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Neue Corona-Variante Bremer Virologe fordert angepassten Impfstoff gegen Omikron

Gegen Omikron, die jüngste Variante von Corona, hilft die doppelte Impfung nur bedingt. Fachleute empfehlen deshalb dringend, sich boostern zu lassen. Außerdem soll ein neuer Impfstoff entwickelt werden.
09.12.2021, 14:58 Uhr
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Bremer Virologe fordert angepassten Impfstoff gegen Omikron
Von Jürgen Hinrichs
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Erste Labor-Untersuchungen zur Wirkung von Corona-Impfstoffen gegen die neue Corona-Variante Omikron deuten auf eine vergleichsweise schwache Abwehrreaktion hin. Die Unternehmen Biontech und Pfizer teilten am Mittwoch mit, dass vorläufigen Ergebnissen zufolge zwei Dosen ihres Impfstoffs nicht ausreichend vor einer Infektion mit der kürzlich entdeckten Variante schützten. Nötig sei deshalb eine dritte Impfung, die sogenannte Booster-Dosis. Der Bremer Virologe Andreas Dotzauer bestätigt diese Einschätzung: "Omikron scheint den bisherigen Impfstoffen stärker zu entkommen." Deshalb sei es neben der Booster-Impfung sinnvoll, ein angepasstes Vakzin zu entwickeln. Allerdings müsse man mit Prognosen zu Omikron bei der schwachen Datenlage vorsichtig sein: "Es ist ja noch nicht einmal sicher, ob sich die Variante durchsetzt", so Dotzauer.

Wie belastbar sind die Erkenntnisse?

Um die Wirkung eines Impfstoffs zu untersuchen, machen Forscher in der Regel Neutralisationstests: Wie viele Antikörper hat ein Geimpfter im Blut, die an die Virusvariante andocken können und sie damit ausschalten? Der tatsächliche Schutz von Geimpften kann damit aber nicht bestimmt werden, dafür werden klinische Studien mit Tausenden Probanden oder Auswertungen des laufenden Infektionsgeschehens benötigt. Dotzauer spricht deshalb von Tendenzen, nicht von Gewissheiten: "Omikron hat sicherlich das Potenzial, die beherrschende Variante zu werden. Mehr zu sagen, wäre ins Blaue gesprochen."

Der Immunologe Carsten Watzl weist darauf hin, dass auch die neutralisierenden Antikörper von bereits Geimpften in der Lage seien, Omikron zu binden und zu neutralisieren. "Die Impfungen sind also nicht nutzlos", kommentiert der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie die jüngsten Testergebnisse. Er schickt ein Aber hinterher: „Man braucht deutlich höhere Antikörperspiegel, um Omikron erfolgreich zu neutralisieren – ungefähr 40-fach mehr.“

Christian Drosten nimmt dieses Aber auf: „Es sieht nicht gut aus für zweifach Geimpfte. Dritte Dosis nötig“, twittert der Virologe von der Berliner Charité. Drosten geht davon aus, dass Omikron in Deutschland ab Januar Probleme verursachen werde. Wahrscheinlich werde die Variante die Anpassung der vorhandenen Impfstoffe nötig machen.

Wann kommt der neue Impfstoff?

Biontech und Pfizer haben bereits damit begonnen, eine an die Omikron-Variante angepasste Version ihres Impfstoffs zu entwickeln. Diese Arbeiten würden fortgesetzt, erste Chargen könnten produziert und bei Genehmigung durch die Behörden innerhalb von 100 Tagen ausgeliefert werden, hieß es von den Unternehmen am Mittwoch. Bei Bedarf könne ab März ein angepasster Impfstoff bereitgestellt werden. Die erwarteten Produktionsmengen von vier Milliarden Dosen des Impfstoffs im Jahr 2022 würden sich auch bei einer nötigen Anpassung nicht ändern.

Aus Sicht des Bremer Virologen ist der neue Impfstoff aus drei Gründen notwendig: "Omikron ist infektiöser als die Delta-Variante, umgeht teilweise die bisherigen Impfstoffe und könnte selbst bei jungen Menschen nach doppelter Impfung zu schweren Erkrankungen führen", erklärt Dotzauer. Mit jedem Umlauf des Virus vermehrten sich die Mutationen. Das mache Corona einerseits gefährlicher, wenn sich die Mutanten gegenseitig zu insgesamt besseren Eigenschaften begünstigten. Andererseits bestehe aber auch die Möglichkeit, dass sie sich zum Teil neutralisierten. So oder so: "Das Gebot der Stunde heißt Impfen. Jeder Mensch sollte ein so hohes Antikörper-Volumen wie möglich in sich tragen."

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Was ist der Stand bei den Impfungen?

In Deutschland haben mittlerweile 15,6 Millionen Menschen eine zusätzliche Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus erhalten. Das entspricht 18,7 Prozent der Gesamtbevölkerung, wie aus den Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Mittwoch hervorgeht. Demnach sind allein am Dienstag 833.000 Auffrischungs-Impfungen gegen das Corona-Virus verabreicht worden. Insgesamt gab es am Dienstag 973.000 Impfungen gegen das Virus.

Ärzteverbände beklagen nach wie vor einen Mangel an Verlässlichkeit bei der Lieferung von Corona-Impfstoffen. „Bei diesem Tempo ist das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten zwar nicht völlig unrealistisch“, sagt Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Der Fortschritt werde aber von der Politik ausgebremst. Für die Impfungen in dieser Woche hätten Vertrags- und Betriebsärzte sowie der öffentliche Gesundheitsdienst insgesamt rund 6,5 Millionen Dosen Biontech bestellt. „Geliefert werden aber wohl nur 2,9 Millionen Dosen und damit weniger als die Hälfte.“

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Um die Corona-Impfungen zu beschleunigen, hat der Bund nach eigenen Angaben drei Millionen zusätzliche Impfdosen von Biontech organisiert, die andere EU-Staaten aktuell nicht benötigen. Sie sollen in dieser und zu Beginn der kommenden Woche den Ländern für die Impfzentren zur Verfügung gestellt werden, wie aus einem Bericht des früheren Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) an seine Länderkollegen hervorgeht. Auch über den Großhandel sollen demnach mehr Biontech-Dosen an Praxen gehen. Insgesamt soll der Bund damit in der Woche vom 13. Dezember acht Millionen Dosen Biontech und mehr als zehn Millionen Dosen von Moderna für Auffrischungs-Impfungen ausliefern.

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