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Organisierte Kriminalität Gesprengte Geldautomaten: Banden in Bremen und Niedersachsen aktiv

Ausländische Banden haben es mehr und mehr auf Geldautomaten in Deutschland abgesehen – dabei wenden sie rabiate Methoden an. Auch in Bremen und Umgebung hat es in jüngster Zeit spektakuläre Fälle gegeben.
23.01.2022, 21:38 Uhr
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Gesprengte Geldautomaten: Banden in Bremen und Niedersachsen aktiv
Von Felix Wendler

Geldautomaten werden verstärkt Ziele von Kriminellen. Dabei nimmt vor allem das gewaltsame Vorgehen zu: Von 2017 bis 2020 ist die jährliche Zahl der Sprengungen und Sprengversuche bundesweit von 268 auf 414 gestiegen. Das geht aus Daten des Bundeskriminalamtes (BKA) hervor. Im vergangenen Jahr stagnierte die Zahl auf hohem Niveau, berichtet die „Welt am Sonntag“. Abschließende Zahlen liegen noch nicht vor. Der Zeitung zufolge steigt die Erfolgsquote der Täter. Demnach gelingt den Kriminellen mittlerweile in etwa der Hälfte aller Fälle die Flucht samt Beute. Besonders stark betroffen ist der Westen Deutschlands, auch im Norden kommt es immer wieder zu Automatensprengungen.

Hohe Kollateralschäden

In Bremen ist die Zahl der gesprengten Geldautomaten verhältnismäßig klein: Die Polizei berichtet von jeweils drei Fällen in den vergangenen beiden Jahren. In einer BKA-Statistik, die erfolglose Versuche einbezieht, ist Bremen 2020 mit sieben Fällen vertreten. Anfang Dezember vergangenen Jahres hatten Unbekannte den Geldautomaten einer Bankfiliale an der Oberneulander Heerstraße gesprengt. Dabei waren auch der Kassenraum und das Gebäude stark beschädigt worden. Laut Polizei entstand ein Schaden von rund 100.000 Euro.

Die Sparkasse Bremen bestätigt auf Anfrage, „dass es seit rund zwei Jahren wieder zu Sprengungen von Geldautomaten im Stadtgebiet Bremen kommt“. In einem Fall sei eine Raumpflegerin im Gebäude gewesen. „Glücklicherweise ist sie nicht schwer verletzt worden“, sagt Unternehmenssprecherin Nicola Oppermann. Die Täter seien skrupellos und würden hohe Risiken in Kauf nehmen, so Polizeisprecher Nils Matthiesen. „Durch die Detonation kann es vorkommen, dass Türen und Mauerwerk noch meterweit über die Straße fliegen.“

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Auch im Bremer Umland kommt es zu Fällen. In jüngster Zeit waren beispielsweise Geldautomaten in Wildeshausen, Weyhe und Verden betroffen. Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen berichtet von 55 Fällen im vergangenen Jahr – in 27 konnten die Täter Beute machen. Im Jahr 2020 erbeuteten Kriminelle in 19 Fällen Bargeld in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Die Gesamtsumme für 2021 liegt dem LKA zufolge noch nicht vor.

Die Schäden gehen häufig deutlich über die Beutesumme hinaus. Ein besonders schwerer Fall ereignete sich in Verden im ­November 2020. Damals hatten Täter einen Geldautomaten der Sparkasse gesprengt und dabei einen Schaden von rund 200.000 Euro verursacht. Die zugehörige Geschäftsstelle blieb über Monate geschlossen.

In der Vergangenheit hätten Täter vornehmlich Gas in die Automaten eingeleitet, um dieses im Inneren zu zünden, erklärt Katrin Gladitz vom LKA Niedersachsen. Seit Sommer 2020 komme zunehmend Festsprengstoff zum Einsatz. In Niedersachsen seien im vergangenen Jahr etwa zwei Drittel der Taten in dieser Form verübt worden. Das BKA begründet die veränderte Vorgehensweise der Täter vor allem damit, dass die Betreiber der Geldautomaten ihre Sicherheitsvorkehrungen angepasst hätten. Die Sparkasse Bremen teilt mit, dass seit dem vergangenen Sommer neue Automaten mit weniger Schwachstellen im Einsatz seien.

Diese Gruppen arbeiten hochprofessionell, arbeitsteilig und benötigen wenige Minuten zur Tatausführung.
Katrin Gladitz, LKA Niedersachsen

Nach übereinstimmenden Polizeiangaben handelt es sich bei den Tätern häufig um niederländisch-marokkanische Banden. Das LKA Niedersachsen macht sie für 60 bis 80 Prozent aller bundesweiten Fälle verantwortlich. Demnach reisen die Banden für ihre Taten nach Deutschland und kehren unmittelbar danach in die Niederlande zurück. „Diese Gruppen arbeiten hochprofessionell, arbeitsteilig und benötigen wenige Minuten zur Tatausführung“, so Gladitz. Zeugen und aussagekräftige Täterbeschreibungen gebe es selten, sagt der Bremer Polizeisprecher Nils Matthiesen. Die Täter würden Orte auswählen, von denen sie schnell entkommen könnten. Dass die auswärtigen Banden verstärkt in Deutschland auftauchen, liegt dem BKA zufolge an einer zunehmenden Abschottung und Abschaltung der niederländischen Geldautomaten.

Auch andere Automaten betroffen

Neben Geldautomaten wecken auch Zigaretten- und Fahrscheinautomaten das Interesse von Kriminellen. Erstere gehören, ebenso wie zum Beispiel Geräte für Getränke, zu den Warenautomaten. 20 Exemplar sind davon laut Polizei im Jahr 2020 in Bremen gesprengt worden. Auch hier sei eine Zunahme zu beobachten.

Die Täter kämen, anders als bei den Geldautomaten, eher aus der Region, sagt Matthiesen. Gesprengte Fahrkartenautomaten gibt es zunehmend weniger: Die Deutsche Bahn berichtet von einem deutlichen Rückgang und bundesweit etwa 200 Fällen im vergangenen Jahr. Bremen war zwischen 2018 und 2020 laut Polizei kein einziges Mal betroffen.

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