstände noch einmal ganz genau: „Wir haben uns aus einer sehr herausfordernden Situation im Sommer freigeschwommen. Die Jungs haben unheimlich viel an Energie gelassen und unheimlich viel an Identifikation mit der Gruppe und dem Verein gezeigt, damit es überhaupt möglich war, ihre Qualität zu zeigen“, schilderte Werner, der damit unter anderem auf den späten Verlust von Torjäger Niclas Füllkrug und all die weiteren personellen Fragezeichen anspielte, die sich erst halbwegs auflösten, als die Saison schon lief. „Wir hatten eine wilde Transferphase, hatten den Kader erst spät zusammen und haben dann einen schlechten Start erwischt mit dem Pokal-Aus. Es war wahnsinnig viel Bewegung drin, mit Höhen und Tiefen. Ich bin stolz auf die Mannschaft, denn das, was sie geleistet und investiert hat, ist nicht selbstverständlich.“
Auch wenn eben nicht alles perfekt war. „Es war ein Saisonverlauf, der an der einen oder anderen Ecke vielleicht ein bisschen konstanter hätte sein können“, urteilte Werders Cheftrainer. „Wenn wir davon sprechen, wo wir noch besser hätten sein können, wäre das am ehesten in der Startphase möglich gewesen, wenn wir uns als Mannschaft ein bisschen früher gefunden und mit allem, was dazu gehört, etwas früher fertig gewesen wären.“ Nicht nur zwischen den Zeilen war somit wiederholt zu hören: In diesem Sommer soll alles ein bisschen schneller gehen, der Kader frühzeitig stehen, um von Beginn an auf Ballhöhe zu sein. Ole Werner sendet also öffentlich früh seine größten Wünsche in Richtung von Clemens Fritz, der künftig statt Frank Baumann der Geschäftsführer Fußball bei Werder sein wird, sowie an dessen Kollegen Johannes Jahns (Kaderplaner) und Peter Niemeyer, dem neuen Leiter Profifußball. Erste zarte Erfolgssignale gibt es bekanntlich. Marco Grüll wird für die Offensive kommen, zudem gelang jüngst die Vertragsverlängerung mit Mitchell Weiser.
Nicht alles muss zwingend wieder bei null beginnen, auf mühsam Erarbeitetem kann dank eines gewissen Gerüsts aufgebaut werden. „Wir haben immer davon gesprochen, dass wir uns weiterentwickeln wollen, und diese Entwicklung ist sichtbar. Ein großes Kompliment an die Truppe, ich bin wirklich stolz auf unsere Mannschaft und das gesamte Team drumherum“, hob Clemens Fritz hervor, der weiß, dass er nun wieder so richtig gefordert ist, während Spieler und Trainerstab nach einer finalen Woche mit zwei Freundschaftsspielen in Garrel und Blumenthal demnächst in den Urlaub gehen. „Jetzt wird mal zwei Tage ein bisschen durchgeatmet, und dann liegt der Fokus auf der neuen Saison“, kündigte der 43-Jährige an. „Wir haben noch einiges zu tun. Ich denke, es wird ein recht intensiver Sommer.“