Herr Würger, was ist zu beachten, wenn man sich privat eine Drohne anschaffen möchte?
Man muss überlegen, was für ein Gerät es sein soll. Laut der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung sind Drohnen versicherungspflichtig. Dabei muss die Haftpflichtversicherung auch entstandene Schäden übernehmen.
Und dann kann es schon losgehen?
Theoretisch ja. Man muss jedoch wissen, was erlaubt ist und was nicht.
Das wäre?
Der Luftraum ist frei nutzbar, sofern nicht durch Verordnungen eingeschränkt.
Klingt, als gebe es eine Menge solcher Verordnungen.
Die Drohne darf maximal hundert Meter hoch fliegen. Sie muss mindestens einhundert Meter Abstand von Bahnanlagen, Autobahnen, Bundeswasserstraßen und Menschenansammlungen halten. Sie darf nicht in der Nähe von Industrieanlagen fliegen, nicht an Gefängnissen oder Kraftwerken. Der Aufstieg in sogenannten Restricted Areas, das sind Gebiete mit Flugbeschränkungen, beispielsweise in Tieffluggebieten für Militärflugzeugen, ist verboten. In Kontrollzonen um Flughäfen darf man nur 50 Meter aufsteigen. In weniger als 1,5 Kilometer von den Grenzen des Flughafens ist ein Aufsteigen nicht erlaubt.
Was für Strafen gibt es bei Verstößen?
Das bewegt sich zwischen Geldstrafen und Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren. Manchmal können es sogar bis zu fünf Jahre werden.
Darf ich denn in meinem Garten ohne Weiteres fliegen?
Ja, als Mieter oder Eigentümer dürfen sie über dem eigenen Grundstück fliegen. Nur Bilder der Nachbargrundstücke sind nicht erlaubt. Maximal dürfen sie 100 Meter aufsteigen.
Gibt es denn Ausnahmegenehmigungen?
Ja, für viele Bereiche. Mit Genehmigung kann man näher an Autobahnen, Schifffahrtswege oder Bahnanlagen heran oder höher als hundert Meter fliegen.
Wie erhält man diese Genehmigungen?
Bei den zuständigen Behörden werden die Geräte begutachtet und eventuell wird die Genehmigung erteilt. Es gibt auch Genehmigungen, die es erlauben näher an Wasserstraßen oder Autobahnen zu fliegen. Die meisten Genehmigungen muss man bei der zuständigen Landesluftfahrtbehörde schriftlich beantragen.
Trotzdem ist eine noch ganze Menge zu beachten.
Ich rate allen Menschen, die eine Drohne fliegen wollen, einen Lehrgang zu machen. Nicht nur, um sich der Risiken bewusst zu sein, sondern auch, um die Handhabung zu lernen. Viele kommen zu uns, nachdem sie den ersten Crash gebaut haben und die Reparatur ihrer Drohne bezahlen mussten.
Ist der Lehrgang verpflichtend?
Der Lehrgang nicht, er ist empfehlenswert. Betreiber von Geräten über zwei Kilogramm müssen ab 1. Oktober 2017 eine Prüfung vor einer vom Luftfahrtbundesamt anerkannten Stelle ablegen.
Sollte es nicht eine einheitliche gesetzliche Regelung für alle Drohnen geben?
Ja, ich kann es nicht gut heißen, dass jemand herumfliegt, der keine Ahnung hat. Das Risiko, gegen Gesetze zu verstoßen, ist extrem hoch. Andere Verkehrsteilnehmer könnten gefährdet werden. Wenn eine Drohne mit einem Flugzeug kollidiert, kann viel kaputt gehen – auch wenn man bei Drohnen unter zwei Kilogramm von einer geringen Gefährdung ausgeht. Das Triebwerk eines Verkehrsflugzeuges kostet zwischen acht und zehn Millionen Euro. Im schlimmsten Fall muss der Verursacher dann mit seinem Vermögen haften, weil die Deckungssumme der Versicherung überschritten wurde.
Was wird in dem Lehrgang vermittelt?
Er beinhaltet alles, was mit einer Drohne zu tun hat. Von Luftrecht über Wetterkunde, Flugbetrieb und Navigation oder die Schwierigkeiten beim Aufstieg.
Was muss man denn dabei beachten?
Vieles: Man sollte eine richtige Flugvorbereitung machen und sich die Gegebenheiten vor Ort mit Satellitenbildern anschauen. Den Wetterbericht und das aktuelle Flugwetter muss man einholen. Man sollte planen, welche Bilder man machen möchte, welche Höhe dafür nötig ist. Man muss planen, wo man aufsteigt. Die Windrichtung sollte immer im Blick sein, damit es nicht zu Unfällen kommt. Man sollte auch jemanden mitnehmen, der das Gebiet rundherum sichern kann.
Warum ist es sinnvoll, mit Drohnen zu arbeiten?
Drohnen sind ideal für manche Berufe oder Tätigkeitsfelder. Dachdecker können ohne Gerüst ein Dach begutachten. Die Aufnahmen der Kameras sind so gut, sodass eine Inspektion mit der Drohne teilweise ausreicht. Oberleitungen, Brücken, Solaranlagen, Windkraftanlagen können untersucht werden. Auch in Land- und Forstwirtschaft gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten.
Für solche Arbeiten werden auch normale Drohnen verwendet?
Das sind meist größere und teurere Systeme. Oft sind das Geräte mit zwei Kameras, eine mit Zoom und eine Wärmebildkamera. Damit werden dann Inspektionen von Kaminen, Oberleitungen oder Ähnlichem durchgeführt.
Also ist es denkbar in Zukunft, Pakete per Drohne auszuliefern?
Ich glaube nicht an einen Pizzalieferdienst mit Drohnen oder, dass Pakete ausgeliefert werden. Es ist jedoch denkbar, etwa Medikamente oder Proben auf Inseln oder in die Berge zu bringen.
Wie viel Kilogramm kann denn eine Drohne transportieren?
Das hängt von der Größe des Fluggerätes ab. Drohnen mit einem Gewicht von mehr als 25 Kilogramm sind nur mit einer Luftverkehrszulassung erlaubt. Da gibt es noch keine Spezifikation. Bis 2020 will die Europäische Agentur für Flugsicherheit einheitliche Standards geschaffen haben.
Hat die Bundesregierung hier einen Trend verschlafen?
Das würde ich nicht sagen. Die Entwicklung ist so schnell, dass man nicht hinterherkommt. Noch vor zwei Jahren waren die Geräte ganz andere. Es gibt Software, die z. B. verhindert, dass eine Drohne im Weserstadion funktioniert, da sie durch GPS-Daten weiß, dass dort eine Flugverbotszone ist. Auch die Rückhol-Mechanismen der Drohnen werden immer besser. Permanent wird die Distanz zwischen Drohne und Steuerer gemessen. Reicht die Akkulaufzeit gerade noch für den Weg, fliegt das Gerät zurück, neuere Geräte erkennen dabei Hindernisse und umfliegen diese. Wichtige elektronische Komponenten sind teilweise dreifach abgesichert – wie bei einem Verkehrsflugzeug. Fällt ein System aus, übernimmt das nächste. Sie prüfen sich permanent gegenseitig.
Wie sehr beeinflussen Wind und Wetter?
Die Geräte sind relativ empfindlich gegen verschiedene Umwelteinflüsse. Beim Wind muss man beachten, dass die Drohne schneller als die Windgeschwindigkeit fliegt. Sonst fliegt die Drohne rückwärts – trotz voller Kraft voraus. Außerdem müssen Verwirbelungen, Abwinde und Thermik beachtet werden. Drohnen sind sehr feuchtigkeitsempfindlich. Wichtig ist auch, dass man die Akkus vorwärmt, wenn es kalt ist. Die Laufzeit kann sich sonst sehr verkürzen.
Und die Kameras?
Bessere Drohnen haben schon eine 20-Megapixel-Kamera. Sie sind federleicht und von der Qualität vergleichbar mit Profiausrüstungen. Aber nur spezielle Kameras haben einen Zoom. Die haben dann sogar 36 Megapixel. Wichtig ist, dass die Kameras gut aufgehängt sind. Sie dürfen die Vibration nicht übernehmen.
Gibt es eigentlich so etwas wie einen Not-Ausschalter?
Ja, der ist von Hersteller zu Hersteller verschieden und im Betriebshandbuch beschrieben. Beim Betätigen fällt die Drohne runter wie ein Stein, ist natürlich kaputt, aber zumindest wird niemand verletzt oder andere Dinge zerstört.
Das Interview führte Jan-Felix Jasch.