Bei der privaten Jacobs University in Grohn konkretisiert sich der Ausstieg des bisherigen Hauptanteilseigners, der in Zürich ansässigen Jacobs Foundation (Stiftung). Dem Senat ist daran gelegen, eine Insolvenz der wirtschaftlich angeschlagenen Privathochschule zu verhindern, denn die hätte eine ganze Reihe von negativen Folgen, die weit über die reine Abwicklung des Lehrbetriebs hinausgehen würden.
An diesem Dienstag steht das Thema auf der Tagesordnung der Landesregierung. Beratungsgrundlage ist ein Papier aus der Wissenschaftsbehörde, das dem WESER-KURIER vorliegt. Darin wird ungeschminkt beschrieben, wie ernst es um die vor 20 Jahren gegründete Jacobs-Uni steht. Demnach hat die Corona-Krise die ohnehin angespannte Finanzlage der Elite-Hochschule nochmals verschärft.
Die Reisebeschränkungen als Folge der Pandemie haben sowohl die Anwerbung neuer Studenten als auch die Nachfrage nach kommerziellen Fortbildungsangeboten für Führungskräfte aus der Wirtschaft stark zurückgeworfen. Obwohl die Jacobs-Stiftung bereits Teile ihrer Unterstützungszahlungen für 2021 vorab geleistet hat, droht demnach eine Insolvenz noch im dritten Quartal 2020. Gleichzeitig will sich die Stiftung aus der Trägerschaft der Einrichtung zurückziehen, und zwar bereits zum Jahresende.
Im Gegenzug bietet sie eine Schlusszahlung von 63 Millionen Schweizer Franken an. Dieser Betrag entspricht den noch ausstehenden Zuschüssen, zu denen sich die Stiftung bis 2027 in jährlichen Tranchen vertraglich verpflichtet hatte. Mit dem Geld wäre nach Einschätzung der Wissenschaftsbehörde die Liquidität der Jacobs-Uni bis Anfang 2023 gesichert und damit auch die notwendige Zeit gewonnen, um dem Grohner Campus eine Zukunft zu sichern – in welcher Form auch immer. Als eine mögliche Option gilt die Überführung der Privat-Uni ins öffentliche Hochschulsystem.
Insolvenz-Szenario
Kurzfristig ist nun die Frage, wie der Ausstieg der Jacobs Foundation organisiert wird. Laut Senatsvorlage geht es in den anstehenden Verhandlungen mit der Züricher Stiftung darum, ob ein noch zu findender Kaufinteressent oder Bremen selbst die Gesellschafteranteile übernimmt. Der Zeitdruck für einen erfolgreichen Abschluss der Gespräche ist hoch. Gelingt kein geordneter Übergang und geht die Jacobs-Uni im Herbst pleite, wären nicht nur gut 400 Arbeitsplätze in Grohn unmittelbar bedroht.
Laut einer vertraglichen Regelung aus dem Jahr 2001 müsste Bremen auch dafür sorgen, dass die gegenwärtig gut 1600 Jacobs-Studenten an der Universität Bremen ihr Studium fortsetzen und einen Abschluss machen können. Und sogar den Zugriff auf das Gelände könnte die Stadt im Verlauf eines Insolvenzverfahrens verlieren. Gleiches gilt für einen Teil des Oeversbergs, also des südlich an den Campus angrenzenden Areals, das der Jacobs-Uni seit teilweise gehört. Dort sind Sportvereine ansässig, die bei einer Verwertung des Geländes im Zuge eines Insolvenzverfahrens ihr Domizil verlieren könnten. Theoretisch jedenfalls.
Die Wissenschaftsbehörde schlägt für die Senatssitzung nun ein abgestuftes Vorgehen vor. Zunächst soll der bestehende dreiseitige Vertrag zwischen Land, Jacobs-Uni und Jacobs Foundation aufgelöst werden, sofern die Stiftung ihre angekündigte Schlusszahlung leistet. Parallel will sich das Wissenschaftsressort bemühen, bis November „ein dauerhaft tragfähiges Geschäftsmodell“ für die Jacobs-Uni zu erarbeiten, wie es in der Vorlage heißt. Gelinge das nicht, seien „Szenarien für einen befristeten Weiterbetrieb“ der Privathochschule gefragt.