Vergangene Woche tauchte plötzlich dieses Gerücht auf: Der SV Werder Bremen gibt noch vor dem Bundesliga-Auftakt gegen den FC Bayern München die Vertragsverlängerung mit Niclas Füllkrug bekannt – quasi als Stimmungsmacher. Doch es blieb still. Aus gutem Grund: Nach Informationen der Deichstube haben sich Klub und Spieler zwar inzwischen auf ein neues Arbeitspapier geeinigt, wollen das aber erst nach Ende der Transferperiode am 1. September offiziell verkünden. Denn ein Wechsel des Nationalspielers ist unter bestimmten Bedingungen weiterhin möglich, so haben es beide Parteien vereinbart. Und selbst im verrückten Fußball-Geschäft wäre es schon ziemlich absurd, heute den Verbleib des Topstars zu verkünden und am Tag darauf oder etwas später dann dessen Wechsel.
Zur Wahrheit gehört nun einmal: Werder spekuliert im Fall Füllkrug weiter auf eine hohe Ablösesumme von möglichst 20 Millionen Euro, um Veränderungen im Kader vornehmen und die Bilanz in Ordnung bringen zu können. Einen Niclas Füllkrug im Trikot des AC Mailand wird es allerdings nicht geben, an dem jüngst kolportierten Interesse der Italiener ist nach Informationen der Deichstube nichts dran. Dafür sollen sich andere Clubs – vornehmlich im Ausland - mit einem Transfer des Nationalspielers beschäftigen. Eine echte Deadline von Werder gibt es dabei offenbar nicht, wie Clemens Fritz als Leiter Profifußball durchblicken lässt. „Natürlich wollen wir ihn unter sportlichen und menschlichen Gesichtspunkten unbedingt behalten. Wir sind aber auch ein Verein, der von Transfereinnahmen lebt. Um jeden Preis abgeben wollen und werden wir ihn nicht. Wenn bis zum 1. September kein für alle Seiten richtig gutes Angebot reinkommt, wird er bei uns bleiben", betont Fritz.
Ein bisschen skurril ist das schon. Zum einen wird Füllkrug mit dem neuen Vertrag zum Top-Verdiener und damit zum wichtigsten Spieler gemacht, andererseits auch im Schaufenster stehen gelassen. Was freilich auch an ihm selbst liegt. Füllkrug betont zwar immer wieder, wie wohl er sich bei Werder fühlt, und dennoch liebäugelt auch er mit einem Transfer. Schließlich hat der 30-Jährige die beste Saison seines Lebens hinter sich – mit einer überraschenden und guten WM-Teilnahme sowie dem bemerkenswerten Gewinn der Torjägerkanone im Team eines Aufsteigers. Da ist es nachvollziehbar, von größeren Herausforderungen und besseren Verträgen zu träumen. Einsätze in der Champions League oder einem anderen europäischen Wettbewerb würden zudem Füllkrugs Standing in der Nationalmannschaft sicherlich weiter steigern, was mit Blick auf die EM 2024 im eigenen Land nicht ganz unwichtig ist.
Doch bislang hat sich noch kein passender Interessent ernsthaft um die Dienste von Füllkrug bemüht. Dabei wird auch bei den Topklubs regelmäßig über den 30-Jährigen diskutiert – wie zum Beispiel bei Borussia Dortmund. Die Westfalen suchen noch eine Ergänzung für den Angriff, um vor allem Sebastien Haller etwas zu entlasten. Weil Füllkrug in Dortmund aber nur als reiner Mittelstürmer angesehen wird, wurde bei aller Wertschätzung für den Nationalspieler schon vor ein paar Wochen Abstand von dieser Personalie genommen. Nun wird nach einem flexibleren Angreifer Ausschau gehalten. Aber wer weiß: Vielleicht denkt der BVB noch mal um, falls keine passende Lösung gefunden wird.
Spätestens seit dem Wechsel von 100-Millionen-Euro-Mann Harry Kane von Tottenham Hotspur zum FC Bayern München ist der Stürmermarkt richtig in Bewegung geraten. Dabei konnte Füllkrug am Freitagabend im direkten Duell mit dem Engländer durchaus Eigenwerbung betreiben – zwar nicht wie dieser mit einem Tor und einem Assist, aber dafür mit einem ordentlichen Auftritt. Füllkrug gehörte zu den wenigen Bremern, die sich mit den Gästen aus München dauerhaft auf Augenhöhe bewegten. Er machte vorne viele Bälle fest, setzte seine Mitspieler in Szene und traf sogar zum Ausgleich – allerdings aus einer knappen Abseitsposition heraus. Klar ist: Füllkrug ist der Kopf der Bremer Mannschaft und dürfte nur schwer zu ersetzen sein. Diese Ausnahmestellung garantiert ihm allerdings auch sichere Einsatzzeiten und damit größere Chancen auf die erhoffte EM-Teilnahme.
Beim Start in die neue Trainingswoche fehlte der Stürmer am Montagnachmittag. Und natürlich wurde sofort spekuliert, ob womöglich ein Wechsel ansteht. Doch der Club teilte umgehend mit, dass Füllkrug nur aus Gründen der Belastungssteuerung in der Kabine geblieben war. Ein Ausfall droht also nicht. Das wäre gerade jetzt besonders ärgerlich. Denn zu Füllkrug gehört eben auch eine dicke Krankenakte. In den vergangenen beiden Spielzeiten hat er allerdings bewiesen, dass er voll eingeplant werden kann. Auch in diesem Sommer präsentierte sich der 30-Jährige bislang topfit, aber immer auch ein bisschen nachdenklich und zuletzt sogar etwas genervt, wenn er auf seine Zukunft angesprochen wurde. Das hat sich bald erledigt, spätestens am Abend des 1. September wird Klarheit herrschen – und vielleicht dann seine Vertragsverlängerung verkündet werden.