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EU-Zollreform Online-Einkauf könnte bald teurer werden

Die EU-Kommission will die weitgehende Zollfreiheit auf günstige Waren kippen. Wer in Zukunft im Internet bei Händlern aus Nicht-EU-Staaten bestellt, muss wohl deshalb mit etwas höheren Preisen rechnen.
18.05.2023, 17:18 Uhr
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Von Katrin Pribyl

Ob Plastikspielzeug, Abnehmpflaster, japanische Messer oder günstige Luxustaschen – der Online-Handel macht es den Verbrauchern möglich, mit wenigen Clicks auf der ganzen Welt einzukaufen. Und wenn das Produkt den Wert von 150 Euro nicht übersteigt, fallen nicht einmal Zollgebühren an. Bis jetzt. Denn Bestellungen aus Ländern außerhalb der EU könnten bald teurer werden.

Am Mittwoch hat die EU-Kommission ihren Vorschlag einer Reform des sogenannten Zollkodex vorgestellt. Demnach sollen ab Anfang 2028 für Pakete mit „Waren von geringem Wert“, also Sendungen unter 150 Euro, Gebühren anfallen. Brüssel will die Praxis vieler Online-Händler unterbinden, Lieferungen in Einzelsendungen zu stückeln, um die Waren nicht deklarieren zu müssen. „Bis zu 65 Prozent dieser Pakete, die in die EU gelangen, werden derzeit unterbewertet, damit sie bei der Einfuhr keine Zölle zahlen müssen“, sagte der EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.

Die Behörde rechnet damit, durch die neue Regelung für den E-Handel zusätzliche Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr zu verzeichnen. „Wir sorgen für die dringend benötigte Klarheit und Transparenz bei der zollrechtlichen Behandlung des elektronischen Handels“, so Gentiloni. Er verwies auf „eine Milliarde kleiner Online-Einkäufe“, die jedes Jahr in der EU getätigt würden. Zwei Drittel davon stammten aus China – Tendenz steigend.

Online-Portale sollen dafür sorgen, dass Zölle und Mehrwertsteuer beim Kauf gezahlt werden

Mit der „umfassendsten Reform der EU-Zollunion seit deren Gründung im Jahr 1968“ will man den gestiegenen Druck auf die Zollbehörden mildern. Außerdem sollen vor allem Portale wie Amazon, Alibaba oder Zalando dafür sorgen, dass Zölle und Mehrwertsteuer beim Kauf gezahlt werden, damit Kunden nicht mehr von versteckten Gebühren oder unerwartetem Papierkram überrascht werden, wenn sie das Paket entgegennehmen.
„Immer mehr Produkte, die nicht unseren Standards entsprechen, kommen einzeln verpackt aus Drittstaaten direkt an die Haustür europäischer Verbraucher“, kritisierte die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini. Kontrollen auf Sicherheit oder giftige Chemikalien seien hier „faktisch ausgeschlossen“, was sowohl die Verbraucher gefährde als auch den fairen Wettbewerb zwischen europäischen Unternehmen und Firmen in Drittstaaten. Gleichzeitig sei „die große Menge absichtlich eingesetzter Einzelsendungen und Verpackungen statt größerer Importmengen ein großes Problem für die Umwelt“, so Cavazzini.

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Im Zentrum der Reform, über die im nächsten Schritt das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten verhandeln müssen, steht die Errichtung einer EU-weiten Zollbehörde. Diese soll die eigenständigen Systeme der Länder schrittweise durch ein zentralisiertes ersetzen und zudem eine neue EU-Zolldatenplattform überwachen. Unternehmen, die Waren in die EU importieren, würden dann alle Informationen über ihre Produkte, Lieferketten und den Warenverkehr in eine einzige Online-Umgebung einspeisen, damit die Behörden einen vollständigen Überblick erhalten. Die Plattform soll die 111 nationalen IT-Systeme ersetzen, die laut Gentiloni derzeit in Betrieb sind.

Aktuell gleiche das europäische Zollsystem einem „Flickenteppich“, so Cavazzini. „Daten sind nicht einheitlich und von schlechter Qualität und es gibt keine angemessene Risikoanalyse, die auf den Erfahrungen aller 27 Mitgliedstaaten beruht.“ Das Problem: Wenn beispielsweise Portugal eine Lieferung von Spielzeug mit verbotenen Chemikalien identifiziert und blockiert, sei Deutschland bisher nicht in der Lage, diese Informationen auch systematisch zu nutzen. Die hiesigen Behörden bekommen oft nicht einmal davon mit, sodass Sendungen von derselben Firma durch deutsche Häfen in die EU gelangen können, während die Produkte in einem anderen Land aus dem Verkehr gezogen werden.

Unternehmen befürchten noch mehr Bürokratie

Vonseiten der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) kam derweil Kritik. Deren Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte, für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Unternehmen sei eine effiziente und möglichst reibungslose Abfertigung internationaler Warenströme durch die Zollverwaltungen der EU-Mitgliedstaaten eine entscheidende Größe. „Daher wäre eine praxisnahe EU-Zollreform mit Fokus auf Bürokratieabbau und Digitalisierung für die auslandsaktiven Betriebe von großer Bedeutung“, so Treier. „Leider ist davon in der EU-Zollreform nicht viel zu sehen.“

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