Die Grünen haben sich entschieden: Nach monatelangem Hickhack hinter verschlossenen Türen, einmal auch auf der offenen Bühne einer Landesmitgliederversammlung, soll eine Urwahl die Antwort darauf geben, wer die Partei in den nächsten Wahlkampf führt. Das ist Ergebnis einer Abstimmung im Landesvorstand. Sie war nötig geworden, weil der ursprüngliche Plan des Vorstands, ein Spitzentrio zu bilden und niemanden von den drei Kandidatinnen ausdrücklich hervorzuheben, am Widerstand der Basis gescheitert war. Zur Urwahl antreten werden Karoline Linnert, Bürgermeisterin und Finanzsenatorin, und Maike Schaefer, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bürgerschaft. Weitere Kandidaturen sind möglich, aber nicht wahrscheinlich. Die Bürgerschaftswahl findet am 26. Mai kommenden Jahres statt.
"Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Urwahl machbar ist und werden sie durchführen", erklärt Alexandra Werwath, eine der beiden Landesvorstandssprecher der Grünen. Der Vorstand habe sich vor dieser Entscheidung juristisch beraten lassen. Es ist das erste Mal, dass die Bremer Grünen eine Urwahl abhalten, sie betreten Neuland und wollten sich durch ein Rechtsgutachten auf die sichere Seite bringen.
Die Teilnehmer einer Mitgliederversammlung hatten Mitte Juni dem Landesvorstand eine herbe Niederlage beigebracht. Sie votierten mehrheitlich gegen die Empfehlung, drei Frauen als Gesamtvorschlag ins Rennen zu schicken. Neben Linnert und Schaefer war das Sozialsenatorin Anja Stahmann. Immer noch sollte es aber eine Reihenfolge geben, was nach dem Wahlrecht auch nicht anders möglich ist. Linnert hätte wieder den ersten Platz auf der Wahlliste bekommen, so wie jedes Mal seit dem Jahr 2003, als sie als Spitzenkandidatin der Bremer Grünen Premiere hatte.
Es war eine Entscheidung durch die Hintertür, was die Basis sich nicht gefallen lassen wollte. Mit dem Trio ist sie einverstanden, doch wer von den drei Frauen ganz vorne auf der Liste steht, sollte damit nicht festgelegt sein. Der Vorstand bekam den Auftrag, eine Urwahl zu prüfen. Der politische Wille war damit artikuliert, es ging im Grunde nur noch um die Frage, ob die formalen Voraussetzungen erfüllt sind.
Nun sind es alle 720 Mitglieder des Landesverbands, die darüber befinden, wer das Gesicht der Grünen im kommenden Wahljahr ist. Das letzte Wort haben freilich die Teilnehmer der zwei Wahlversammlungen, die im Dezember in Bremen und Bremerhaven stattfinden und bei denen auch über die anderen Plätze auf der Wahlliste entschieden wird. Für die hinteren Ränge wird es dann noch einmal spannend, dem Votum bei der Urwahl über die Spitzenkandidatur wird sich aber niemand widersetzen.
Geplant ist, am 9. August mit der Bewerbungsphase zu beginnen. Ihren Hut in den Ring werfen können alle Mitglieder des Landesverbands. Am 22. August veranstaltet der Landesverband ein zentrales öffentliches Urwahlforum, bei dem sich die Bewerber vorstellen können. Danach findet die Abstimmung statt. Das Ergebnis soll nach Angaben des Vorstands rechtzeitig vor den Herbstferien Ende September verkündet werden.
Schaefer und Linnert wollen antreten
Schaefer und Linnert haben erklärt, antreten zu wollen. Bei der Finanzsenatorin gab es einen Sinneswandel, sie wollte sich in ihrer Partei eigentlich keiner Kampfkandidatur stellen, tut es jetzt aber doch. Schaefer hatte sich nach eigenen Angaben bereits Anfang des Jahres dem Landesvorstand als Spitzenkandidatin angeboten, beugte sich dann aber dem Vorschlag, im Trio an den Start zu gehen, mit Linnert an der Spitze. Bei Sozialsenatorin Anja Stahmann war von vornherein klar, dass sie keine Ambitionen hat, auf der Wahlliste den ersten Platz zu besetzen. Sie spricht sich klar für Linnert als Spitzenkandidatin aus und schließt kategorisch aus, gegen sie zu kandidieren.
Beschlusslage der Partei ist, bei dem Trio zu bleiben und lediglich über den ersten Platz abstimmen zu lassen. Je nach Ausgang der Urwahl könnte sich aber eine neue Dynamik entfalten. Sollte Linnert unterliegen und auf dem zweiten Platz der Wahlliste landen, ist nicht gewiss, ob sie überhaupt noch einmal kandidieren wird. Bei Schaefer ist das anders, sie hatte mehrfach erklärt, jedes Ergebnis akzeptieren zu wollen. Eine Niederlage gegen Linnert würde bei der Fraktionsvorsitzenden also nicht dazu führen, dass sie sich komplett aus dem Rennen nimmt.