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Made in Bremen „Equalchamps“: Eine Partnervermittlung der besonderen Art

Ein Bremer Start-up hat eine besondere Partnervermittlungsbörse ins Leben gerufen: Die Plattform „Equalchamps“ bringt Sportlerinnen und Sponsoren zusammen.
01.01.2024, 05:00 Uhr
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Von Anke Velten

Eine halbe Million Euro: Mit diesem Jahresgehalt hält die australische Stürmerin Sam Kerr den aktuellen Rekord als Spitzenverdienerin im Frauenfußball. Der FC Bayern München überweist seinem Neuzugang Harry Kane 1,1 Millionen Euro im Monat – jährlich also fast 27 Mal so viel. Und das ist nur ein Bruchteil dessen, was Stars wie Cristiano Ronaldo und Lionel Messi überwiesen wird. Das Beispiel zeigt, wie extrem die Gehaltsschere im Frauen- und Männersport auseinandergeht.

Ein Bremer Start-up hat sich vorgenommen, der Welt zu zeigen: Leistungssportlerinnen verdienen nicht nur genau so viel Wertschätzung wie ihre männlichen Pendants – sondern eigentlich sogar noch viel mehr. „Equalchamps“ nennt sich die junge Partnervermittlungsbörse, die Sponsoren und Sportlerinnen zusammenbringen möchte. Den Unternehmen wollen die Gründerinnen vermitteln: Es zahlt sich aus, jetzt auf die Frauen zu setzen. Denn noch besteht die bezahlbare Chance, sich mit der international erfolgreichen Tennisspielerin, der Olympionikin oder der Leichtathletin mit Tausenden von Instagram-Followern zu verbünden.     

„Viel Aufwand, wenig Ertrag“ titelte das Wochenmagazin Spiegel vor einigen Monaten zum Thema Frauenfußball. Eine Umfrage der Sportschau hatte ergeben, dass ein Drittel der Spielerinnen in den beiden höchsten deutschen Ligen von ihren Vereinen maximal 500 Euro brutto erhalten, und dass nur eine winzige Minderheit vom Spielerinnengehalt leben kann. Umso mehr gilt das für Sportarten, die noch weniger im Fokus stehen als der Frauenfußball, der sich nach der Europameisterschaft im vergangenen Jahr in die Medien und damit auch mehr ins öffentliche Bewusstsein schoss. „Viele Leistungssportlerinnen arbeiten Vollzeit, kümmern sich um die Familie und trainieren dazu noch täglich stundenlang“, erklärt Lina Soffner. „Das ist eine krasse Höchstleistung“. Wahrgenommen – und honoriert - werde das aber noch viel zu wenig. „93 Prozent des weltweiten Sponsoringvolumens fließen in den Männersport“, weiß die 30-Jährige, die gemeinsam mit Laura Elbers vor zweieinhalb Jahren die Plattform Equalchamps ins Leben rief. Das Ungleichgewicht spiegelt sich auch in den Medien. „Die Chance, auf der Titelseite eines Magazins zu landen, ist für Sportlerinnen im Vergleich zu Sportlern weitaus geringer", erklärt Soffner, und verweist auf eine aktuelle Studie, wonach auf 94 Prozent der Magazin-Cover Sportler abgebildet wurden. Der klägliche Rest von sechs Prozent zeigte Sportlerinnen. Höchste Zeit, daran etwas zu ändern. „Wir wollen mit unserer Plattform selbstbewusst nach Außen tragen: Ihr seid etwas wert!“

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„Das Thema Geschlechtergerechtigkeit hat mich schon immer umgetrieben“, sagt die gebürtige Holsteinerin, die für den internationalen Studiengang Global Management an die Hochschule Bremen kam, und ihren Bachelor mit einer Arbeit über das Mentoring von Frauen für Führungspositionen abschloss. Bereits während des Masterstudiums in Lüneburg entwickelte sie gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Laura Elbers die Idee für die Sponsoring-Plattform. „Wir wollen als Marke bekannt sein, die Sportlerinnen unterstützt“, sagt Soffner. „Etwas Vergleichbares gab und gibt es nirgendwo auf der Welt.“ Im Sommer 2021 ging www.equalchamps.de ins Netz. Netzwerken war dann auch die Hauptaufgabe, um die Plattform mit Leben zu füllen. „Es ist ja nicht so, dass man irgendwo auf eine Liste von Sportlerinnen und Frauenteams zurückgreifen konnte", erklärt sie. Nach den ersten Kontaktaufnahmen sprach sich das Angebot rasch herum. „Sportler sind im Allgemeinen gut vernetzt. Es entstand ein Schneeballeffekt." Inzwischen stellen sich auf der Plattform rund 230 Sportlerinnen und Teams aus knapp 30 Sportarten vor. Sie zählen auf, welche Erfolge sie bislang in ihrer Karriere verbucht haben, wofür sie stehen, und was sie den Sponsoren zu bieten haben. Das mögen vielleicht noch nicht die international bekannten Namen sein. Aber es seien allesamt „hochkarätige Frauen“, sagt Soffner, die national und oft auch international weit oben mitspielen.

Als Markenbotschafterinnen seien Sportlerinnen ein lukratives Marketinginstrument. „Sie sprechen Frauen an, die 80 Prozent der Kaufentscheidungen treffen.“ Unter Sponsoring ist aber noch mehr zu verstehen als Werbekampagnen. Es kann für Unternehmen auch bedeuten, sich die Expertise der Sportlerinnen zunutze zu machen, erklärt Soffner – etwa in den Bereichen betriebliche Gesundheitsvorsorge, Personalentwicklung und Teambuilding. Wer erfolgreich Leistungssport betreibe, müsse generell ein Höchstmaß an Disziplin, Durchhaltevermögen und Teamfähigkeit aufbringen, kenne seinen Körper sehr gut und wisse, was ihn gesund und fit macht. Im Sport lerne man, mit Misserfolgen umzugehen und sie in mentale Stärke umzuwandeln. Von all diesen Kompetenzen können sich Belegschaften etwas abschauen - beispielsweise im Rahmen von Vorträgen, Kursen und Seminaren.

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Das Profil auf der Sponsoring-Plattform ist für Sportlerinnen und Unternehmen kostenlos. Erst wenn ein „Match“ gefunden ist und ein Sponsoringvertrag geschlossen, werden die „Equalchamps“ mit einem festen Satz von 15 Prozent der Sponsoringsumme beteiligt.  Das ist  bislang knapp 70 Mal gelungen. Noch kann das Geschäftsmodell das geschäftsführende Trio  nicht komplett ernähren, zu dem seit einiger Zeit auch IT-Spezialist Miguel Bebensee gehört. Die Gründerinnen sind allerdings guter Dinge. „Das Interesse am Frauensport wächst“, erklärt Soffner. Events wie die Frauen-EM im Sommer dieses Jahres erhielten viel Aufmerksamkeit, Frauensportarten würden langsam aber sicher interessanter für die Medien – und noch können  die Leistungsträgerinnen zum Schnäppchenpreis gebucht werden. „Bei männlichen Sportlern brauchen mittelständische Unternehmen gar nicht erst anzufragen. Mit ein paar Tausend Euro kommt man da nicht weit“, sagt die Marketingspezialistin. „Wer jetzt in den Frauensport investiert, bekommt viel mehr für sein Geld.“

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