Das Geld ist da, doch die Stellen sind nach wie vor unbesetzt. Anders als angekündigt, sind knapp 20 Lehrerstellen, die Schulen mit besonderen Herausforderungen entlasten sollten, bisher nicht vergeben worden. Das kritisieren nun vor allem die Gewerkschaft für Wissen und Erziehung (GEW) und die Linken und erwarten von Bremens Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) schnelles Handeln.
Seit Beginn des Jahres stehen laut Haushaltsbeschluss von Dezember für Bremen zusätzliche Stunden für Schulen in armen Stadtteilen zur Verfügung. Im Herbst vergangenen Jahres verständigte sich die Senatorin unter anderem mit der GEW darüber, Brennpunktschulen sogenannte Entlastungsstunden zuzuweisen. Im Haushalt sind für diese Maßnahmen insgesamt 19,6 zusätzliche Stellen für die Stadtgemeinde Bremen und 4,9 weitere Stellen für Bremerhaven eingestellt.
Wegen der schlechten Ergebnisse für Bremen in der IQB-Grundschulstudie sollten weitere Entlastungen unter anderem durch eine zusätzliche Mathestunde erfolgen. „’Pakt zur Verbesserung der Bildungsqualität' nannte die Senatorin dieses sowieso schon unzureichende ‚Entlastungs-Paket’, aber wie lange sollen die Kollegen vor Ort denn mit dem Auspacken dieses Päckchens noch warten?“, fragt sich GEW-Vorstandssprecher Christian Gloede.
Noch im Dezember war der Senat davon ausgegangen, die Stellen zum neuen Halbjahr Anfang Februar zur Verfügung zu stellen. Doch nun könnte es auch August werden. Das verärgert besonders Kristina Vogt, Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion: "Der Senat hatte mit einer gezielten Entlastung an besonders geforderten Schulen eine richtige Idee aufgegriffen und es ist bitter, dass diese nun nicht unverzüglich umgesetzt wird", sagt sie. "Das ist das falsche Signal für Lehrkräfte, die seit Jahren an der Grenze der Belastbarkeit operieren.“
Dass es zu dieser Verzögerung kommt, begründet Claudia Bogedan damit, dass sich die Behörde erst auf Kriterien einigen müsste, nach denen die Schulen entsprechende Entlastungsstunden zugeteilt bekämen. Nach Einschätzung des Ressorts reicht der bisherige Sozialindikator bei der Frage der Zuteilung nicht aus. Weitere Kriterien wie die Vorkursquote, oder der vorschulische Sprachförderbedarf werden deshalb geprüft.
Mit welchen Parametern man nun genau plant, darauf antwortete die Bildungssenatorin in der Bürgerschaft am Donnerstag ausweichend. „Sie müssen nachvollziehbar, transparent und dürfen nicht anfällig für Manipulationen sein. Da sind wir auf bestimmte Umsetzungsschwierigkeiten gestoßen.“ Aufgrund der fachlichen Debatte dauere die Verteilung der Ressourcen länger, als sie es sich gewünscht hätte, räumte Bogedan in der Fragestunde ein.
Auch am Freitag sah sich die Bildungsbehörde nicht in der Lage, auf die Fragen des WESER-KURIER zu antworten, wann diese Debatte voraussichtlich abgeschlossen sein wird und die Schulen mit den neuen Ressourcen planen können.
An den Brennpunktschulen selbst herrscht deshalb Verunsicherung, wie ein Lehrer einer solchen Schule in Osterholz-Tenever berichtet. Dort werde aufgrund von Krankheitsfällen und Schwangerschaft dringend Personal benötigt. „In die Stundenpläne fürs kommende Halbjahr konnte jedoch keine Entlastung eingeplant werden, weil wir von nichts wissen“, berichtet der Pädagoge. „Ich glaube nicht, dass sich das nachträglich noch so einfach einarbeiten lässt. Ich kann ja nicht einfach meinen Fachunterricht abgeben. Überhaupt wissen wir noch gar nicht, wie das überhaupt funktionieren soll.“
Kristina Vogt von den Linken fordert, dass der Senat noch zum kommenden Schulhalbjahr handeln muss: „Die zusätzlichen Referendarinnen und Referendare führen dazu, dass wieder etwas Luft im System ist. Die Gewährung der Entlastung wäre also möglich." Ähnlich beurteilen das auch die anderen Fraktionen. "Tiefgreifende Veränderungen und steigende Herausforderungen für die Schulen erfordern einfach zügigere und effektivere Reaktionen", sagt Thomas vom Bruch, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Diese Langsamkeit lähme auch die Umsetzung des Ganztages. Besonders in bestimmten Stadtteilen seien viele Lehrkräfte mittlerweile an ihre Grenzen gestoßen, meint Julie Kohlrauch von der FDP.
„Wie bereits angekündigt, wollen wir eine Verteilung der Mittel, die besser die Lage der Schulen und die Zusammensetzung der Schülerschaft abbildet“, sagt Mustafa Güngör, bildungspolitischer Sprecher der SPD. Er kündigte an, dass die die Behörde noch bis Ende des Monats die Schulen informieren wolle. Dass die Behörde schon früher an Verteilungskriterien hätte arbeiten müssen, sagt der Grünen-Bildungspolitiker Matthias Güldner. „Da das Vorhaben der Stundenentlastung für Lehrerinnen und Lehrer länger bekannt war, wäre die vorsorgliche Erarbeitung eines Verteilungsschlüssels angezeigt gewesen.“ Für den Fall, dass eine Berücksichtigung der Schulen tatsächlich erst zum neuen Schuljahr erfolgt, müsse sichergestellt sein, dass die bis dahin nicht verausgabten Mittel vollständig für den bewilligten Zweck eingesetzt werden. „Das kann durch Erweiterung der Zahl der bedachten Schulen oder durch die Erhöhung des Umfangs der Entlastung pro Schule erfolgen“, sagt er.