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Luxemburg/Berlin Die nationalen Parlamente haben das letzte Wort

Luxemburg/Berlin. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte der nationalen Parlamente beim Abschluss von Handelsabkommen deutlich gestärkt. Den Volksvertretungen der EU-Mitgliedstaaten dürfte bei zahlreichen künftigen Verträgen damit faktisch ein Veto-Recht zukommen.
17.05.2017, 00:00 Uhr
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Von Thorsten Knuf

Luxemburg/Berlin. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte der nationalen Parlamente beim Abschluss von Handelsabkommen deutlich gestärkt. Den Volksvertretungen der EU-Mitgliedstaaten dürfte bei zahlreichen künftigen Verträgen damit faktisch ein Veto-Recht zukommen. Die alleinige Zustimmung der Brüsseler Institutionen zu den Verträgen reicht nicht mehr aus.

Das bedeutet allerdings auch, dass Auseinandersetzungen wie beim umstrittenen Ceta-Abkommen mit Kanada künftig eher die Regel und nicht mehr die Ausnahme sein werden. So stand die Unterzeichnung von Ceta im vergangenen Herbst auf der Kippe, weil die belgische Region Wallonie noch Einwände vorbrachte. Nur mit großer Mühe und zähen Nachverhandlungen konnte sie umgestimmt werden.

Im konkreten Fall befassten sich die Luxemburger Europa-Richter mit dem Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur aus dem Jahr 2013. Die EU-Kommission hatte den EuGH gebeten zu prüfen, ob allein die Union für den Abschluss zuständig war („einfaches Abkommen“) oder auch die Mitgliedstaaten hätten beteiligt werden müssen („gemischtes Abkommen“). Die Kommission war der Ansicht, dass allein die Europäische Union Herrin des Verfahrens gewesen sei. In der Praxis bedeutet dies: Die Kommission handelt das Abkommen aus, der EU-Ministerrat und das EU-Parlament stimmen darüber ab. Die Mitgliedstaaten hingegen vertraten die Auffassung, dass die Union das Abkommen nicht allein unterzeichnen und abschließen durfte. Dieser Ansicht hat sich jetzt der EuGH angeschlossen.

Grundsätzlich ist die Handelspolitik zwar eine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft. Bei dem Abkommen mit Singapur handelte es sich aber um einen Vertrag neuen Typs: Neben den üblichen Bestimmungen über den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen für Waren und Dienstleistungen regelt es auch Aspekte, die im Zusammenhang damit stehen. Dazu zählen etwa der Schutz von Investoren und die Möglichkeit, juristisch gegen Entscheidungen von Regierungen und Behörden vorzugehen.

Der EuGH stellte nun fest, dass für die meisten Themen im Abkommen mit Singapur tatsächlich allein die Union zuständig sei. Das gelte jedoch nicht für einige Bestimmungen zu Auslandsinvestitionen und die Regeln zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten. „Eine solche Regelung, die Streitigkeiten der gerichtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten entzieht, kann nämlich nicht ohne deren Einverständnis eingeführt werden“, heißt es in einer Erklärung des EuGH.

Im Fall des Ceta-Vertrags mit Kanada war die Brüsseler Kommission ursprünglich der Auffassung, dass es sich um ein einfaches Abkommen handele. Unter beträchtlichem politischen Druck stimmte sie dann aber zu, es als gemischtes Abkommen zu klassifizieren.

Das bedeutet, dass jeder Mitgliedstaat gemäß seinen nationalen Prozeduren zustimmen muss. Ceta etwa kann deshalb nur in Kraft treten, wenn mehr als 40 Parlamente einverstanden sind. Das erhöht zwar die Transparenz und die demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten. Zugleich besteht aber die Gefahr, dass sich Ratifizierungen über viele Jahre hinschleppen und am Ende doch scheitern.

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