Ob die Disziplinarverfahren gegen drei Bremer Polizeibeamte noch einmal neu aufgerollt werden, ist keinesfalls sicher. Auch weil zumindest einer der Fälle inzwischen verjährt sein könnte. Der gesamte Vorgang werde derzeit "kritisch geprüft", sagt Franka Haedke, Pressesprecherin der Polizei. Die FDP fordert derweil "eine klärende Stellungnahme des Innensenators".
In die Verfahren gegen drei Polizeibeamte war die Frauenbeauftragte nicht eingebunden worden. Ein Formfehler, der wie berichtet dazu geführt hat, dass die ausgesprochenen Disziplinarverfügungen – einmal eine Geldbuße, einmal ein Verweis – seitens der Behörde aufgehoben wurden. Ob es zur Wiederaufnahme der Verfahren kommt, wird nun laut Polizei im Rahmen einer Fallkonferenz unter Beteiligung der Frauenbeauftragten und des Personalrates entschieden.
Die drei Beamten hatten sich im September 2020 in einem öffentlichen Facebook-Eintrag über einen Polizeieinsatz im Clanmilieu geäußert. "Ironisierend und überspitzt", wie sie selbst sagen, "zynisch und menschenverachtend", wie ihnen die Polizeiführung vorwirft. Nach deren Auffassung rechtfertigten die Facebook-Einträge den Verdacht eines Dienstvergehens. Man gehe jedem Verdacht von Rassismus in den eigenen Reihen konsequent nach, heißt es von der Polizei. Auf die Frage nach einer möglichen Vorverurteilung durch eine unmittelbar nach dem Vorfall veröffentlichten Pressemitteilung, in der schwere Vorwürfe gegen die drei Beamten erhoben wurden, geht die Polizei nicht explizit ein. Entsprechende Sachverhalte würden selbstverständlich vor einer möglichen Veröffentlichung sensibel geprüft. "Die Polizei Bremen pflegt eine transparente, offen gelebte Fehlerkultur, unabhängig von öffentlichen Diskussionen."
"Offen gelebte Fehlerkultur"
Die drei Beamten wurden unmittelbar nach Bekanntwerden ihrer Facebook-Einträge in den Innendienst versetzt und mit Aufgaben betraut, die ausdrücklich keine Berührungspunkte zu Bürgern hatten. "Dies sind zunächst Vorsichts- beziehungsweise Schutzmaßnahmen, die der Unschuldsvermutung nicht entgegenstehen", betont Polizeisprecherin Haedke und weist auf "die besonders hohen Anforderungen" hin, die an die Arbeit von Polizisten und Polizistinnen geknüpft seien. Bei einem Verdacht auf Verletzung der beamtenrechtlichen Pflichten erfolge gerade in Fällen, in denen der Aufgabenbereich viele Außenkontakte beinhaltet, eine Umsetzung oder anderweitige Verwendung bis zur Sachverhaltsaufklärung.
Tatsächlich zog sich diese "Umsetzung" über Jahre hin. Die Disziplinarverfahren wurden im Oktober 2020 eingeleitet und im Juli 2021 beziehungsweise August 2021 und April 2022 jeweils mit einer Verfügung beendet, heißt es seitens der Polizei. "So ein Verfahren kann entsprechend dauern, wenn beispielsweise Widerspruch durch die Betroffenen eingelegt wird", erläutert Haedke. Zwei der drei betroffenen Personen befänden sich mittlerweile wieder an ihren Stammdienststellen.
Über den Fortgang der Verfahren soll nun in Fallkonferenzen entschieden werden. Wobei zumindest einer der Fälle inzwischen verjährt sein könnte. "Aktuell wird durch den Prozessbevollmächtigten geprüft, ob die Fortsetzung des Verfahrens dennoch möglich ist", so Haedke.
Die FDP-Fraktion fordert hierzu von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) eine Erklärung zur Frage, "ob es sich um ein rechtlich sauberes Verhalten gegenüber den Beamten gehandelt hat". Eine Rolle spielt dabei auch die Pressemitteilung der Polizei. "Wir wollen wissen, aufgrund welcher Indizien sich der Innensenator und die Polizeiführung per Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gewandt haben", sagt die innenpolitische Sprecherin der FDP, Birgit Bergmann. "Wie beurteilt der Innensenator gegebenenfalls die damalige öffentliche Vorverurteilung heute und was könnte dann aus dem Fall für die Zukunft gelernt werden?"