Am Selbstbewusstsein mangelt es Raphael Duarte nicht. Erstmals in seinem Leben arbeitet er jetzt für einen deutschen Fußball-Erstligisten, nach dreieinhalb Jahren in Elversberg ist der gebürtige Luxemburger seinem Chef Horst Steffen als Co-Trainer zum SV Werder Bremen gefolgt. Mit gerade einmal 29 Jahren übernimmt er in der Regel das Kommando bei den Trainingseinheiten, macht den Spielern – egal welchen Alters – auch mal eine kleine Ansage, wenn es sein muss. „Kneifen muss ich mich nicht, denn mir war bewusst, dass ich dorthin kommen kann“, sagt er mit Nachdruck. Denn: Berührungsängste kennt Duarte, der für Steffen mehr als nur ein Assistent ist, nicht.
Bereits mit 22 Cheftrainer
„Ich war mit 22 Jahren schon einmal Cheftrainer, was sehr früh war. Dort habe ich gezeigt, dass ich Verantwortung übernehmen kann“, sagt Raphael Duarte, der damals in seiner Heimat bei Jeunesse Canach das Sagen hatte und den Zweitliga-Abstieg verhinderte. 2021 wurde er dann kurzfristig Assistent in Nancy, ehe er sich ein halbes Jahr später auf eine offene Stelle im Trainerteam der SV Elversberg bewarb. Und im Saarland nicht nur die Verantwortlichen überzeugte, sondern in der Folge auch eine spezielle Verbindung zu Horst Steffen aufbaute.
„Raphael hat im Laufe der Zeit immer mehr verinnerlicht, welche Prinzipien und Inhalte mir vorschweben“, erklärt Werders Coach im Gespräch mit unserer Deichstube. „Er hat mir im Laufe unserer Zusammenarbeit von sich aus Arbeit abgenommen und zum Beispiel Vorschläge für die Wochenplanung erarbeitet. Das erleichtert meinen Alltag sehr. Und ich habe ihm im Gegenzug immer mehr Möglichkeiten gegeben, sich auszuleben. Das tut er qualitativ hochwertig, aber auf seine ganz individuelle Weise.“
Wunsch nach Verantwortung – ohne Chefrolle
Es ist eine Arbeitsteilung, die Duarte derzeit nicht ansatzweise nach einer eigenen Chefrolle lechzen lässt. „Wenn es mir – so wie hier bei Werder – die Rolle als Co-Trainer erlaubt, auch Verantwortung zu übernehmen, dann ist das super“, sagt er. „Ich bin sehr glücklich und denke an gar nichts anderes.“
Schon früh erkannte Duarte, dass aus einer eigenen Profikarriere nichts werden würde. „Das Talent ist einfach nicht vorhanden gewesen“, verrät er lachend. Aber im Fußball, das war klar, wollte der jetzige Inhaber der UEFA-A-Lizenz unbedingt bleiben. „Ich habe relativ früh gemerkt, dass es mich mehr interessiert, Trainer zu werden. Ich habe deshalb bereits mit 18, 19 Jahren aufgehört, Fußball zu spielen“, erklärt Duarte, der bei Werder keinerlei Vorbehalte wegen seines noch jungen Alters verspürt. „Mittlerweile ist es durch die vielen Trainer-Beispiele, die es in den letzten Jahren gab, relativ normal. Viele Spieler kommen zudem aus Leistungszentren und sind es dadurch gewohnt, mit jungen Trainern zu arbeiten. Deshalb war das nie ein Problem.“
Horst Steffen kann sich so aus dem Trainingsbetrieb ein Stück weit ausklinken. „Ich bin jetzt vornehmlich in der Beobachterrolle und schalte mich nur ein, wenn ich merke, dass er einen Punkt noch nicht angesprochen hat“, sagt der 56-Jährige. „90 Prozent der Arbeit auf dem Trainingsplatz sind so abgedeckt, von mir kommen dann noch zehn Prozent hinzu.“
Zumal Raphael Duarte ein echtes Sprachtalent ist. Deutsch, Luxemburgisch, Englisch, Französisch und Portugiesisch gehören bei ihm zum Standardrepertoire, auch ein paar spanische Vokabeln sind im Wortschatz vorhanden. „Für mich ist das sehr hilfreich“, lobt Horst Steffen. „Er kann sich auf Landessprache mit Julian Malatini austauschen, mit Skelly Alvero auch. Samuel Mbangula wird jetzt wahrscheinlich auch davon profitieren. Ich kann am besten im Deutschen eine Verbindung zu meinen Spielern aufbauen. Deshalb bin ich sehr froh, dass Rapha viele Spieler in deren Landessprache unterstützen kann.“
Elversberger Erfolgsformel
Auf dieser Basis besteht eine Verbindung zwischen den beiden, die über den sportlichen Aspekt hinausgeht. „Ich respektiere ihn enorm dafür, wie er als Mensch ist“, sagt Raphael Duarte über seinen Vorgesetzten. „Ich lerne sehr viel von ihm. Wie er eine Gruppe führt, wie er das Miteinander betrachtet. Wir können uns alle eine Scheibe davon abschneiden, wie er den Fußball, aber auch das Leben sieht.“
Alles zusammen ergibt eine Elversberger Erfolgsformel, die nun auch an der Weser funktionieren soll. Daran arbeiten Duarte, Steffen und der zweite Co-Trainer Christian Groß während der Sommervorbereitung intensiv. Knapp zweieinhalb Wochen sind es noch, bis im DFB-Pokal bei Arminia Bielefeld der Pflichtspielauftakt ansteht. „Zuletzt gegen Parma waren schon einige Dinge zu sehen, die uns ganz gut gefallen haben“, sagt Duarte. „Trotzdem gibt es in allen Bereichen auch noch Themen, die besser werden müssen. Aber das ist ganz normal und keineswegs besorgniserregend. Wir haben damit gerechnet, dass es vielleicht etwas länger dauern würde, bis die neue Spielidee komplett verinnerlicht ist.“ Und Duarte betont: „Wenn es so weitergeht, dann bin ich sehr zuversichtlich, dass es gut werden wird.“