Es war nur ein einziger Satz, ganz nüchtern ausgesprochen und deshalb viel mehr Feststellung denn Anklage. In seiner Aussagekraft hätte er dennoch nicht eindeutiger sein können. Als Ole Werner am Sonntagabend in den Katakomben des Borussia-Parks um eine Erklärung für die deutliche 1:4-Auswärtsniederlage seiner Mannschaft bei Borussia Mönchengladbach gebeten wurde, sagte der Cheftrainer des SV Werder Bremen: „In der ersten Halbzeit waren wir in allen Dingen, die ein Fußballspiel erfordert, nicht auf dem Platz.“ Viel umfassender kann Kritik kaum ausfallen.
In Zahlen hatte sich das nach 45 Minuten so gelesen: 0:3. Bei den zuvor so auswärtsstarken Bremern war von Beginn an überhaupt nichts zusammengelaufen, stattdessen hatte sich Fehler an Fehler gereiht, was knallhart bestraft wurde – und nach dem Wechsel nicht mehr aufzuholen war.
„Das war Kindergarten. Wir haben keinen Zweikampf gewonnen“, echauffierte sich Mittelfeldspieler Romano Schmid, dem gemeinsam mit allen anderen Bremern am Ende nicht viel mehr übrig blieb, als das Spiel als Warnung zu betrachten. „Der Trainer hat es ja schon mehrfach gesagt: Wenn wir nicht bei 100 Prozent sind, können wir kein Spiel in der Bundesliga erfolgreich bestreiten“, betonte Schmid, dessen Team in den vergangenen Wochen einen gefestigten Eindruck gemacht hatte, was wiederum den Auftritt von Gladbach umso überraschender erscheinen ließ. Die kräftezehrende Englische Woche mit drei Spielen binnen neun Tagen führte am Ende kein Bremer ernsthaft als Ausrede an, zumal die Ausgangslage des Gegners dieselbe gewesen war.
Werner wählte da einen anderen Erklärungsansatz: „Wir haben keine Reaktion gefunden auf die Präsenz, die Gladbach ausgestrahlt hat. Die Aufgabe ist es dann, den Rhythmus des Gegners zu unterbrechen. Über Ballbesitzphasen oder auch dadurch, dass du im Zweikampfverhalten mal ganz altmodisch ein Zeichen setzt, damit für alle auf dem Platz klar wird, dass wir das so mit uns nicht machen lassen.“ In Gladbach gab es dieses Zeichen nicht.
Stattdessen haben sich zu viele Bremer Profis zu viele individuelle Fehler erlaubt, die in Summe nicht mehr auszubügeln waren. Ole Werners Aufzählung des Fehlverhaltens klang so: „Wir können über viele Details sprechen, angefangen bei der Zweikampfführung, über das Laufverhalten bei Doppelpässen bis zur Fehlerquote in Ballbesitz. Wir können auch darüber sprechen, dass wir uns mit den falschen Dingen beschäftigen und in Situationen aufhören zu spielen und dem Ball hinterher gucken.“ Zusammenfassung: „Wenn so viele Details zusammenkommen, liegt das daran, dass wir als Mannschaft nicht die nötige Energie aufgebracht haben, die es braucht, um den Gegner schlagen zu können.“
Borussia Mönchengladbach hat das eiskalt ausgenutzt und steuerte nach den Treffern von Alassane Plea (11.) und Marco Friedl (12./Eigentor) schon früh in Richtung Heimsieg, der durch das 3:0 von Franck Honorat noch vor dem Pausenpfiff zum Greifen nahe war (45.). Nach Wiederanpfiff trat Werder zwar verbessert auf, konnte am Spielverlauf aber nicht mehr drehen. Nach Kevin Stögers 4:0 (67.) bejubelte Keke Topp mit dem Ehrentreffer zum 1:4 immerhin noch sein Bundesliga-Premierentor (75.), ehe die Gelb-Rote Karte gegen Mitchell Weiser (82.) das Spiel aus Bremer Sicht mit einem weiteren Tiefschlag enden ließ.
„Es war ein hochverdienter Sieg für Gladbach, auch in der Höhe“, sagte Ole Werner und hielt mit Blick auf seine eigene Mannschaft fest: „Es ist keine neue Erkenntnis, dass wir als Werder Bremen keine Bundesliga-Spiele gewinnen werden, wenn wir uns einfach auf den Platz stellen und versuchen, Dinge spielerisch zu lösen. Dafür haben wir nicht die Qualität.“ Gehe es das Kollektiv aber geschlossen als Mannschaft an, in der jeder an sein Leistungsmaximum kommt, „können wir auch jedem Gegner in dieser Liga wehtun“.
Im Heimspiel gegen Leverkusen habe sein Team das vorgeführt. In Gladbach gab es nun Anschauungsunterricht, was passiert, wenn bei Werder nicht alle Rädchen ineinandergreifen. „Das haben wir auf negative Art und Weise vorgeführt bekommen“, sagte Werner und richtete den Blick abschließend auf den Entwicklungsstand seines Teams: „Wir sind als Werder Bremen eine Mannschaft, die sehr darüber kommt, dass jeder Einzelne auf dem Platz zu 100 Prozent da sein muss. Sind wir das nicht, haben wir noch nicht die Qualität, um einen Gegner einfach zu bespielen. An dem Punkt sind wir noch nicht in unserer Entwicklung.“