Erst kürzlich hatte es viel Lob für die Entwicklung beim SV Werder Bremen gegeben, doch von der gerühmten Reife und Cleverness war gegen Mönchengladbach (1:4) nicht viel zu sehen. Stattdessen ließen die Grün-Weißen die Stabilität der Vorwochen komplett vermissen. Und damit wiederholte sich ein Phänomen in der fast dreijährigen Amtszeit von Chefcoach Ole Werner: Nach warmen Worten schwächeln die Norddeutschen - sehr zum Unmut des 36-Jährigen.
„Wir sind eine Mannschaft, die, wenn sie bei 100 Prozent ist, jede Mannschaft in dieser Liga auch schlagen kann. Das haben wir auch schon gezeigt“, befand Werner zum wiederholten Male. „Aber umgekehrt ist es auch so, dass diese Stabilität in unseren Abläufen, in der Art und Weise, wie wir spielen, nicht von alleine kommt. Die müssen wir uns erarbeiten.“ Ohne diese Voraussetzungen sei man gegen jeden Gegner chancenlos. „Ich habe es in den letzten Jahren schon ein paar Mal erlebt, dass wir über diese Punkte sprechen - wo wir sagen, Dinge funktionieren und greifen ineinander. Immer dann, wenn wir dann zu viel davon reden, erleben wir so ein Spiel.“
Missverhältnis auf der linken Seite
Aber Werner übte auch öffentlich Selbstkritik. So seien „im Spielaufbau viele Sachen viel zu langsam gelöst“ worden, urteilte der 36-Jährige. Die gesamte Mannschaft nahm er dabei in die Pflicht, verwies aber auch auf ein Missverhältnis auf der linken Bremer Seite. „Der eine Punkt, der dann auch bei mir ein Stück weit liegt: Felix und Amos“, sagte Werner hinterher mit Blick auf Innenverteidiger Pieper und Linksaußen Agu. „Wir waren nicht schnell genug in der Bewegung des Balls in der Kette, nicht gut genug in der Positionierung, um in den Halbräumen Lösungen zu finden, wie wir sie gegen Leverkusen gefunden haben.“ Ein Grund dafür: „Für die Beiden war es mit dem rechten Fuß auf der linken Seite schwierig, weil wir dann eben nicht so in die Tiefe gekommen sind. Vielleicht hätte ich das noch früher erkennen müssen.“
So wurde in puncto Aufstellung erst zur Pause nachjustiert, als es bereits 0:3 aus Werder-Sicht stand. Rechtsfuß Pieper machte in der hintersten Abwehrreihe für Linksfuß Anthony Jung Platz, anstelle von Agu war für den Rest der Begegnung Derrick Köhn auf der Außenbahn unterwegs. Letzterer hatte zwar defensiv Luft nach oben, belebte dafür aber merklich das Angriffsspiel der Bremer und hätte sogar beinahe zum zwischenzeitlichen 1:3 getroffen. Die Sommer-Leihgabe dürfte am kommenden Wochenende zu ihrem dritten Startelfeinsatz kommen – zusammen mit Konkurrent Felix Agu. Und das hängt mit den Sorgen auf Werders rechter Schiene zusammen. Keine einzige Sekunde hatte Mitchell Weiser in dieser Saison bislang verpasst, doch dann kam am Niederrhein die für ihn persönlich verhängnisvolle 82. Minute und ein viel diskutierter Platzverweis – der erste überhaupt in der langen Profikarriere des 30-Jährigen. Und somit steht fest: Die Bremer benötigen im nahenden Heimspiel gegen Holstein Kiel (Sonnabend, 15.30 Uhr) eine neue Flügelzange.
Wobei: Ganz so neu ist die Variante Agu/Köhn auch nicht. Erstmals war das Duo gemeinsam während der 0:5-Klatsche gegen den FC Bayern München an den Seitenlinien unterwegs, als Mitchell Weiser im zweiten Abschnitt eine Position nach vorne in die Offensive gerückt war. Beim spektakulären 4:3-Erfolg gegen Hoffenheim sowie der 0:1-Heimniederlage gegen Freiburg zählten beide Profis dann in ihren jeweiligen Rollen zur Startelf der Grün-Weißen, weil Weiser abermals in vorderster Reihe aufgeboten wurde.
Seit dem 4:2-Sieg in Wolfsburg, als der Anwärter auf eine Nominierung für die algerische Nationalmannschaft enorm als Rechtsaußen überzeugte, galten aber wieder die alten Verhältnisse. Ole Werner hatte hinterher erklärt: „Wichtig ist, dass er unter Druck jemand ist, der uns dabei hilft, eine Reihe weiter nach vorne zu kommen. Das hat jetzt gut funktioniert, aber wir wollen uns da nicht einschränken – und können das auch gar nicht, wenn ich aufs Personal schaue.“
Weitere Wechselspiele mit Agu
Nun also notgedrungen der nächste Umbau. Für Felix Agu steht somit eine weitere Episode in seinem munteren Wechselspielchen zwischen den Außenbahnen an. Die Zeiten, als ihm diese Umbesetzung noch Sorgen bereitete, gehören nach eigener Aussage der Vergangenheit an – damals, als es schon einmal von links nach rechts ging, „wo ich sehr lange nicht gespielt oder trainiert hatte“, erklärte der 25-Jährige erst vor einigen Wochen, schob jedoch seinerzeit gleich hinterher: „Insgesamt fühle ich mich auf beiden Seiten sehr wohl.“ Eine Flexibilität, die an der Weser sehr geschätzt wird, auch wegen ihr wurde der Vertrag mit Agu erst im vergangenen Sommer verlängert.
Zwar mischten sich unter viele gute Leistungen auch immer mal wieder schwächere Auftritte, Ole Werner setzt dennoch konstant auf den gebürtigen Osnabrücker als Äquivalent zu Dauerbrenner Mitchell Weiser. Derrick Köhn muss sich da zumeist einreihen, Olivier Deman spielt seit einiger Zeit nur noch eine untergeordnete Rolle. Nun kommt zumindest kurzfristig wieder Bewegung in die Rangfolge. Das Ziel bleibt das gleiche. Eines, das Werder gegen Gladbach nur in wenigen Momenten, nämlich in Durchgang zwei erreichte, wie Ole Werner anmahnte. So soll sein Team gegen Kiel wieder „das Gesicht zeigen, für das man uns grundsätzlich auch kennt“.