Rosa ist die neue Farbe im Impfzentrum am Brill: Sie steht für die Impfung mit dem Vakzin des US-Herstellers Novavax. Rosa sind die Schalen, in denen die Spritzen in die Kabinen gebracht werden. Und rosa sind die Klemmbretter, an denen Impfbogen und -pass befestigt sind. Blau und Rot sind vergeben, für Biontech und Moderna. Auch gelb gibt es bereits: für den Moderna-Booster mit der halben Dosis Impfstoff. Das Farbschema soll verhindern, dass es zu Verwechslungen bei den Impfstoffen kommt.
Martina Zongos sitzt vor Kabine C3, das rosafarbene Klemmbrett auf den Knien. Sie ist an diesem Dienstagvormittag die Erste, die im Impfzentrum auf ihre Spritze mit dem Novavax-Impfstoff wartet. Anders als bei den Vakzinen von Biontech oder Moderna handelt es sich um einen Proteinimpfstoff. Die Hoffnung ist, dass das neue Mittel eine Alternative für Menschen ist, die die anderen Impfstoffe abgelehnt haben.
Warum sie sich bislang nicht hat impfen lassen? "Weil ich insbesondere den mRNA-Impfstoffen gegenüber skeptisch bin", sagt sie. Gemeint sind die Vakzine "Comirnaty" von Biontech und "Spikevax" von Moderna. "Bei diesen Impfstoffen habe ich ein schlechtes Bauchgefühl. Es gibt auch Impfdurchbrüche – also Infektionen trotz Impfung." Notgedrungen lasse sie sich jetzt mit Novavax impfen, auch, weil sie die Impfung für die Arbeit benötige, sagt die Intensiv-Krankenschwester.
Zu solchen Durchbrüchen könne es bei fast jedem Impfstoff kommen, erklärte Sebastian Springer, Professor für Zellbiologie an der Jacobs University Bremen (JUB), im WESER-KURIER. "Es gibt generell nur ganz wenige Impfstoffe, die zu 100 Prozent gegen schwere Verläufe schützen." Impfstoffe seien nicht in erster Linie dazu gedacht, Infektionen komplett zu vermeiden. Durch sie werde aber bei einer Infektion der Verlauf der Erkrankung erheblich abgemildert und zudem die Ansteckungsgefahr gesenkt, die vom Infizierten ausgehe, betonte der Wissenschaftler.
"Der Schutz vor einer symptomatischen Infektion wird vom Hersteller Novavax mit 90 Prozent angegeben", sagt Kay Bultmann, ärztlicher Leiter der Bremer Impfkampagne. 12.000 Dosen hat das Land Bremen am Freitag erhalten, 4200 davon sind für Bremerhaven vorgesehen. Anfang Februar hatte die Gesundheitsbehörde eine Registrierungsliste für die Novavax eingerichtet, Stand Dienstag gab es etwa 750 Anmeldungen. Der Ansturm bleibt zunächst aus. 250 Impfungen sollten am ersten Tag verabreicht werden.
Drei Kabinen – C1 bis C3 – sind für die Novavax-Impfungen im Zentrum am Brill reserviert. "Zunächst wird nur an diesem Standort damit geimpft, immer dienstags und donnerstags", sagt Bultmann. Perspektivisch sollen auch mobile Teams und Impftrucks hinzukommen. "Weil es sich um einen neuen Impfstoff handelt, wollen wir aber erst einmal im Impfzentrum anfangen." Ursprünglich war geplant, den Impfstoff vorrangig Beschäftigten aus Gesundheitsberufen anzubieten, davon ist Bremen ebenso wie Niedersachsen abgerückt. "Wir haben genug Novavax-Impfstoff", sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Eine weitere Bestellung sei zunächst nicht vorgesehen. Von den 12.000 Dosen werde die Hälfte für Zweitimpfungen zurückgestellt. Bis Ende Juni sind sie haltbar.
Die nächste rosa Schale mit Novavax-Spritze wird gebracht. Jutta Bernhardt ist mit ihrem Ehemann ins Impfzentrum gekommen. Am Morgen habe sie befürchtet, dass er vielleicht doch noch zurückzieht. Sie habe viel gelesen über mRNA-Impfstoffe, und sie habe große Bedenken. "Aber jeden Tag zum Testen, das ist zu aufwendig. Ohne Impfung ist man sehr eingeschränkt, man kann nicht in den Urlaub ins Ausland, auch das Essengehen ist schwierig", sagt die Mitarbeiterin einer Kita-Küche. "Deshalb lassen wir uns jetzt impfen."
Auch in Ländern wie Hamburg, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein ist die Nachfrage zum Novavax-Start laut Medienberichten überschaubar. Am 15. März tritt bundesweit die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft: Beschäftigte in Kliniken, Pflegeheimen und anderen Einrichtungen im Gesundheitsbereich müssen nachweisen, dass sie vollständig geimpft sind – ansonsten droht ihnen ein Tätigkeitsverbot. Laut Fuhrmann werde derzeit verstärkt bei Beschäftigten in Pflegeheimen für Impfungen geworben. "Wir hoffen, an den wichtigen Stellen Lücken schließen zu können." Nach jüngsten Zahlen der Behörde waren Ende Januar in den 86 stationären Pflegeheimen insgesamt 88 Prozent der Beschäftigten geimpft. In drei Heimen lag die Quote unter 50 Prozent – in einem davon zwischen 31 und 40 Prozent.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte sich Anfang Februar für den Einsatz des neuen Impfstoffs für Menschen ab 18 Jahren ausgesprochen. Novavax ist seit Ende Dezember in der EU zugelassen. Zur Grundimmunisierung soll der Impfstoff mit zwei Dosen im Abstand von mindestens drei Wochen bei volljährigen Menschen eingesetzt werden. Für Schwangere und Stillende wird er aktuell nicht empfohlen.