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An Bord der MS „CFS Panjang“ Sechster Tag

WESER-KURIER-Redakteur Florian Schwiegershausen ist elf Tage in See gestochen. Am sechsten Tag glitt die „CFS Panjang“ in den Hafen von Puerto Cortés.
19.04.2019, 23:10 Uhr
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Sechster Tag
Von Florian Schwiegershausen

Als ich gegen 9.30 Uhr aufwache, ist der Blick aus dem Bullauge meiner Kabine ein anderer als am Abend. Der Grund: Das Schiff dreht sich um den Anker herum in die Richtung, in die es die Strömung und der Wind treiben. So hat man an diesem Morgen von der Brücke einen herrlichen Blick auf die Berge. Ein weiterer Vorteil des nahen Festlands: Mein Smartphone empfängt einen honduranischen Salsa-Sender – Karibikfeeling zwischen mehr als 100 Containern.

Ich frühstücke hastig, denn von draußen höre ich bereits laute Geräusche. Die Deckleute, mit denen ich im Rahmen des Erlaubten am Abend Bier getrunken habe, sind längst bei der Arbeit. Sie schleifen und hämmern die Farbe auf einem Teil des Achterdecks ab, um den Rost zu entfernen. Ich ziehe meinen Arbeitsoverall über und gehe an Deck. Dort greife ich mir einen Hammer und klopfe einige Griffe ab, die man mit dem Hammer besser erreicht als mit der Flex oder Druckluftbürste.

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Im Rahmen meiner Fähigkeiten helfe ich. Der Lärm der Aktion ist auf allen Decks zu hören. Der Zweite Offizier, Christopher, dessen Kammer neben meiner liegt, hat die Tür zum Innendeck dichtgemacht, damit er schlafen kann. Er hat auf der Brücke normalerweise die Schicht von vier bis acht Uhr und die Schicht von 16 bis 20 Uhr. Chefoffizier Jovan ist von Mitternacht bis vier Uhr dran und von zwölf bis 16 Uhr. Die restlichen Schichten übernimmt Kapitän Cristian.

Mesut schleift an einer Stelle blaue Farbe vom Boden, Giorgi an anderer. So ein Schiff ist wie der Kölner Dom. Sind die Seeleute vorn fertig ist, können sie hinten wieder anfangen. Zeit für die Pflegearbeiten hat die Crew, wenn sie auf dem Meer unterwegs sind. „Schau, Florian, bei unserem zweiwöchigen Törn sind am Ende real nur fünf Tage für die Pflege des Schiffs übrig“, sagt Kapitän Cristian. Das könnten ruhig mehr sein.

Jede Stunde machen wir eine Raucherpause. Es fällt schwer, bei der feucht-schwülen Hitze die Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Gegen den ohne Unterlass rinnenden Schweiß knote ich mir ein großes Halstuch auf dem Kopf zusammen. Die anderen, die an Deck arbeiten, bevorzugen Kurzhaarfrisuren. Nach dem Mittagessen fegt Kadett Emre die Farbreste zusammen – mit der Hilfe des journalistischen Leichtmatrosen. Die Reste kommen in einen großen schwarzen Abfallsack und der in eine Tonne. Der Müll wird in Guatemala entsorgt – ins Wasser geworfen wird nichts. Gegen 16 Uhr sagt Bosun Oleks, ich solle nicht so viel arbeiten, und schickt mich weg. Der Schiffskoch braucht meine Hilfe auch nicht. Ich ziehe mich für eine Siesta zurück.

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Gegen 21 Uhr gleitet die „CFS Panjang“ endlich in den Hafen von Puerto Cortés. Mit dem Schutzhelm auf dem Kopf stehe ich an der Reling und beobachte die Szenerie. Die Arbeiter an der Kaimauer denken, ich sei Teil der Crew und werfen mir das Auswurfseil zurück. Ich fange es beim ersten Versuch auf und lege es ordentlich zusammen.

Kadett Emre und der Vollmatrose Salim haben Wache. Andere Seeleute sitzen auf der Laderampe des Schiffs auf Gartenstühlen, die sonst in einer Ecke lagern, und beobachten das Be- und Entladen. Vom Anleger aus sind am Hafen ein KFC und ein Pizza Hut zu erkennen. Kadett Emre liebäugelt mit KFC, allerdings hat er Deckwache. Zudem soll bis 23 Uhr alles fertig sein. Ausgang ist daher für niemanden vorgesehen. Es ist vielleicht auch besser so. Denn die Region Cortés, zu der auch Puerto Cortés gehört, gilt als unsicher. Als auffälliger Gringo mit rotblonden Haaren sollte ich nachts die Straßen von Puerto Cortés besser meiden. Für einmal die Gangway runter und wieder rauf reicht die Zeit jedoch. In Honduras war ich nun auch.

Ein Planer der Hafengesellschaft berichtet etwas von einem kaputten Container. Der Erste Offizier, Jovan, kommt und schaut sich das Malheur an. Er gibt Entwarnung: „Es ist nur ein kleiner Schaden, nichts passiert. Aber sie wollten versuchen, uns das in die Schuhe zu schieben.“ Später kommt ein Vertreter der örtlichen Hafenbehörde an Bord, um den Schaden zu fotografieren.

Gegen Mitternacht liegt die „CFS Panjang“ noch immer im Hafen. Giorgi und Mesut lösen Emre und Salim ab. Ich ziehe nun mein Bett vor und bin froh, mit den beiden nicht tauschen zu müssen. Irgendwann in der Nacht verraten die Motorengeräusche, dass es wieder losgeht – zurück nach Guatemala.

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