Schon die Aussicht auf eine Halbierung der Unterrichtsermäßigung für ältere Lehrkräfte sorgte für geharnischte Kritik von Philologenverband und GEW. Nur noch eine Stunde weniger statt zwei, lautete die Ansage der rot-grün-roten Regierungsfraktionen für den Doppelhaushalt 2026/27. Doch nun kommt es noch heftiger als von den beiden Interessenvertretungen befürchtet. Wie Finanz- und Bildungsressort auf Nachfrage bestätigen, soll die Altersermäßigung für Lehrkräfte komplett gestrichen werden. Die Bildungsgewerkschaft GEW zeigt sich "entsetzt" über die Sparpläne des Senats.
Die GEW bezeichnet die Unterrichtsermäßigung als Maßnahme des Gesundheitsschutzes. Sinn und Zweck der Ermäßigung sei es, die schweren Belastungen des Unterrichts für ältere Lehrkräfte abzumildern. Statt durch gute Arbeitsbedingungen ältere Lehrkräfte zu einem längeren Schuldienst zu ermutigen, befördere der Senat mit dieser Entscheidung einen früheren Eintritt in den Ruhestand, sagt GEW-Landessprecherin Elke Suhr.
In Anbetracht des Fachkräftemangels sei das ein fatales Signal. Ihre Prognose: Ältere Lehrkräfte würden lieber mit weniger Geld in Rente oder Teilzeit gehen, als sich weiter den „sehr hohen Anforderungen im Klassenraum in vollem Umfang“ zu stellen. Erste Rückmeldungen aus Lehrerkreisen bestätigten das. Die wertvollen Erfahrungen dieser Lehrkräfte seien nicht so schnell zu ersetzen, so Suhr. Auch die erhofften Einsparungen sind in ihren Augen nicht garantiert. "Dadurch wird nicht nur der Fachkräftemangel erhöht, sondern auch der Druck auf die Renten- und Pensionskassen."
Im 217 Seiten langen Senatsbeschluss zur Aufstellung der beiden Haushalte 2026/27 taucht der entscheidende Passus in einer Tabelle zu strukturellen Entlastungsmaßnahmen auf. Unter Punkt 19 geht es um die "Streichung der Unterrichtsermäßigung für ältere Lehrerinnen und Lehrer". Als Einsparpotenzial wird keine konkrete Summe angegeben wie bei einigen anderen Vorhaben. Stattdessen ist von "perspektivischen Entlastungen" die Rede.
Mit dem Wegfall der Altersermäßigung nimmt Bremen eine Sonderrolle ein. Kein anderes Bundesland verzichtet auf eine verringerte Unterrichtsverpflichtung für ältere Lehrkräfte. Das geht aus einer Übersicht der Kultusministerkonferenz (KMK) für das Schuljahr 2024/25 hervor. Danach variiert die Altersermäßigung in den einzelnen Ländern zwischen einer und vier Stunden. In Nordrhein-Westfalen wird bereits 55-Jährigen eine Stunde erlassen. In Mecklenburg-Vorpommern gilt das für 57-jährige Lehrkräfte, ab dem 63. Lebensjahr steigt die Ermäßigung auf vier Unterrichtsstunden.
Die Regierungsfraktionen hatten sich in ihrem Eckwertepapier darauf verständigt, die Altersermäßigung solle "mindestens" an die Regelung in Niedersachsen angepasst werden. Im Nachbarland sinkt die Unterrichtsverpflichtung ab dem 60. Lebensjahr um eine Stunde. In Bremen sind es derzeit zwei Stunden: je eine ab dem 58. und 60. Lebensjahr.
Wie die Bildungsbehörde nochmals betont, wird das Stundendeputat – der Anteil der verpflichtenden Unterrichtsstunden – nicht angetastet. Erhöht werde allerdings die Obergrenze der Präsenzzeit in den Schulen – von 35 auf 36 Stunden pro Woche. Der Behörde zufolge dient diese Zeit zum Beispiel den vor Ort erforderlichen Vor- und Nachbereitungen sowie Aufsichten und Kooperationen mit Schulleitungen, Eltern und außerschulischen Kooperationspartnern. Die GEW lehnt diese Neuerung ab. "Wir fordern stattdessen eine flächendeckende Arbeitszeiterfassung für alle Schulbeschäftigten", sagt Suhr.