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Kolumne 0421 Ein Freimarkt auf Messers Schneide: Nur Snoopy muss noch heimkehren

In der Kolumne „0421“ schreibt Oliver Matiszick über große und kleine Themen, die manchmal erst auf den zweiten Blick miteinander, immer aber mit Bremen zu tun haben. Heute: Zahnputz, Freimarkt und die Peanuts.
02.11.2024, 05:00 Uhr
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Ein Freimarkt auf Messers Schneide: Nur Snoopy muss noch heimkehren
Von Oliver Matiszick

Zur Vielzahl meiner Marotten gehört der Drang zur wandernden Zahnpflege. Denn sobald ich morgens die Bürste (für das Protokoll: elektrisch betrieben) im Mund habe, hält mich nichts am Waschbecken. Im besten Fall bewege ich mich während des Putzvorgangs nur im Badezimmer umher. Doch weil dessen Größe für kaum mehr als zwei ausgedehnte Schritte hin und her taugt, finde ich mich während der zwei timergestoppten Minuten häufig im Nachbarzimmer am Fenster wieder, von wo aus sich ein Ausblick über meine Ländereien bietet. Dabei ist wiederum meine Kurzsichtigkeit von Vorteil, kaschiert sie doch, dass es mit der Weite meines hypothekenbelasteten Stücks vom 0421-Land doch nicht ganz so weit her ist.

Als ich zu Beginn dieser Woche also wieder mal dort stand und überlegte, ob sich die landwirtschaftliche Nachricht der hervorragenden Grünkohlernte 2024 nicht zu einem frohgemuten Kolumnenthema rund um das Bremer Nationalgericht verarbeiten ließe, nahm ich aus den Augenwinkeln meinen Sohn wahr. Und zwar beim Versuch, sich mit seiner Zahnbürste (für das Protokoll: mechanisch betrieben) im Mund aus dem Badezimmer heraus auf Wanderschaft zum Fenster begeben. So eine Schnapsidee! Keine Ahnung, wie der Junge darauf gekommen ist. Denn am Ende sind dann doch nur die Laufwege zwischen den Räumen mit geschäumten Tropfspuren übersät. Zahnpflege findet bei uns in aller Standhaftigkeit am Waschbecken statt, also echt. So sind die Hausgesetze, zumindest für Heranwachsende.

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Auf die so unausweichlichen wie empörten Proteste, dass da offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird, konnte ich nur die Schultern zucken. Willkommen im echten Leben! So stehen auf meiner Verlustliste inzwischen mindestens zwei Nagelscheren und ein Taschenmesser, die ich in den Jahren seit September 2001 bei der Sicherheitskontrolle am Bremer Flughafen eingebüßt habe, weil sie im Handgepäck ihr unbedachtes Dasein fristeten. Obwohl ich nie die terroristische Absicht hatte, der internationalen Luftfahrt – womöglich per Nagelscheren! – irgendeinen Schaden zuzufügen, sind sie unter den gestrengen Augen der Security am Ende doch in die Tonne gewandert.

Als hoffnungsloser Optimist weigere ich mich deshalb, mich durch die Vielzahl der einkassierten Messer bei den Eingangskontrollen des Freimarkts – schon zu Beginn der zweiten Woche waren es laut Polizei beachtliche 370 – irgendwie beunruhigen zu lassen. Bestimmt waren die ursprünglich nur mitgenommen worden, um damit gegebenenfalls Maronen, gebrannte Mandeln oder Liebesäpfel zu schälen. Und falls doch nicht, das ging mir gerade so bei der morgendlichen Zahnputzwanderung zum anstehenden Abschluss der fünften Jahreszeit durch den Kopf: Danke an alle, die in den vergangenen beiden Wochen gut aufpasst haben, auf dass der ganze Spaß auch ein Vergnügen werden konnte. Nächstes Jahr gerne wieder.

Tagebucheintrag: Rundum perfekt wäre die Sache, wenn sich am Ende noch das auf der Bürgerweide verlustig gegangene Handy meines Sohnes wieder anfindet. Ein angejahrtes Modell in auffälliger roter Hülle mit Peanuts-Motiv. Snoopy, komm nach Hause! Du wirst sehnsüchtig erwartet.

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