Ole Werner steht nicht wirklich in Verdacht, nebenberuflich eine Karriere als Stand-up-Comedian anzustreben. Dabei weiß der 36-Jährige ziemlich genau, wie man eine gute Pointe setzt. Und neuerdings lässt der Trainer des SV Werder Bremen daran in ungewöhnlichem Maße auch die Öffentlichkeit teilhaben. Mal streut er hier einen Scherz ein, dann witzelt er dort in einer Fragerunde. Wo sämtliche Werder-Themen sonst seit seiner Amtsübernahme vor drei Jahren in der Regel recht seriös und nüchtern behandelt wurden, lächelt er nun bei seinen Analysen immer häufiger spitzbübisch und nimmt die lauschenden Reporter auch schon mal verbal auf den Arm. Aber warum ist das plötzlich so?
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„Da muss man Ole sicherlich in erster Linie selbst fragen“, meint Peter Niemeyer als Werders Leiter Profifußball lachend. „Ich nehme ihn grundsätzlich als sehr gut gelaunten Menschen wahr, mag seinen Humor. Für mich gibt es da deshalb eigentlich gar keine große Veränderung.“ Nun tritt Werner erst am Donnerstag wieder vor die Mikrofone, wenn die Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen den FC Bayern München (Sonnabend, 15.30 Uhr) ansteht. Über seine Beweggründe für die auffällig gute Laune wird er also frühestens dort wieder sprechen können, aber schon jetzt scheint sicher: Kalkül steckt nicht daher, der Chefcoach wählt kein bewusstes Mittel, um für ein besseres Werder- und auch Werner-Bild in der Öffentlichkeit zu sorgen. „Nein, das ist es nicht. Das ist einfach Ole“, betont Niemeyer.
Seit einigen Wochen schon wirkt der Bremer Trainer in Redebeiträgen wie verwandelt. Als er Mitte August unmittelbar vor Werders Pokalauftakt in der Union-Brauerei zu Gast war, erhielten die 150 anwesenden Zuschauer bereits eine ausführliche Kostprobe davon. Der Spaß kam bei allem Ernst des Profigeschäfts nämlich schon damals nicht zu kurz. Kleine Kostprobe? „Ich habe mir abgewöhnt, mit der gegnerischen Bank zu reden, denn ich will mich ganz auf meine Mannschaft konzentrieren – und manchmal auch auf den Schiedsrichter“, erklärte der gebürtige Preetzer seinerzeit und hatte die Lacher auf seiner Seite.
Diese Lockerheit hat Werner in die Saison gerettet, streut auch jetzt in seine weiterhin sachlichen Erklärungen gern flapsige Bemerkungen ein. Beim Medientermin vor der Mainz-Reise avancierte er kurzerhand zum Quizmaster, als es um Werders Bilanz in diesem Jahr beim FSV ging. Nach dem Auswärtssieg bewertete er unter anderem den Torwartpatzer betont ironisch mit den Worten „Es war ein klares Foul von Stark an Zetterer“, das Jokertor von Derrick Köhn zum Endstand kommentierte er ähnlich süffisant, aber mit gespielt ernster Miene: „Es gibt grundsätzlich bei uns die klare Anweisung, dass die Einwechselspieler zu treffen haben. Nicht alle halten sich daran, aber Derrick hat es heute getan.“ Und auch Marvin Ducksch, der nach 67 Minuten wenig begeistert ausgewechselt worden war, aber fortan emotional an der Seitenlinie bis zum erlösenden Ende mitfieberte, war bei Werner noch Thema: „Mit seinem Sprint beim Abpfiff hat er gezeigt, dass noch ein bisschen was im Tank gewesen wäre.“
Zur Wahrheit gehört natürlich auch: Die Resultate der jüngeren Vergangenheit bieten kaum Anlass, um mit grimmigem Blick durch die Gegend zu rennen. Zwar gab es kurzfristige Nebengeräusche nach dem 0:0 gegen Dortmund, doch selbst die hielt der Coach lässig aus. Richtig kurios wird es beim Blick auf den Keita-Knatsch. Als der namhafte Mittelfeldspieler Mitte April die Leverkusen-Partie bestreikte und anschließend suspendiert wurde, drohte der ganz große Knall – doch rein sportlich läuft es seither trotz des noch immer nicht beendeten Dauerthemas.
Personalentscheidungen zahlen sich aus
Die Bremer haben danach kein einziges Pflichtspiel mehr verloren, sind wettbewerbsübergreifend seit neun Begegnungen unbesiegt. Darüber hinaus zahlen sich Personalentscheidungen des Trainergespanns wieder richtig aus. Das Team wirkt optimal auf die jeweiligen Gegner vorbereitet, zudem haben allein in dieser Saison Justin Njinmah und Derrick Köhn jeweils nach Einwechslungen getroffen. Zuletzt gab es so das inzwischen 250. Jokertor in Werders Bundesliga-Historie. Es dürfte also spannend zu sehen sein, ob immer noch Zeit zum Scherzen bleibt, wenn mal wieder kniffligere Phasen kommen.
Bis dahin aber genießen sie am Osterdeich den Ist-Zustand. „Positive Ergebnisse sind immer gut fürs Gemüt“, meint auch Peter Niemeyer. „Die Grundstimmung ist durchweg positiv. Wir waren von Anfang an von unserer Mannschaft überzeugt, aber trotzdem ist Fußball eben ein Spiel mit vielen Variablen, bei denen man nicht immer exakt weiß, was passieren wird. Deshalb sind wir froh, dass es ein derart positiver Start war.“ Einer, der ja noch nicht zu Ende sein muss – auch wenn der große FC Bayern München am Sonnabend ins Weserstadion kommt, der letztmals 2006 von den Bremern zweimal innerhalb eines Kalenderjahres in der Bundesliga bezwungen werden konnte.
Doch nicht nur der Auswärtscoup aus dem vergangenen Januar macht Mut, sondern eben auch das jüngst Erlebte. „Wir können durch unseren Start mit einem gesunden Selbstvertrauen antreten – wohlwissend, dass auch die Bayern sehr gut begonnen haben und qualitativ richtig gut besetzt sind“, sagt Peter Niemeyer. „Ich freue mich trotzdem auf dieses Duell und will sehen, ob wir auch den nächsten Schritt gehen können. Es ist momentan ein richtig gutes Gesicht, das wir zeigen – und das gilt es, auch weiterhin zu tun.“