Während die Wellen der Nordsee nur wenige Meter entfernt gegen die Kaimauern schlagen, herrscht im Zoo am Meer in Bremerhaven ungewöhnliche Betriebsamkeit. Es ist kein normaler Tag für die Tierpfleger und ihre Schützlinge – für Eisbären, Seebären, Pinguine, Schlangen und Kaiserschnurrbarttamarine ist Anfang Januar Zähltag. Wie steht es um die Schützlinge des Zoos?

Eisbärdame Anna streckt sich der Mayonnaise entgegen, die in Form von Zahlen an die Felswand gestrichen wurde.
Die Inventur beginnt bei den Eisbären. "Mayo ist die Lösung für alles und unsere Wunderwaffe", weiß Fabian Müller-Trefzer, er ist seit Oktober 2024 Tierarzt und Kurator des Zoos. Das Gehege der Eisbären ist zunächst noch leer, an einer Felswand sind Zahlen bis 2,60 Meter mit Mayonnaise an die Wand geschrieben. "Sie dürfen das nicht in Mengen essen, aber so bekommt man sie am besten von A nach B", erklärt er. Die Eisbärdamen Anna und Elsa nehmen schnell Witterung auf. Zunächst werden die tieferen Zahlen abgeschleckt, ehe sie sich nach den größeren Zahlen recken. Müller-Trefzer verkündet das Ergebnis: "Elsa ist 2,50 Meter groß. Anna hat ein wenig geschummelt, weil sie auf einem kleinen Felsen stand, aber sie ist 2,65 Meter groß."
Im Nachbargehege wohnen Polarfüchse, daneben die Seehunde. Sie sind bereits durch den Prozess der Inventur gelaufen. Als Nächstes sind die amerikanischen Seebären an der Reihe. Die Tierpflegerinnen Natalie Franken und Carmen Gürster motivieren den Zuchtbullen Nelson und die Seebärdame Poca mittels Trainingsstab und Fisch. Nelson ist zuerst an der Reihe, bekommt seine Hinterflossen allerdings nicht ganz auf die Waage. "70 Kilo", schätzt der Veterinär. Die Seebärdame Poca bringt 61,7 Kilogramm auf die Waage. Um die Größe der Robben zu messen, wird ein Zollstock an der Glasscheibe des Geheges fixiert. Franken hebt den Trainingsstab, Nelson reckt sich und stupst mit der Nase dagegen. Der Bulle ist mit seinen 1,65 Metern größer als seine Mutter, die 1,40 Meter misst.

Die Pflegerinnen Natalie Franken und Carmen Gürster (v.li.) bringen den Bullen Nelson mittels Fisch und Stab auf die Waage.
Insgesamt 28.000 Kilogramm Fisch wurde im Zoo am Meer 2024 verfüttert. Auf dem Speiseplan stehen abwechselnd Makrele, Hering, Sprotte, Lodde und Rotfedern. Zu den Fisch-Fans gehören auch die Humboldtpinguine. 22 davon leben im Zoo am Meer, unter ihnen das Pärchen Walter und Kringel. Sie werden beherzt von der Tierpflegerin Natalie Franken hochgehoben und in einen orangenen Eimer gesteckt. Das Ergebnis: Walter bringt 5,6 Kilogramm auf die Waage, seine Partnerin Kringel 3,9 Kilogramm.

Auch die Pinguine mussten im Rahmen der Inventur gewogen und gemessen werden. Ein beherzter Griff der Pflegerin und schon fand sich der Humboldtpinguin Walter in einem orangenen Eimer wieder.
Die Kaiserschnurrbarttamarine leben zu sechst in ihrer Zuflucht. "Es sind zwei Mütter mit ihren jeweils zwei Jungtieren", sagt Tierpfleger Timo Langel. Er stellt eine Waage auf dem Boden ab und versucht, die kleinen Äffchen dorthin zu locken. "Sie sind Baumbewohnende und halten sich ungern auf dem Boden auf", kommentiert der Tierarzt. Genau das sollen sie im Rahmen der Inventur jetzt allerdings tun. Im Austausch für einen Snack lassen sich Naheli und Cusco kurz auf der Waage nieder. "Cusco wiegt 460 Gramm, Naheli 430 Gramm", verkündet Müller-Trefzer.

Die Kaiserschnurrbarttamarine sind Baumbewohner und halten sich ungern auf dem Boden auf. Mit einem Snack kann Naheli jedoch überredet werden.
Vorbei an Eichhörnchen und Schnee-Eulen in Richtung Aquarium. Zuletzt werden die Königsphyten gewogen und gemessen. Die Namen der Schlangen sind inspiriert von dem Star-Wars-Universum: Luke, Jabba und Leia. Ihre Pfleger Olaf Mertes und Tamara Gebsattel nehmen jedes Tier einzeln auf. Gewogen wird in einer Schüssel, das Ausmessen gestaltet sich anders als üblich: Statt die Schlange in die Länge zu ziehen, nutzt Mertens ein Seil und windet es am Körper entlang. "Man kann sich vorstellen, was sie für eine Kraft in ihrer Muskulatur haben", sagt Mertens. Insgesamt ist jede Schlange einige Zentimeter gewachsen und hat an Gewicht zugenommen.

Die Königspythen werden von den Pflegern Olaf Mertes und Tamara Gebsattel mithilfe einer Schnur gemessen.
"Den Tieren in Bremerhaven geht es supergut", resümiert Zoodirektorin Heike Kück. Müller-Trefzer ist ebenfalls zufrieden mit den Ergebnissen. "Es gab keine Überraschungen", sagt er. Im Anschluss an die Inventur werden die Zahlen in eine weltweite Datenbank eingespeist sowie an die Behörden weitergegeben,

Der Tierarzt und Kurator des Zoos am Meer: Fabian Müller-Trefzer.