Berlin. Der Cheflobbyist der deutschen Autoindustrie strahlte übers ganze Gesicht. „Wir blicken mit Freude und Begeisterung auf die IAA“, sagte Matthias Wissmann am Donnerstag bei einer im Internet übertragenen Pressekonferenz zur bevorstehenden Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main. Dort werden Hersteller aus aller Welt vom 14. bis 24. September ihre Neuerungen präsentieren. Die großen Themen sind die fortschreitende Digitalisierung des Autos, das autonome Fahren, alternative Antriebe und städtische Mobilität.
"Zukunft erleben“ heißt deshalb das Motto der diesjährigen IAA. Spätestens seit diesem Donnerstag steht allerdings auch die Frage im Raum, welche Zukunft Matthias Wissmann überhaupt noch als Präsident des mächtigen Branchenverbandes VDA hat. Denn Medienberichten zufolge betreiben die Schwergewichte der deutschen Autoindustrie hinter den Kulissen die Ablösung des 68-Jährigen. Angeblich sollen Daimler, BMW und Volkswagen unzufrieden sein mit Wissmanns Krisenmanagement im Rahmen des Diesel-Skandals.
Laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland soll Wissmann nach IAA und Bundestagswahl ausgetauscht werden. Der VDA wolle die Debatte über die Zukunft des Verbrennungsmotors und mögliche Fahrverbote mit einer „personellen und inhaltlichen Neuaufstellung“ begleiten. Mit der Suche nach einer neuen Verbandsspitze sei Daimler-Chef Dieter Zetsche beauftragt worden. Auch Personalberater seien eingeschaltet. Hinter dem Netzwerk steht die Madsack-Gruppe aus Hannover, die in der niedersächsischen Industrie gut verdrahtet ist. Laut „Handelsblatt“ soll Wissmann bis zum Ende seiner Amtszeit im November 2018 im Amt bleiben – und sein Verband danach gründlich umgebaut werden.
Vertrag läuft noch über ein Jahr
Wissmann steht bereits seit 2007 an der Spitze des VDA. Unter Bundeskanzler Helmut Kohl war er mehrere Jahre lang Bundesverkehrsminister. Leute wie Wissmann sind nach ihrem Ausscheiden aus der Politik für Wirtschaftsverbände von hohem Wert, weil sie über wertvolle Zugänge zu Regierungen und Verwaltungen verfügen. Wissmanns Vertrag als Präsident des Automobilverbands war erst im November 2016 um zwei Jahre verlängert worden.
In seiner Internet-Pressekonferenz äußerte sich Wissmann nicht zu seiner persönlichen Zukunft. Sprecher von Volkswagen und Daimler dementierten eine bevorstehende Ablösung Wissmanns. BMW-Chef Harald Krüger sagte: „Wir haben volles Vertrauen in Herrn Wissmann. Alles Weitere ist für uns kein Thema.“ Allerdings dürfte der Druck auf die Autohersteller auch nach der Bundestagswahl beträchtlich bleiben. Die Manager in den Chefetagen werden ihre eigenen Posten verteidigen und gleichzeitig signalisieren wollen, dass es tatsächlich einen Wandel in der Branche gibt. Wenn es schlecht läuft für Wissmann, könnte er zum Bauernopfer werden. Je nachdem, welche Parteien die künftige Bundesregierung stellen, könnte es für den VDA auch sinnvoll erscheinen, sich einen Cheflobbyisten mit anderen politischen Zugängen zu suchen.