Bremen verschärft das Wohnungsaufsichtsgesetz. Das Ordnungsamt als zuständige Behörde bekommt erstmals die Möglichkeit, einem Vermieter oder auch einer Wohnungsverwaltung die Zuständigkeit für eine Immobilie zu entziehen. Das übernimmt dann ein Treuhänder, also zum Beispiel eine von der Stadt beauftragte Wohnungsverwaltung. Das soll immer dann möglich werden, wenn – wie es im Gesetz heißt – "Verwahrlosung vorliegt oder ein Missstand oder eine konkrete Gefährdung gesunder Wohnverhältnisse besteht" und keine Abhilfe durch den Eigentümer erkennbar ist.
Beschlossen wurde das an diesem Mittwoch in der ersten Lesung in der Bürgerschaft. Die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken hatten einen entsprechenden Gesetzentwurf als Dringlichkeitsantrag vorgelegt. Dem stimmte auch die CDU-Fraktion zu, nicht aber die Abgeordnetengruppe um Frank Magnitz (AfD) sowie die FDP. Magnus Buhlert (FDP) bezeichnete das Gesetz als Generalverdacht gegen die übergroße Mehrheit der Vermieter, die sich völlig korrekt verhielten.
Wieso wird das Gesetz jetzt plötzlich verschärft?
Die neuen Regelungen sind eine unmittelbare Reaktion auf die zeitweise Sperrung der Gasversorgung im Stubu-Gebäude am Rembertiring. Von Mitte Januar bis Mitte Februar konnten 26 Mieter über der ehemaligen Diskothek nicht mehr ihre Wohnungen heizen, weil ihr Vermieter zwar die Nebenkosten kassiert hatte, aber keine Zahlungen an die SWB weitergeleitet hatte. Nach diversen Fristsetzungen hatte die SWB schließlich am 16. Januar die Versorgung eingestellt und die betroffenen Bewohner nur einige Tage davor über Aushänge im Hausflur informiert.
Wie sieht es aktuell beim Stubu-Gebäude aus?
Bis heute wurde die offene Rechnung über einen fünfstelligen Betrag nicht beglichen. Der Eigentümer ist abgetaucht. Dass die Heizung trotzdem seit rund vier Wochen wieder läuft, hat die beim Ordnungsamt angesiedelte Wohnungsaufsicht veranlasst. Sie ist gegenüber dem Vermieter in die sogenannte Vorleistung gegangen und übernimmt seit 24. Februar die Kosten bis zum Ende der Heizperiode. Während der zuvor laufenden Gassperre hat das Ordnungsamt in Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde Heizlüfter und elektrische Heizungen an die Mieter verteilt. Eigens installierte Strommessgeräte haben den dadurch entstehenden Mehrverbrauch der Mieter dokumentiert. Die Kosten, um Heizungsanlage und Gasversorgung wieder in Betrieb zu nehmen, wollte die Behörde dagegen zunächst nicht übernehmen. Erst als auch bei Strom und Wasser Sperren drohten und der Vermieter weiterhin nicht reagierte, wurde zugunsten der Mieter neu entschieden. Unmittelbar an diesem Mittwoch wurden laut Staatsrat Olaf Bull (SPD) darum alle weiteren Sperren per behördlicher Verfügung an die SWB abgewendet.
Muss der Eigentümer dann nichts mehr zahlen?
Die Kosten für alle Ersatzmaßnahmen muss am Ende vollständig der Vermieter übernehmen - zusätzlich zu den weiterhin unbeglichenen alten Rechnungen. Laut Bull hat das Ordnungsamt ebenfalls an diesem Mittwoch einen ersten Kostenbescheid zur verantwortlichen Firma in Münster abgesendet. Darin werden zunächst die Überprüfung der Elektrik, der Kauf von Stromzwischenzählern für die elektrischen Heizgeräte sowie die Wiederinbetriebnahme der zentralen Heizungsanlage in Rechnung gestellt.
Welche Möglichkeiten hat die Stadt, das Geld einzutreiben?
Vollstreckt werden soll das im üblichen Zwangsverfahren der zuständigen Landeshauptkasse, dass unter anderem Pfändungen und den Einsatz von Gerichtsvollziehern vorsieht. Falls damit nichts erreicht wird, werde laut Innenressort eine Eintragung der Schulden als Belastung der Immobile im Grundbuch möglich. Das Wohnungsaufsichtsgesetz gibt der Behörde diese Möglichkeit bereits. Weil damit aber die Mittel ausgeschöpft sind, soll es bei künftigen Fällen dieser Art an dieser Stelle nun möglich werden, dem Vermieter die Verwaltung seiner Immobilie zu entziehen.
Können die Versorger bei offenen Rechnungen weiterhin die Leitungen sperren?
Dieses Recht bleibt unberührt, aber Versorgungsunternehmen werden künftig verpflichtet, bei einer drohenden Sperre die Behörde zu informieren, sofern es sich bei dem betroffenen Kunden um einen "Verfügungsberechtigten" handelt, also der säumige Zahler die Immobilie nicht bewohnt, aber besitzt und/oder verwaltet. Dadurch will die Stadt früher handeln können, damit es im besten Fall gar nicht erst zu Versorgungssperren kommt. Bislang fehlte den Versorgern für eine solche Weitergabe von Informationen aus einem direkten Vertragsverhältnis die Rechtsgrundlage. Die ist laut Datenschutzgrundverordnung zwingend erforderlich und durch die Gesetzesänderung demnächst vorhanden.