Das kleinste Bundesland stemmt sich mit einem schuldenfinanzierten Ausgabenprogramm gegen die Folgen der Corona-Krise. Aber was ist dabei erlaubt, und was überschreitet die Grenzen des Zulässigen? Im Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft ging es am Freitag ein weiteres Mal um diese Frage. Unter der Bezeichnung Bremen-Fonds hatte die Bürgerschaft im Sommer einen Kreditrahmen von 1,2 Milliarden Euro beschlossen. Ausgaben aus diesem Topf sind allerdings an Bedingungen geknüpft, denn eigentlich ist ab 2020 wegen der in der Landesverfassung festgeschriebenen Schuldenbremse keine Nettokreditaufnahme mehr zulässig.
Als Gesprächspartner standen den Haushaltspolitikern drei hochkarätige Fachleute zur Verfügung. Der Münchener Verwaltungsjurist Stefan Korioth sowie die Ökonomen Jens Südekum (Düsseldorf) und Karl Lichtblau (Köln) hatten aus ihrer jeweiligen fachlichen Sicht bereits zwei Gutachten zur Zulässigkeit und zur Zielrichtung von Ausgaben aus dem Bremen-Fonds abgeliefert (wir berichteten). In der Expertenbefragung wurden unterschiedliche Akzente deutlich. Aus Korioths Sicht ist es entscheidend, dass bei kreditfinanzierten Projekten der Bezug zur Corona-Krise stets klar nachweisbar ist.
Investitonsvorhaben, die man bereits vor Beginn der Pandemie in der Schublade hatte, dürften jetzt nicht einfach mit einem Corona-Etikett versehen werden, um sie statt aus dem normalen Haushalt mit Bremen-Fonds-Mitteln zu bezahlen. Korioth gestand aber zu, dass es einen gewissen Interpretationsspielraum gebe. Beispiel: die Digitalisierung der Schulen. Auch wenn diese bereits vor Corona beabsichtigt gewesen sei, könne man sie nun in einen Pandemie-Zusammenhang stellen, weil die technische Aufrüstung der Schulen ein Gebot der Stunde sei.
Jens Südekum würde dem Senat etwas mehr Leine lassen. Aus seiner Sicht sind aktuell Investitionen in die öffentliche Infrastruktur geboten, um dadurch die privatwirtschaftliche Investitionstätigkeit anzuregen. Die entscheidende Frage lautet für ihn: Können durch Ausgaben der öffentlichen Hand irreversible Schäden für die Bremer Wirtschaft abgewendet werden? Sofern dies für die jeweilige Maßnahme bejaht werden kann, sei eine Finanzierung aus dem Bremen-Fonds möglich. Gestärkt werden müssten vor allem die in Bremen stark vertretene Industrie sowie die Anbieter hochwertiger Dienstleistungen, der Wissenschaftssektor und der Bereich Bildung/Qualifikation.