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Streit um Tui-Aufsichtsrat EU-Gericht stützt Mitbestimmung

Straßburg. Die Unternehmensmitbestimmung in Deutschland verstößt nach Einschätzung eines Gutachters am Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht gegen das EU-Recht. Damit steht der Versuch eines Berliner Unternehmers, die Präsenz von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten großer Unternehmen zu kippen, kurz vor dem Scheitern.
05.05.2017, 00:00 Uhr
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Von Thorsten Knuf

Straßburg. Die Unternehmensmitbestimmung in Deutschland verstößt nach Einschätzung eines Gutachters am Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht gegen das EU-Recht. Damit steht der Versuch eines Berliner Unternehmers, die Präsenz von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsräten großer Unternehmen zu kippen, kurz vor dem Scheitern.

Wie der Generalanwalt am EuGH am Donnerstag in Luxemburg darlegte, hält er die Mitbestimmung für europarechtskonform: Der Umstand, dass nur im Inland ansässige Beschäftigte einer Gesellschaft Vertreter in den Aufsichtsrat wählen und selbst für dieses Gremium kandidieren dürfen, schränke die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht ein. Genauso wenig verstoße er gegen das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.

Der Generalanwalt spielt in Verfahren vor dem EuGH eine wichtige Rolle: Er legt regelmäßig ein Gutachten vor, bevor die Richter das eigentliche Urteil fällen. In der Regel folgen sie dabei der Vorgabe des Generalanwalts.

Im konkreten Fall geht es um eine Klage des Berliner Unternehmers und Mitbestimmungsgegners Konrad Erzberger gegen die Zusammensetzung des Aufsichtsrats beim Touristikkonzern Tui. Erzberger ist Tui-Kleinaktionär und macht geltend, dass der Aufsichtsrat der Gesellschaft nur aus Mitgliedern bestehen dürfe, die von den Anteilseignern bestimmt sind. Die Tui hat ihren Sitz in Hannover und beschäftigt rund 50 000 Mitarbeiter. 80 Prozent von ihnen arbeiten für ausländische Tochterfirmen.

Um vor Gericht gegen das deutsche Mitbestimmungsgesetz vorzugehen, hatte Erzberger eigens Tui-Aktien gekauft und mit Verweis auf das Europarecht geklagt: Die hiesige Regelung benachteilige unzulässigerweise ausländische Beschäftigte des Tui-Konzerns, argumentierte er. Das Kammergericht Berlin legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor, um eine grundsätzliche Klärung herbeizuführen.

Der Generalanwalt argumentierte nun seinerseits, dass sich die Situation, in der sich die außerhalb von Deutschland beschäftigten Tui-Mitarbeiter befinden, erst einmal nichts mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu tun habe. Die Freizügigkeit verleihe nämlich nur Arbeitnehmern Rechte, die von dieser Grundfreiheit tatsächlich Gebrauch machen und dafür ihren Heimatstaat verlassen. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit treffe dies jedoch auf viele der in Rede stehenden Arbeitnehmer nicht zu“, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. Der bloße Umstand, dass die Gesellschaft, bei der ein Arbeitnehmer beschäftigt ist, im Eigentum einer Firma mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ist, führe auch nicht dazu, dass die Freizügigkeit beeinträchtig werden könne.

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