Die Bremer SPD möchte zu den "Machern" gehören. Zumindest suggerieren das die Werbeaufsteller, mit denen die Delegierten des Landesparteitages am Eingang der Gesamtschule Ost empfangen werden. "Jetzt gemeinsam Zukunft machen" steht auf den großen rot-weißen Wimpeln. Sprachlich ist das nicht wirklich elegant, zeigt aber, worum es den Sozialdemokraten geht an diesen Sonnabend in Osterholz: um die Zukunft ihrer Partei in Bremen. Und dafür gibt es nach der Wahlschlappe im Mai ganz offensichtlich viel zu tun.
Einen möglichen Weg aus der Misere skizziert zu Beginn der Veranstaltung Bürgermeister Andreas Bovenschulte in einem Impulsreferat. Das stand zwar unter dem Titel "Die Schwerpunkte der Arbeit des Senats", doch wer deshalb an dieser Stelle die großen politischen Linien für Bremens Zukunft oder gar konkrete Lösungsvorschläge für einige der drängendsten Probleme des Stadtstaates erwartet hatte, wurde enttäuscht. Bovenschulte stellt einen anderen Ansatz in den Mittelpunkt seiner Rede. "Wir müssen wieder mehr ran an die Leute. Wir müssen vor Ort wieder mehr präsent sein", lautet seine zentrale Botschaft.
Mehr Präsenz vor Ort
Diese Erkenntnis, die man unlängst gemeinsam auf der Fraktionsklausur gewonnen habe, sei "richtig, richtig, richtig". Doch nun gelte es, von der Erkenntnis auch zur Handlung zu kommen, fordert Bovenschulte. Er selbst setze dieses Anliegen bereits mit Quartierbesuchen in allen Stadtteilen um. Die SPD müsse genauer hinschauen, müsse die Dinge anpacken, um das Leben der Menschen vor Ort besser zu machen, appelliert Bovenschulte. "Das muss wieder in unsere DNA rein. Das ist die Grundlage einer Kümmererpartei."

Sascha Aulepp, Landeschefin der Bremer SPD, steht auf der Bühne.
Für Bovenschulte gehört dazu ein sachlicher Blick auf die Realitäten, ohne sich dabei von den schwierigen Rahmenbedingungen einschüchtern zu lassen. Mit dieser Herangehensweise und einer Portion Fantasie und Kreativität, ließen sich auch in Bremen Spielräume schaffen, um Politik zu gestalten. Eine Absage erteilt Bremens Regierungschef in diesem Zusammenhang vorschnellen Erfolgsmeldungen. Er kenne die Forderungen, möglichst "jeden Tag was rauszuhauen, was wir auf den Weg bringen", erklärt Bovenschulte und warnt: "Lasst uns lieber erst Erfolge haben und dann damit rausgehen."
Wichtig dafür seien klare Absprachen, Mechanismen und Rollenverteilungen bei der Frage, wie man Konflikte löse, betont der Bürgermeister mit Blick auf die innerparteiliche Zusammenarbeit. Und schlägt dann einen Bogen zur Regierungskoalition mit Grünen und Linken. Hier sei gerade angesichts der finanziellen Rückschläge der vergangenen Wochen von allen Beteiligten Disziplin gefordert. Es ginge nicht an, dass versucht werde, noch vor den Haushaltsberatungen mit eigenen Themen nach vorne zu preschen. Nur eine gemeinsam abgestimmte Politik könne Grundlage für langfristig erfolgreiches Regierungshandeln sein.
Suche nach Visionen
Die Regierungskoalition sieht Bovenschulte dafür aber gut gerüstet. "Wir haben eine gemeinsame Grundlage, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten", konstatiert der Regierungschef. Bei Rot-grün-rot handele es sich um eine "Gesamtveranstaltung und nicht um eine Wettbewerbskoalition".
Und damit geht's dann ans Herzstück des "Arbeitsparteitages": Die 125 Delegierten verteilen sich auf sechs Arbeitsgruppen und diskutieren hinter verschlossenen Türen eineinhalb Stunden lang über Probleme und Defizite ihrer Partei sowie Lösungsansätze für die Zukunft. Am radikalsten mit der Partei ins Gericht geht dabei die "offene" Arbeitsgruppe sechs, die vorab kein bestimmtes Thema zugewiesen bekommen hatte. "SPD = langweilig" war auf der Pinnwand zu lesen, auf der abschließend das Besprochene festgehalten wurde. "Visionen, Ecken und Kanten fehlen" und "Profilverlust".
"Wofür steht die SPD eigentlich?" lautet die Kernfrage, die auch in anderen Arbeitsgruppen aufgetaucht ist. Verbunden mit der Forderung "Die SPD muss wieder sichtbar sein". Nicht nur die Partei mit entsprechenden Inhalten, sondern auch deren Mitglieder als bekennende Sozis, mit rotem Schal zum Beispiel oder einem entsprechenden Käppi, so ein weiterer Vorschlag.
Die meisten Ideen auf den Kärtchen an den Pinnwänden sind weder neu, noch kommen sie überraschend: "Botschaften verständlich rüberbringen", "Auswirkungen von Entscheidungen berücksichtigen", "möglichst konsistent regieren", "Nichtwähler erreichen", "Mitglieder mobilisieren"... Die eigentliche Botschaft hinter dieser Auflistung dürfte dann schon gewesen sein, dass all dies überhaupt bei der Bremer SPD eingefordert werden muss. Die Forderung "Den Neuanfang sichtbar machen" ist interessanterweise ausgerechnet in Grün geschrieben. Und eine andere Botschaft ist eigens rot eingerahmt, wohl um deren Bedeutung zu unterstreichen: "Partei macht Spaß".
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werde man nun ordnen, erklärt Landeschefin Sascha Aulepp. Dann werde man das Gesamtpaket an alle gut 4000 Genossen in Bremen weitergeben und bei der Umsetzung helfen. Fünf Stunden sind zu diesem Zeitpunkt vergangen, aber noch warten 26 Anträge auf die Delegierten. Nach einer guten weiteren Stunde ist auch das geschafft. Ob Partei da noch Spaß macht, ist nicht bekannt.
+++ Dieser Text wurde um 19.13 Uhr aktualisiert. +++