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Werder-Kolumne Die unangenehme Wahrheit im Fall Ducksch

Marvin Ducksch steht vor einem Weggang von Werder. Klar, es gibt viel Grummeln rund um den Stürmer. Aber nur auf Arbeitsbienen zu setzen, könnte ein wenig erfolgreicher Plan sein, meint Jean-Julien Beer.
19.05.2025, 18:18 Uhr
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Die unangenehme Wahrheit im Fall Ducksch
Von Jean-Julien Beer

Sein wohl letztes Tor für Werder war besonders schön. Es war ein typisches Ducksch-Tor. Mitchell Weiser passte von rechts in die Mitte, dort lauerte Ducksch an der Strafraumgrenze. Mehrere Heidenheimer bemühten sich, das Unheil zu verhindern, aber Ducksch brauchte nur eine Ballberührung, schon flog der Ball im Bogen unhaltbar in den rechten oberen Torwinkel. Ducksch dribbelte nicht vor diesem Schuss, er musste auch keinen Zweikampf gewinnen, es war kein Kopfball und er konnte den Querpass von Weiser gleich mit dem ersten Kontakt verwerten – und so sein achtes Saisontor erzielen. Die Spötter, von denen es im Werder-Umfeld einige gibt, würden sagen: Da konnte nichts mehr schiefgehen. Aber tatsächlich muss man den Ball erst einmal so treffen.

Dieses Tor bedeutete das vorentscheidende 3:0 beim 4:1-Sieg in Heidenheim. Den zweiten Bremer Treffer, das Kopfballtor von Jens Stage, hatte Ducksch mit einem präzisen Eckball vorbereitet. Damit beendet Ducksch die Saison mit acht Toren und neun Vorlagen, was in der Summe 17 Scorerpunkte bedeutet. Besser war keiner bei Werder. Zwei Mitspieler teilen sich den zweiten Platz mit je 15 Scorerpunkten: Stage (zehn Tore und fünf Vorlagen) und Weiser (fünf Tore und zehn Vorlagen). Diese Zahlen zeigen: Ducksch war nicht Bremens bester Torschütze und auch nicht der beste Vorlagengeber, aber er war das Beste aus beiden Welten.

Neu ist diese Erkenntnis nicht. Ducksch lag in dieser Wertung auch 2023/24 vorne, damals mit zwölf Toren und elf Assists. Auf dem zweiten Platz folgte weit abgeschlagen Romano Schmid mit vier Toren und sieben Vorlagen. Im Jahr davor, dem ersten nach dem Aufstieg, war nur Torschützenkönig Niclas Füllkrug (22 Scorerpunkte) besser als Ducksch (20). Unterm Strich kommt Ducksch im Werder-Trikot auf 54 Tore und 40 Vorlagen in 134 Spielen. Wenn die Zusammenarbeit zwischen Werder und dem Angreifer in diesem Sommer enden sollte, kann sie für jedes gemeinsame Jahr als erfolgreich bezeichnet werden. Zumal Duckschs 20 Tore und zehn Vorlagen in der 2. Bundesliga wesentlich zum Aufstieg beitrugen.

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Es muss eine Menge kaputt gegangen sein, zwischen den Spielen und zwischenmenschlich, wenn nun beide Seiten keine große Lust mehr aufeinander haben. Um das mal klar zu sagen: Ducksch ist keiner von der Sorte, die beim ersten Frost mit leichtem Husten länger ausfallen oder die nur alle paar Monate einen brauchbaren Moment haben. Ducksch gehörte in seinen vier Bremer Jahren zu den Spielern mit der höchsten Trainingsbeteiligung. Und in keiner Saison machte er weniger als 30 Pflichtspiele. Das sind Werte, von denen jeder Verein träumt, wenn er einen Stürmer verpflichtet.

Wie lange liefert er noch so ab?

Was gegen ihn spricht, ist ein Grummeln, das man im Verein und im Umfeld hört. Im Umfeld geht es meistens um die negative Körpersprache und um technische Mängel, die ab dem zweiten Ballkontakt auffallend sind. Im Verein geht es mehr um die Spielweise. In der Vorstandsetage hängt eine Magnettafel mit der ersten Elf (und darunter den Ersatzspielern), und dort sieht man eine Aufstellung mit einer zentralen Sturmspitze. So wollte Werder diese Saison spielen. Nur: Eine solche zentrale Spitze ist in der Regel ein bulliger, kopfballstarker Spieler, der sich im Zentrum gegen zwei Abwehrspieler durchsetzen kann, der Kopfballduelle gewinnt und der vorne Bälle halten und verteilen kann. Einer wie Füllkrug. Aber so einer ist Ducksch nicht. Er springt höchstens zum Ball, wenn es ihm der Trainer am Tag vorher noch mal ausdrücklich gesagt hat.

Gerne hätte Werder ihn schon im vergangenen Sommer verkauft, um diese Position anders zu besetzen. Aber es gab keine Angebote, mit denen man sich hätte beschäftigen müssen. Heute ist Ducksch ein Jahr älter, 31, und die Frage ist: Wie lange wird er noch so viele Tore und Vorlagen abliefern? Das fragt man sich nicht nur bei Werder, sondern das fragt sich auch jeder interessierte Verein. Werder könnte ihn verkaufen und damit vier gemeinsame Jahre auf hohem Niveau beenden, bevor die Formkurve nach unten geht. Aber was, wenn er zu einem Ligakonkurrenten oder einem ambitionierten Zweitligisten wechselt und dort so viele Tore schießt wie in Bremen? War es dann klug, nicht selbst auf diese Tore zu vertrauen?

Grüll ist so ein Arbeiter

Beim Grummeln hinter Werders Kulissen hört man oft, dass man körperlicher spielen will, robuster, laufstärker mit und gegen den Ball. Marco Grüll ist so ein Duracel-Hase, der immer rennt und körperlich abliefert. Die unangenehme Wahrheit ist aber: Solche Arbeiter schießen nicht so viele Tore, sonst wären sie nicht bei Werder, sondern irgendwo im internationalen Spitzenfußball. Und noch seltener zirkeln sie den Ball so ins Tor wie Ducksch in Heidenheim. Werder wird auch in Zukunft einen Stürmer brauchen, der mit einem Schuss ein Spiel entscheiden kann. Fußball nur arbeiten – das hilft im Keller, aber nicht weiter oben.

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