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Testfahrt: Der EQE von Mercedes Ein neuer Stern aus Bremen schwebt über die Straßen

In Bremen wird ein zweites Elektroauto von Mercedes gebaut. Wie fährt sich der EQE? Eine Testfahrt im Taunus – vorbei an teuren Spritpreisen.
13.04.2022, 00:05 Uhr
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Ein neuer Stern aus Bremen schwebt über die Straßen
Von Lisa Schröder

Es geht raus. Wir lassen die Wolkenkratzer Frankfurts immer weiter hinter uns. Das Erhabenste sind bald die geschwungenen Gebirgszüge des Taunus am Horizont und die Kirchtürme der Dörfer. Zu den Songs der "Arctic Monkeys" schwebt der neue Elektrowagen von Mercedes da mit seiner nach Raumschiff klingenden Beschleunigung entspannt über die Straßen, obwohl es an diesem Apriltag ein bisschen stürmisch ist – und mit mir am Steuer.

Über die Ansprache "Hey Mercedes" lässt sich im EQE nicht nur die Musik in die richtige Richtung steuern. Der Audioassistent kennt zum Beispiel auch die Wettervorhersage, regelt die Temperatur nach Wunsch oder findet einen Italiener in der Nähe. Als kleiner Bruder des EQS gilt die Limousine bei Mercedes. Ein bisschen kürzer fällt das Auto mit seinen fast fünf Metern aus. Auf den Bändern des Bremer Werks wird das neue Familienmitglied gebaut.

Zum Auftakt der Tour aber eine satte Portion Überforderung. Die Testfahrt mit dem EQE beginnt vor einem Hotel in der Mainmetropole. Eine kurze Einführung in die Steuerung des Fahrzeugs mit dem stolzen Einstiegspreis von mehr als 70.000 Euro. "Wir vertrauen dem Auto", heißt es zur Beruhigung bei der Abfahrt. Die Navigation sei so eingestellt, dass der EQE in jedem Fall sicher zum Hotel zurückleiten werde. Hey Mercedes, kann nichts schiefgehen?

Der Motor startet lautlos mit einem Knopfdruck. Der kluge Gurt presst mich mit einer festen Umarmung noch etwas tiefer in den Sitz. Langsam schleiche ich mit dem Elektroauto die ersten Meter in den Stadtverkehr hinein. Bremse, Gaspedal, die Geschwindigkeitsanzeige über dem Steuer. Doch ansonsten: Wo bloß hinschauen? Auf das Riesendisplay über der Mittelkonsole mit der Navigation? Auf die Projektion an der Windschutzscheibe über dem Lenker? Auf die Beleuchtung im Fahrzeug?

EQE als "Digital Native"

Ziemlich viele Eindrücke, ziemlich viel Technik – die Hände verkrampft am Lenker. Selbst auf den Außenspiegel blinkt bei Überholmanövern zur Unterstützung eine Warnung auf: Achtung! Fahrzeug auf der Nebenspur in deiner Höhe! "Hightech und Luxus für alle Sinne", wirbt Mercedes für das Auto. Der EQE sei ein "Digital Native". Ich bin es nicht. An die Extras muss ich, seit Jahren am Steuer eines Opel Corsa, mich gewöhnen. Die Testfahrt ist eine kleine Entdeckungsreise.

Nach einigen Kilometern aber funktioniert das Zusammenspiel sehr gut. Das Fahrzeug ist sportlich, elegant, bequem. Die Navigation auf dem Display wechselt beim Abbiegen in den Kameramodus. Die dann auftauchenden Pfeile schubsen den Fahrer geradezu in die richtige Abfahrt hinein: Hier geht es lang! Es hat etwas von einem Videospiel, bei dem der Held die auf dem Weg liegenden Punkte einsammelt.

Je nach Einstellung kann der Mercedes beim Bremsen unterstützen. Wenn es die Serpentinen hinab geht, nimmt das Auto von allein etwas Tempo heraus. Wie schnell das Fahrzeug jeweils sein darf, das bekommt der Fahrer über ein Miniverkehrsschild an der Windschutzscheibe angezeigt: 50? 30? 100? Im Test funktioniert die Hilfe gut – nur fährt es sich mit dem Auto schon wegen des futuristischen Sounds bei der Beschleunigung gerne ein bisschen schneller. Wobei Entschleunigung auch hier im EQE etwas bringt: Über die sogenannte Rekuperation kann Bremsenergie wieder zurückgeführt werden.

Fast 660 Kilometer Strecke möglich

Spaß macht es vor allem, an den unzähligen Tankstellen mit den teuren Spritpreisen vorbeizusausen. Ein Gefühl von Überlegenheit in einem Elektroauto. Wobei: Wie viele Kilometer schafft das Auto noch? Die Anzeige des Batteriestands übersehe ich offenbar bei all den Informationen. Ich kann zum Glück das Auto fragen. "Hey Mercedes!". Maximal schafft der EQE fast 660 Kilometer. In 15 Minuten können 250 Kilometer geladen werden.

Für wen das Elektroauto gedacht ist? Schließlich liegt das Einstiegsmodell der bisher verfügbaren Variante EQE 350+ ganz genau bei 70.626,50 Euro, und der Luxus AMG ist hier ab 103.827,50 Euro zu haben. Der EQE sei eine klassische Business-Limousine, sagt die Vertriebschefin von Mercedes Britta Seeger: "Wir sprechen Geschäftskunden an, aber auch Leute, die an Technologie interessiert sind." Im Kern gehe es bei der Elektroreihe EQ um Technik, Innovation und Design.

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Seeger zufolge gibt es heute für die Elektromobilität viel Zuspruch der Kunden. "Das macht alles sehr viel Mut", sagt die Vorständin mit Blick auf die weltweiten Märkte. Für die Bremer Produktion ist der EQE nach dem EQC das zweite Elektroauto. 2022 sollen derweil bei Mercedes noch der EQS SUV und EQE SUV auf die Straße gebracht werden.

Im Moment sei es noch zu früh, etwas über die Lieferzeiten des EQE zu sagen. Erst seit Kurzem gehen die ersten Bestellungen ein. Die Reaktionen in Deutschland seien bisher positiv. "Im zweiten Quartal fangen wir an, auszuliefern", so Seeger. Im nächsten Jahr können Kunden sich den EQE dann auch persönlich konfigurieren.

Absolute Stille an der Ampel

Auf die Aerodynamik des kleinen Bruders ist besonders geachtet worden. Die Form des Wagens wie aus einem Guss – kein Vergleich zum Kastenlook von Mercedes aus alten Tagen. Sogar die Türgriffe lassen sich einfahren. So ist das Fahrzeug selbst bei hoher Geschwindigkeit recht ruhig. Absolute Stille herrscht gar, wenn der EQE an der Ampel steht. Besonders zudem: Die Luft von draußen wird auf dem Weg ins Auto fast komplett gefiltert.

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430 Liter fasst der Kofferraum. Nach hinten raus ist nicht viel zu sehen. Dafür gibt es eine Hilfe zum Ein- und Ausparken durch die Rückfahrkamera. Das Auto lässt sich auf Wunsch sogar per Smartphone einparken.

Ein Zwischenstopp kurz vor dem Ziel vor den Toren der Bundesbank. 90 Kilometer Testfahrt sind fast geschafft. Dann geht es mit dem EQE zurück zum Hotel mit einem letzten Song der "Arctic Monkeys".

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