Es gibt sie, diese ewigen Ausweichler. Die, die vorgeben, niemals auf die Tabelle zu schauen, weil einem das ja doch nichts bringe. Und die damit doch nichts anderes erreichen wollen, als sich vor einer Interpretation der aktuellen Lage zun drücken – im Guten wie im Schlechten. Ole Werner, der Trainer des SV Werder, gehört offenbar nicht zu dieser Fraktion des Profi-Fußballs. Als sein Team am Samstag mit dem 3:0 (0:0) gegen Fortuna Düsseldorf nicht nur den vierten Sieg im vierten Spiel unter seiner Führung eingefahren hatte, schaute er sogar sehr genau auf die Tabelle. „Man will ja informiert sein“, meinte Werner und sah: Hoppla, Werder ist ja schon Dritter!
Wenigstens bis Sonntagnachmittag, aber selbst wenn Schalke 04 und/oder der 1. FC Heidenheim dann wieder vorbeiziehen sollten, ist doch klar: Die Bremer haben sich durch die kurze Winterpause nicht aus der Erfolgsspur bringen lassen und behalten ihren Kurs bei. Es geht konsequent aufwärts bei dem Absteiger. Und die Mannschaften, von denen Werner vor dem Jahresauftakt noch gesagt hatte, dass sie „uns im Rückspiegel sehen“, werden immer weniger: „Es ist ein gutes Gefühl, wenn hinter dir mehr Mannschaften sind als vor dir.“
Den Erzrivalen Hamburger SV haben die Bremer zum Beispiel das erste Mal in dieser Saison überholt, auch den 1. FC Nürnberg haben sie hinter sich gelassen. „Eine schöne Momentaufnahme“, nennt Niclas Füllkrug das aktuelle Tabellenbild, das er natürlich genauso wenig überbewerten möchte wie sein Trainer. Aber dass die Mannschaft den Trend aus dem Jahresendspurt 2021 mit ins neue Jahr genommen und bestätigt hat, zauberte viel Zufriedenheit in die Köpfe aller Werder-Beteiligten. „Das 3:0 nehmen wir gerne mit“, sagte Marvin Ducksch, der die Partie gegen eine unbequeme, letztlich aber auch ungefährliche Fortuna im Duett mit Füllkrug entschied. Auf das Konto von Füllkrug gingen – jeweils nach Vorarbeit Ducksch – das 1:0 (66.) und 3:0 (87.), für das 2:0 zeichnete Ducksch selbst verantwortlich (80.).
Trainer Werner nennt auch negative Aspekte
So klar, wie das Resultat erscheint, war das Spiel allerdings nicht. Und Werner vergaß trotz des Stimmungshochs nicht, die negativen Aspekte zu thematisieren. Auf einen starken, druckvollen Start folgten in Halbzeit eins 20, 25 überhaupt nicht glanzvolle Minuten. „Die gesamte Raumaufteilung, das Aufeinander-Acht-Geben, das Freilaufverhalten mit Gegenbewegung – das war nicht so, wie wir uns das gewünscht hätten, wie wir es in der ersten Viertelstunde aber auch gut gemacht haben“, analysierte der 33-Jährige. „Wir haben ein bisschen den Faden verloren, die Ideen haben gefehlt“, erklärte auch Füllkrug.
Dabei war Werder mit der gleichen Startelf angetreten, die auch bei der Serie von drei Siegen am Jahresende immer von Beginn an auf dem Platz gestanden hatte – eine eingespielte Bestbesetzung also. In der jedoch in Füllkrug, Marco Friedl und Milos Veljkovic drei Spieler standen, die sich wegen Corona-Quarantänen kaum bis gar nicht auf die Restsaison hatten vorbereiten können. Das sei „nicht einfach“ gewesen, so der zweifache Torschütze: „Es war für viele Spieler heute ein Kraftakt – auch für mich. Umso erstaunlicher, wie wir es am Ende ausgespielt haben.“
Was Füllkrug meinte: Ab Minute 57 agierten die Bremer in Überzahl, nachdem Düsseldorfs Kristoffer Peterson an der Seitenlinie Felix Agu rüde umgesenst hatte. Für sein Tackling wurde in der Branche einst der Begriff „Blutgrätsche“ erfunden. Schiedsrichter Tobias Reichel, der zum ersten Mal ein Spiel im Weserstadion leitete, zückte sofort Rot für den Schweden. Werder war fortan ein Mann mehr auf dem Platz und nutzte das weidlich aus. „Der Platzverweis hat uns in die Karten gespielt“, meinte Füllkrug, der Werder wenig später in Führung köpfte. Das Tor zählte zwar erst nach Überprüfung durch den Videoschiedsrichter, aber egal. Wenig später wurde Ducksch ein Treffer durch den VAR aberkannt, ehe er dann doch auf Vorlage des eingewechselten Niklas Schmidt den Deckel drauf machte und anschließend noch das 3:0 servierte – Füllkrug vollstreckte. Und Ducksch nahm Sieg und Sprung auf Platz drei zum Anlass, seine Ambitionen für die noch verbleibenden 15 Spiele ganz ohne Ausweichmanöver klar zu formulieren: „Ich möchte aufsteigen, das sage ich klipp und klar.“