Er gilt als Herzstück staatlichen Krisenmanagements auf Landesebene – der Bremen-Fonds. Eine mit 1,2 Milliarden Euro gefüllte Kriegskasse, aus der vor allem Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft im Zwei-Städte-Staat bezahlt werden sollen. In der nächsten Woche wird ihn die Bürgerschaft voraussichtlich als Teil des Haushaltes 2020 beschließen. Doch eines wird immer klarer: Im laufenden Jahr dürfte der kreditfinanzierte Finanztopf kaum noch belebende Wirkung entfalten. Immer mehr politische Akteure aus dem rot-grün-roten Regierungslager sehen das so, auch wenn es nur hinter vorgehaltener Hand gesagt wird. Die Hoffnung auf spürbare konjunkturelle Impulse richtet sich eher auf das kommende Jahr.
Im Mai hatte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) den Fonds als politische Antwort des Senats auf die Folgen der Corona-Pandemie entworfen. Auch eine grobe inhaltliche Struktur gibt es inzwischen. Die geplanten Ausgaben sind zu mehreren Blöcken gebündelt, darunter die Rettungsschirme für angeschlagene öffentliche Betriebe wie BSAG und den Flughafen. Geplant sind zudem diverse Formen der Stützung von Privatunternehmen sowie Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur des Landes, Stichwort Digitalisierung oder Innovationsförderung.
Für unmittelbare Soforthilfen – etwa an Kleinunternehmen und Solo-Selbstständige – sind bereits gut 100 Millionen Euro geflossen. Sie wurden von den Haushältern der Bürgerschaft vorab genehmigt. Auch die Rettungsschirme für die Landes- und kommunalen Betriebe wird man mithilfe des Bremen-Fonds schnell aufblähen können. Dort dürfte insgesamt mit einem Betrag in ähnlicher Größenordnung zu rechnen sein.
Wohin aber mit dem übrigen Geld? Wie kann es sinnvoll und zugleich zügig eingesetzt werden, damit die Wirtschaft Impulse erfährt und Beschäftigung gesichert werden kann? Da wird es schon schwieriger. Eines der Probleme besteht darin, dass die senatorischen Behörden aktuell kaum fertige Projekte in der Schublade haben, die man rasch auf die Startrampe schieben könnte. Hier rächt sich nach Einschätzung von Insidern, dass die Planungskapazitäten der Behörden in den Jahren des strikten Sparkurses so stark eingedampft wurden, dass dort schon seit einiger Zeit kaum mehr als das reine Tagesgeschäft bewältigt werden kann. Problem Nummer zwei: Der gesamte Bremen-Fonds steht unter dem Vorbehalt, dass für Projekte jedweder Art vorrangig Mittel aus entsprechenden Corona-Sonderprogrammen von Bund und EU anzuzapfen sind.
Projekte müssen einen klaren Corona-Bezug haben
Landesmittel sollen nach Möglichkeit nur ergänzend eingesetzt werden. Das bedeutet aber zugleich: Im Einzelfall muss jeweils die Abstimmung mit Berlin und Brüssel gesucht werden, und das kann dauern. Als wäre das noch nicht genug, könnten innerhalb des rot-grün-roten Bündnisses durchaus noch Konflikte über die Machbarkeit einzelner Vorhaben entbrennen. Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) hat in den vergangenen Wochen auffallend häufig betont, dass alle aus dem Bremen-Fonds finanzierten Projekte einen klaren Corona-Bezug haben müssten. Nur für solche schuldenfinanzierten Ausgaben gebe es eine verfassungsmäßige Grundlage, weil ja seit Januar eigentlich ein striktes Verbot neuer Kredite gilt.
SPD und Linke wären da gern großzügiger. „Wir müssen das Geld aus dem Bremen-Fonds so ausgeben, dass es strukturstärkend wirkt“, sagt beispielsweise der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Arno Gottschalk. Soll heißen: Der Corona-Bezug muss kein unmittelbarer sein, sondern kann sich auch dadurch ergeben, dass Bremen und Bremerhaven durch bestimmte Maßnahmen gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Gottschalk denkt beispielsweise an gezielte Förderung des Forschungsschwerpunktes Künstliche Intelligenz im Umfeld der Universität, auch an die nationale Wasserstoffstrategie und einschlägige Bremer Beiträge. Kurzfristig, das räumt auch Gottschalk ein, werde man mit dem Bremen-Fonds kein Konjunkturfeuerwerk zünden können. Für das Jahr 2020 gelte: „Der Berg an Ideen ist sicherlich da, aber nicht der Berg an Konzepten, die schnell umgesetzt werden könnten.“ Gut sei deshalb, dass die noch nicht verplanten Gelder problemlos ins Haushaltsjahr 2021 übertragen werden können.
In der Tat ist der Bremen-Fonds – rein haushaltstechnisch – letztlich nur eine vom Parlament erteilte Kreditermächtigung für den Senat. Man könnte sie per Bürgerschaftsbeschluss auch im kommenden Jahr wirksam werden lassen. Doch das ist aus Sicht des CDU-Finanzexperten Jens Eckhoff nicht der Punkt. Er attestiert dem Bremen-Fonds eine inhaltliche Schlagseite. Er diene in erster Linie der Stabilisierung öffentlicher Unternehmen wie Flughafen und Messegesellschaft. „Für die Privatwirtschaft steckt da aktuell so gut wie keine Wirkung drin“, bemängelt Eckhoff. So sei vom Senat nicht einmal ernsthaft geprüft worden, die angeschlagene Jacobs University aus dem Bremen-Fonds zu unterstützen. Eckhoff: „Bei den Privatunternehmen überlässt man die Initiative dem Bund.“