Mike Frank steht neben der alten Atelierkamera seines Vaters im Bremer Focke-Museum. Es ist die Kamera, die der jüdische Fotograf Julius Frank 1936 in seinem Geschäft zurücklassen musste. Die Nazis hatten dem Künstler das Leben zuvor immer schwerer gemacht und ihn schließlich zur Flucht getrieben. Am Freitag präsentierte Mike Frank einige der rund 150 Bilder aus dem Nachlass seines Vaters, die er und seine Schwester dem Museum gestiftet haben.
„Wir sind sehr froh und besonders glücklich, dass Sie sich dazu entschieden haben, die Werke nach Deutschland zu geben“, betonte Frauke von der Haar, Direktorin des Focke-Museums, gegenüber Mike Frank. „Das ist eine große Geste und für uns eine Verpflichtung, diese Geschichte stärker zu beleuchten.“ Auch eine Ausstellung mit den Werken des Fotografen könne sie sich für die Zukunft gut vorstellen.
Auf den Bildern von Julius Frank sind Menschen und Natur zu sehen, manchmal auch Architektur. Der Künstler hatte sich nicht festlegen wollen. „Das zeichnet einen großen Fotografen aus, dass er sich auf die verschiedenen Motive einstellen kann und entsprechend fotografiert“, sagte Karin Walter, Kuratorin für Fotografie des Focke-Museums, die ebenfalls einen Teil der Werke präsentierte. Allerdings vorerst nur mit einer Präsentation am Computer: Die Originale sind noch auf dem Seeweg von Kalifornien nach Bremen.

Im Bestand des Focke-Museums befinden sich bereits etliche Fotografien des jüdischen Fotografen Julius Frank. Rund 150 weitere Werke werden zurzeit nach Bremen verschifft.
Schwerpunkt: Moorlandschaften
Ein Schwerpunkt der Werke sind Bilder der Moorlandschaften Worpswedes und anderer Torfdörfer. „Er hat die durch die Landschaft geprägten Menschen herausgestellt, wie ein Maler. Die sehr mühsame Art des Lebens im Moor, die sich auch in den Gesichtern der Menschen widerspiegelt“, erklärte Walter. Und tatsächlich findet sich unter den Bildern auch das eines Landwirts, der Pfeife raucht und sich dabei auf seinen Pflug stützt, oder einer Mutter, die, ihr Kind an der Hand, durch die Moorlandschaft wandert. Motive, die damals in Mode waren und später auch in Franks neuer Heimat, den USA, gut ankamen. Viele seiner Bilder wurden dort ausgestellt und ausgezeichnet.
Dabei waren die Umstände seines Erfolgs alles andere als gut. Nachdem er das Fotoateliers von seinem Vater übernommen hatte, wurde Julius Frank bald durch die politischen Entwicklungen im Deutschland der 30er-Jahre unter Druck gesetzt. Der Fotograf durfte nicht mehr ausbilden, auch die Kundschaft blieb bald aus. „Es kamen immer weniger Kunden, und die, die kamen, wurden anschließend ausgehorcht und eingeschüchtert“, erklärte Harald Kühn, Vertreter des Heimatvereins Lilienthal, der im Jahr 2005 den Kontakt zur emigrierten Familie Frank wieder aufnahm. Der spätere Lilienthaler Bürgermeister Heinrich Viebrock brachte Frank 1936 nach Hamburg, von wo aus dieser in die USA floh.
Julius Frank kam aber schon bald zurück nach Deutschland: Im Zweiten Weltkrieg diente er als Dolmetscher in der amerikanischen Armee. Sein Sohn Mike, der selbst nichts mit Fotografie zu tun hat, weiß nur wenig über die Geschichte seines Vaters. „Er hat nie über den Krieg geredet, vielleicht, um seine Kinder zu schützen“, erzählte er im Anschluss an die Präsentation. Doch bald könnte er mehr erfahren: „Ich habe Briefe meines Vaters. Sie sind auf Deutsch, ich kann sie nicht lesen. Aber in ihnen muss stehen, was er dachte, als er im Krieg zurück nach Deutschland kam.“ Diese Briefe sind nun ebenfalls auf dem Weg nach Bremen.