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Kein wirtschaftlicher Betrieb Gutachter halten neue Quartiersgaragen in Bremen für unrealistisch

Neue Quartiersgaragen sollten in Bremen helfen, das Problem knappen Parkraums zu lösen. Nun liegt eine Machbarkeitsstudie vor. Sie fällt ein klares Urteil.
23.05.2025, 05:00 Uhr
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Gutachter halten neue Quartiersgaragen in Bremen für unrealistisch
Von Jürgen Theiner
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In Bremens innenstadtnahen Stadtteilen werden viele Parkplätze im öffentlichen Straßenraum verschwinden, weil der Senat sein Konzept für mehr Barrierefreiheit und Sicherheit der Rettungswege etappenweise umsetzt. Ein Teil der Verluste, so hieß es bisher, könnte durch neue Quartiersgaragen mit jeweils einigen Hundert Abstellplätzen kompensiert werden.

Doch es zeigt sich: Diese Parkraumreserve war eine Illusion. Eine Machbarkeitsstudie im Auftrag von Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) hat ergeben, dass es im gesamten Stadtgebiet praktisch keinen Standort gibt, an dem die Anforderungen an einen nutzergerechten und wirtschaftlichen Betrieb einer Quartiersgarage gegeben wären. Dem WESER-KURIER liegt eine knapp 60-seitige Zusammenfassung der Expertise vor.

Wer hat das Gutachten erstellt?

Verfasserin der Studie ist die in Dortmund und Bremen ansässige Planersozietät Frehn Steinberg Partner GmbH. Die Fachleute starteten Ende 2023 mit ihrer Arbeit. Einer der ersten Schritte war die Befragung von rund 400 Bürgerinnen und Bürgern. Sie konnten Vorschläge für die Standorte sowohl von Quartiersgaragen als auch von Flächen für sogenannte Mehrfachnutzungen machen. Gemeint sind beispielsweise Supermarktparkplätze, die in Randzeiten beziehungsweise über Nacht als Parkflächen für Autos von Bewohnern der jeweiligen Stadtviertel dienen könnten. Rund 290 Vorschläge für solche Mehrfachnutzungen im gesamten Stadtgebiet gingen ein. Etwa 330 Ideen bezogen sich auf Quartiersgaragen, wobei allerdings kein Standort in Bremen-Nord dabei war.

Wie lauteten die Anforderungen?

Die Planer wollten von den Bürgern vor allem zwei Angaben: Wie weit dürfte eine Quartiersgarage von der Wohnung entfernt sein, und wie viel dürfte ein Abstellplatz im Monat kosten? Bei der Entfernung bezeichneten 20 Prozent zwei Minuten Fußweg als zumutbar, 52 Prozent nannten fünf Minuten. Weitere 19 Prozent waren bereit, bis zu zehn Minuten von der Wohnungstür bis zum Auto zu laufen, neun Prozent noch mehr. Beim Höchstwert der akzeptierten Monatsmiete ergab sich dieses Spektrum: Vier Prozent null Euro, drei Prozent bis zu zehn Euro, sechs Prozent bis 20 Euro, 20 Prozent bis 50 Euro, 21 bis 75 Euro, 19 bis 100 Euro, zwölf Prozent bis 125 Euro und 16 bis 150 Euro. Je nach Quartier ist das Bild differenziert. So gibt es etwa in der Östlichen Vorstadt eine ausgeprägtere Zahlungsbereitschaft als in Findorff.

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Was ergab die Standortprüfung?

Die allermeisten von Bürgerseite angeregten Adressen für Quartiersgaragen hielten keiner näheren Prüfung stand. Die Lage, die zur Verfügung stehende Fläche, der bauliche Aufwand, Kollisionen mit geplanten Stadtentwicklungsprojekten – meist scheiterte eine mögliche Nutzung schon im Ansatz an einem oder mehreren dieser Kriterien. Näher überprüft wurden letztlich vier Objekte: die Bahnbrache an der Hemmstraße (Findorff/Walle), das sogenannte Gewächshaus-Grundstück am Osterfeuerberger Ring in Walle sowie zwei nicht näher bezeichnete Flächen in Walle beziehungsweise in der Östlichen Vorstadt.

In allen vier Fällen zerschlugen sich die Realisierungschancen bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Beispiel Bahnbrache: Hier ermittelten Frehn Steinberg Partner für die günstigste konstruktive Lösung einer kleineren Quartiersgarage mit 140 Stellplätzen Investitionskosten von gut 3,8 Millionen Euro plus Grunderwerbskosten von 1,4 Millionen. Hieraus wurde eine monatliche Mindestmiete pro Stellplatz von 155 Euro errechnet. Die Bereitschaft, so viel zu zahlen, lag in den umgebenden Wohnquartieren bei rund fünf Prozent der Befragten.

Funktionieren Mehrfachnutzungen?

Auch für die Mehrfachnutzung von Supermarkt- oder anderen gewerblich genutzten Parkflächen sehen die Gutachter wenig Potenzial. Beispiel Neustadt: Dort wurden 14 existierende Parkflächen auf mögliche Nutzungsreserven abgeklopft – von diversen Supermärkten über die Hochschule auf dem Stadtwerder bis zum ehemaligen Hachez-Parkplatz. Bei zehn Prozent der Flächen mit insgesamt 1000 Einstellplätzen ergab sich nach fachlicher Überprüfung und Rücksprache mit den Eigentümern Aussicht auf eine zusätzliche Nutzung durch zahlende Dauerparker.

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Wie geht es weiter?

Obwohl keine der geprüften Optionen für Quartiersgaragen ohne öffentliche Subventionierung wirtschaftlich erscheint, sprechen sich die Gutachter für ein Pilotprojekt am Standort Südbad aus. Auf einer angrenzenden Parkfläche könnte dort eine Quartiersgarage beziehungsweise Parkpalette mit 140 bis 257 Abstellplätzen entstehen, je nach Variante. „Eine Realisierung mit öffentlichen Zuschüssen wäre möglich“, heißt es in der Expertise. Der Sprecher der Baubehörde, Aygün Kilincsoy, teilt die Einschätzung, dass der Bau von Quartiersgaragen durch zahlreiche Faktoren erschwert wird. Abschreiben will er dieses Instrument jedoch nicht. Er sagt: „Wir prüfen solche Optionen auch weiterhin dort, wo sie sinnvoll erscheinen.“

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