Gedämpfte Hühnerfüße oder Rinderpansen? Ich bin hin- und hergerissen. Beides klingt spannend. Aber ich fürchte, Füße sind mir dann doch ein Level zu hoch und entscheide mich für Pansen. Ein Blick zu meinen beiden Gastgebern zeigt zufriedene Gesichter. „Deutsche trauen sich normalerweise nicht, authentische Gerichte zu probieren“, bemerkt Simon Frank und kritisiert, dass viele „immer nur Ente süß-sauer oder Bratnudeln“ bestellen. Eine Angewohnheit, die der 36-Jährige allerdings selbst lange kannte. Bis er sich in eine Chinesin verliebte, mit der sich alles ändern sollte.
Sie führte ihn in ihre Familie ein, in der viele in der Gastronomie arbeiten, und eröffnete ihm durch Reisen in ihre Heimat eine vollkommen neue Geschmackswelt. Er brannte fortan für eine Idee, deren Möglichkeit zur Realisierung sich im letzten Jahr ganz plötzlich ergab. Ihnen wurde das ehemalige Stadtwirt angeboten.
„Es war Liebe auf den ersten Blick“, erinnert der Bruder seiner Freundin, Hendrik Kuo, den schicksalhaften Moment. Als ihnen das historische Gemäuer des St.-Katharinenklosters vorgeführt wurde, war beiden sofort klar, dass hier ihr „Soulm8“ entstehen sollte: ein Restaurant, bei dem die Gerichte als kleine Häppchen im sogenannten „Tapas Style“ angeboten werden, die zum gemeinsamen Probieren und Teilen mit Freunden oder der Familie einladen sollen. Oder neugierigen Testern wie mir.
So wählen wir von den Dimsums neben Pansen (4,80 Euro) die frittierten Krabbentaschen (vier Stück für 4,50 Euro). Bei letzterer sind wir uns einig, dass sie ein absolutes Probiermuss sind. „Krosser Teig, darin ganze Garnelen, zusammen mit der Cocktail-Lauch-Soße top“, ist Kuo sichtlich zufrieden. Dito hier – finito jedoch beim glibberigen Pansen, dem ich weniger als nichts abgewinnen kann. Ein Gastgeber sieht es leicht anders: „Einfach geil“, urteil Frank, und präzisiert: „Ich mag die weiche Konsistenz, und dadurch, dass es viel Oberfläche hat, nimmt es viel von der öligen Chili-Soße auf.“ Bewundernswert.
Probiert und empfohlen: Als nächste Tapa probieren wir den chinesischen Klassiker „Disanxian“ (6,00 Euro). Was übersetzt „drei Schätze aus der Erde“ bedeutet, meint de facto Kartoffeln, Auberginen und Paprika. Ich ahne, dass das knackige Wok-Gemüse eine „schöne chinesische Ratatouille-Variante“ sein könnte, wie Kuo sie beschreibt. Doch die Schätze liegen so hoffnungslos unter der dominanten Austernsauce begraben, dass eine Bergung unmöglich scheint. Schade.
Nun gibt es Ente süß-sauer, wie man sie von 0815-Imbissen kennt. TK-Ware, mit undefinierbaren Soßen und im Geschmack so weit standardisiert, dass sogar das Qualitätsmanagement von McDonald’s vor Neid erblassen müsste. Und dann gibt es Ente, wo allein die Deklaration des Gerichts höhere, ja überhaupt Hoffnungen weckt. So ein Fall ist diese halbe Ente mit Soja- und Hoisinsoße (17,90 Euro). Jene Hoffnungen werden vom Anblick des Tellers getragen – dort thront die in Tranchen aufgefächerte Ente nämlich königlich auf einem Beet von blanchiertem Pak Choi – und beim Probieren erfüllt. Das schmeckt eindeutig anders.
„Bei der Zubereitung orientieren wir uns an der Peking-Ente“, klärt Frank auf. Erst werde die im Ganzen gekaufte Ente getrocknet, dann folge eine Glasur mit Sojamarinade, eine zweite Trockenphase, bis sie schließlich im Ofen gebacken werde. „Und bevor sie serviert wird, frittieren wir sie noch mal kross“, grinst Frank. Während für ihn klar ist, dass diese Ente eine zehn von zehn ist, bin ich unschlüssig, wie viel ich abziehen soll. Denn so sehr man sich auch an der knusprigen Haut laben und das Fleisch mit der süßlichen Soße veredeln kann, in Natura ist mir die am Knochen servierte, zart zu erwartende Ente leider zu durchgegart. Knackig und frisch trumpfen hingegen der Pak-Choi und der on top bestellte Wasserspinat aus dem Wok (6,00 Euro) auf, der wie eine Kreuzung aus Lauchzwiebeln und Spargel schmeckt. Interessant – und wieder um eine Erfahrung reicher.
Weitere Informationen
Soulm8, Katharinenklosterhof 7, 28195 Bremen. Telefon 04 21 / 33 00 79 04. Öffnungszeiten: Montag bis Sonnabend jeweils von 11.30 bis 15 Uhr sowie von 17 bis 22 Uhr, Sonntag geschlossen. www.soulm8.de . Barrierefrei.