Stau, zugeparkte Gehwege und fehlender Parkraum sorgen in Bremen immer wieder für Unmut und Konflikte. Tatsächlich wird es immer voller auf den Straßen. Es gab noch nie so viele Autos wie heute, sowohl in ganz Deutschland als auch im Land Bremen. In Deutschland wurden im Januar laut Kraftfahrt-Bundesamt 49,3 Millionen private Pkw gezählt. Das ist ein historischer Rekord. Auch im Land Bremen wurde mit über 300.900 zugelassenen Pkw ein neuer Höchstwert erreicht. Einzig in der Stadt Bremen gab es erstmals einen minimalen Rückgang: 2025 wurden gut 248.000 Pkw gezählt – 87 Autos weniger als im Vorjahr.
Ob das der zarte Beginn einer Bremer Trendwende sein könnte, ist noch offen. Jedenfalls entwickelte sich die Zahl der Autos in den vergangenen 15 Jahren sowohl bundesweit als auch in der Hansestadt stets nur in eine Richtung: nach oben. Im Grunde ist die private Fahrzeugflotte beständig gestiegen, seit das Auto für eine breite Masse von Menschen erschwinglich wurde. Anfangs war der Anstieg rasant, später verlangsamte er sich. Doch auch in den vergangenen zehn Jahren kamen in der Stadt Bremen noch mal knapp 15.000 zugelassene Pkw hinzu.
Die Zahl der Autos wächst, die Stadtfläche nicht
Dabei hat sich bei den Mobilitätsangeboten zuletzt manches verändert – zum Beispiel durch E-Roller, E-Bikes und Mieträder, durch erweiterte Carsharing-Angebote und das Deutschlandticket. „Es ist schon verwunderlich, dass die Zahl der Autos nicht sinkt, obwohl Investitionen in den Ausbau von Radwegen und den ÖPNV geflossen sind und alternative Transportmittel hinzugekommen sind“, sagt Sven Uhrhan, Professor für nachhaltige Mobilität an der Hochschule Bremen. Doch es habe sich gezeigt, dass die neuen Transportmittel sich teils eher untereinander Konkurrenz gemacht hätten, anstatt den Autoverkehr zu verringern.
Uhrhan nennt mögliche Gründe für die steigende Autozahl. Zum einen verweist er auf die gewachsene Bevölkerung in Bremen. Allein seit 2008 kamen in der Stadt Bremen mehr als 38.000 Einwohner hinzu – und im selben Zeitraum 32.000 Autos. Der Stadt- und Verkehrsplaner macht deutlich, wie stark dadurch der Platzbedarf steigt: Lege man für jede Person 40 Quadratmeter Wohnfläche und für jedes Auto zwölf Quadratmeter Parkfläche zugrunde, dann komme man schnell auf enorm große zusätzlich benötigte Flächen. Doch das Stadtgebiet wächst nicht mit – es wird also voller.

Sven Uhrhan arbeitet als Professor für nachhaltige Mobilität an der Hochschule Bremen. Er plädiert dafür, die Idee der Quartiersgaragen nicht vorschnell fallen zu lassen.
Im Straßenverkehr spiegelten sich außerdem oft gesellschaftliche Veränderungen, sagt Uhrhan – zum Beispiel die zunehmende Individualisierung: „Man will und muss heute oft mehr Termine an verschiedenen Orten bewältigen – eigene Termine, Termine für die Kinder, vielleicht noch Termine für die Pflege der Eltern“, schildert der Professor. „Diese vielfältigen Anforderungen glauben viele, auch im städtischen Umfeld, nur noch mit dem Pkw bewältigen zu können.“
Die hohe Autozahl habe auch viel mit dem Wohnen zu tun, so der Professor: „Personen ab 35 wandern sehr stark ins Bremer Umland ab, weil sie keinen passenden bezahlbaren Wohnraum in der Stadt finden – sie werden dann zu Berufspendlern, von denen ein Teil ein Auto nutzt.“ Uhrhan kommt zu dem Schluss: „Wer mehr bezahlbare Wohnungen für Familien in Bremen schafft, der trägt einen wesentlichen Baustein zu einer geringeren Verkehrsbelastung durch Pkw bei.“
Wie sollen die Städte mit der wachsenden Zahl an Autos umgehen? Wann kommt eine Stadt an ihr Limit? Und lassen sich die Parkraumprobleme, mit denen Bremen ringt, angesichts dieser Autozahlen überhaupt lösen und in einen viel beschworenen „Parkfrieden“ verwandeln?
Zuletzt wurde Bremen per Gerichtsurteil verpflichtet, in gewissem Umfang gegen das aufgesetzte Parken vorzugehen. Das Gehwegparken soll jetzt eingeschränkt werden, für den Anfang zumindest in einigen Straßen, in denen die Rettungswege blockiert sind. Um Parkraum zu schaffen, wollte der Senat aber zugleich in verschiedenen Stadtteilen Quartiersgaragen bauen. Doch diese gelten nach einem Gutachten nun fast alle als zu teuer und kaum umsetzbar.
Mobilitätsforscher Uhrhahn plädiert dafür, die Idee der Quartiersgaragen nicht vorschnell fallen zu lassen. Er hält diese prinzipiell für sinnvoll. Überall dort, wo es Parkplätze unter freiem Himmel gebe, zum Beispiel vor Supermärkten, müssten im Grunde ein- oder zweistöckige Parkhäuser entstehen, meint er: „Die Zeiten ebenerdiger Parkplätze in Innenstädten sind vorbei.“ Neue Gebäude mit Parkplätzen im ersten und zweiten Stock könnten durchaus attraktiv gestaltet werden, glaubt Uhrhan – zum Beispiel mit Wohnungen, Proberäumen oder Schulräumen in der obersten Etage.