Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Unternehmen und Arbeitnehmer sollen profitieren

Die Erleichterung ist groß in Brüssel. Sie ist es auch in den Regierungszentralen von Berlin über Rom bis Lissabon sowie an den internationalen Finanzmärkten.
25.04.2017, 00:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Thorsten Knuf

Die Erleichterung ist groß in Brüssel. Sie ist es auch in den Regierungszentralen von Berlin über Rom bis Lissabon sowie an den internationalen Finanzmärkten. Der Pro-Europäer Emmanuel Macron hat beste Chancen, tatsächlich als nächster Staatspräsident in den Élysée-Palast in Paris einzuziehen. Im Gegensatz zu Rechtspopulistin Marine Le Pen steht er ohne Wenn und Aber zur Europäischen Union und zur Gemeinschaftswährung Euro.

Und, was mindestens genauso wichtig ist: Macron verspricht den Franzosen und den europäischen Partnern, sein Land von Grund auf zu reformieren. Nach Jahren der Stagnation und des Niedergangs soll die Wirtschaft endlich wieder in Schwung kommen, die Arbeitslosigkeit sinken und das Schuldenmachen ein Ende haben. Er wolle ein „neues Frankreich“ erschaffen, schreibt der ehemalige Wirtschaftsminister in seinem Wahlprogramm. Und zwar eines, das der Welt zugewandt ist, dessen Unternehmen wettbewerbsfähig sind und das den Zusammenhalt der Gesellschaft sichert.

Vielen Rechten ist Macrons liberale Grundhaltung suspekt, vielen Linken sein bisheriger Werdegang: Wie so viele französische Spitzenpolitiker ist er Absolvent der Elite-Schulen des Landes. Als Investmentbanker wurde er reich, bevor er als Berater in die Politik ging. Macron sagt, dass er selbst und seine Bewegung „En marche!“ „weder links noch rechts“ seien. Wenn es um die Wirtschaft geht, ist sein Programm sozialliberal. Er verspricht beides: Reformen, die sich direkt in den Geldbörsen der Arbeitnehmer und Jobsuchenden bemerkbar machen. Sowie solche, die die Finanzkraft der Unternehmen stärken und den aufgeblähten Staatsapparat verkleinern. 60 Milliarden Euro soll der Staat nach Macrons Vorstellungen in den kommenden fünf Jahren einsparen und Frankreich damit endlich wieder die Vorgaben des Euro-Stabilitätspakts erfüllen. Im öffentlichen Dienst sollen 120 000 Jobs wegfallen. Gleichzeitig plant der Kandidat ein umfangreiches Investitionsprogramm, um Wirtschaft und Arbeitsmarkt anzukurbeln: 50 Milliarden Euro soll der Staat investieren, unter anderem in eine bessere Aus- und Weiterbildung, in erneuerbare Energien, in den Ausbau der Infrastruktur sowie die Modernisierung von Verwaltung, Gesundheitswesen und Landwirtschaft.

Die Unternehmenssteuern will Macron von derzeit 33,3 auf 25 Prozent senken und so zusätzliche Investitionen im Privatsektor ermöglichen. An der umstrittenen 35-Stunden-Woche will er im Prinzip festhalten, sie soll aber flexibler werden. Die Sozialparteien sollen insgesamt mehr Autonomie erhalten. Arbeitnehmer sollen weniger Sozialabgaben abführen und so ihre Kaufkraft steigern, auch Geringverdiener sollen mehr Geld bekommen. Wer von sich aus kündigt, würde trotzdem Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen können. Freiberufler und Kleinunternehmer sollen Zugang zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erhalten.

Auch für die Europäische Währungsunion hat Emmanuel Macron große Pläne: Er will die Eurozone mit einem eigenen Budget, einem Finanzminister und einem Parlament ausstatten – „um deutlich mehr zu investieren als heute“, wie es im Wahlprogramm heißt. Viele Experten halten das für den richtigen Ansatz, um die wirtschaftspolitische Steuerung der Währungsunion zu verbessern.

Die deutsche Bundesregierung allerdings ist an dieser Stelle eher skeptisch, zumindest ihr konservativer Teil. In Berlin ist es gerade nicht en vogue, über mehr Kompetenzen für Europa nachzudenken.

Entfesselte Märkte Europas Finanzmärkte haben mit Kurssprüngen auf den Wahlausgang in Frankreich reagiert. Der deutsche Leitindex Dax ließ am Montagvormittag seine rund zwei Jahre alte Bestmarke hinter sich und stieg um rund drei Prozent bis auf 12 417 Punkte. Vor allem die Aktien von Banken waren gefragt, denn sie gelten als besonders abhängig von den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Europa. Die Commerzbank-Papiere stiegen an der Spitze des Dax um mehr als acht Prozent, die Aktien der Deutschen Bank legten um annähernd sieben Prozent zu. Der Euro kostete zwischenzeitlich wieder mehr als 1,09 US-Dollar.
Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)