1971 ging der Senat davon aus, dass Bremens Bevölkerung auf bis zu 800.000 Einwohner anschwellen könnte. Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen. Jahrelang hatte Bremen (dasselbe galt für Bremerhaven) mit Einwohnerschwund zu kämpfen – zugunsten des Umlandes. Insbesondere durch Zuwanderung wurde dieser Trend gestoppt: Ende 2024 lebten nach den aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes rund 586.000 Menschen in der Stadt.
Wächst oder schrumpft Bremen?
Gegenüber 2023 gab es ein leichtes Wachstum – gut 1900 Menschen kamen hinzu. Das passt zum Trend der Vorjahre: Insgesamt wächst Bremens Bevölkerung seit dem Jahr 2000. Im Jahr 2022 sieht man einen starken Anstieg – das sei vor allem ein Effekt des Zensus 2022, sagt Barbara Rösel, Sprecherin des Statistischen Landesamtes: "Bei der Volkszählung stellte man fest, dass es mehr Einwohner in der Stadt gibt als zuvor angenommen." Hinzu kam der Ukrainekrieg 2022 – in der Folge nahm Bremen mehr als 16.000 Menschen auf.
Wie haben sich Geburten und Todesfälle entwickelt?
In den vergangenen beiden Jahren ist die Zahl der Geburten gesunken. Das sorgte teilweise für leichte Entspannung in den Kitas . Davor gab es geburtenstarke Jahrgänge: 2018 kamen in Bremen mehr als 6000 Babys zur Welt – so viele wie zuletzt Anfang der 70er-Jahre. Trotzdem ist der natürliche Bevölkerungssaldo seit Jahrzehnten negativ. Die Zahl der Todesfälle übersteigt die der Geburten. 2024 kamen in der Stadt mehr als 5100 Kinder zur Welt. Gleichzeitig starben etwa 6800 Menschen. „Wir haben hier seit 25 Jahren trotz starker Geburtenrate eine natürliche Schrumpfung“, sagt Sven Uhrhan, Stadtplaner und Professor an der Hochschule Bremen. Ohne Zuzug wäre Bremens Einwohnerzahl seit 2014 pro Jahr im Schnitt um 900 Personen gesunken.
Wodurch wächst die Bevölkerung?
Die Bevölkerung wächst vor allem durch Zuwanderung. 2024 gewann Bremen durch Auslandsmigration 6800 Menschen hinzu. Es kamen vor allem junge Leute im Alter zwischen 18 und 25, aber auch viele Familien mit Kindern hinzu. 43 Prozent der Bevölkerung hatten 2024 einen Migrationshintergrund; bei den unter 18-Jährigen gilt das für 65 Prozent. Die fünf Hauptherkunftsländer sind die Türkei, Syrien, Polen, die Ukraine und Bulgarien.
Wie sieht es mit der Inlandswanderung aus?
Insgesamt ist Bremens innerdeutsche Wanderungsbilanz seit Jahren deutlich negativ – die Stadt verliert beständig Menschen an andere Regionen in Deutschland. Doch es kommen viele junge Menschen aus Norddeutschland und dem Umland nach Bremen: „Es gibt hier typische Großstadteffekte, junge Bevölkerung kommt zur Ausbildung, zum Studium, zum Leben nach Bremen, weil es hier viel mehr Möglichkeiten gibt, sich zu entwickeln und kreativ zu sein“, sagt Sven Uhrhan. Allerdings war dieser Effekt innerdeutsch in jüngster Zeit nicht sehr groß, weil zugleich auch viele junge Menschen die Stadt verließen: Bei den 18- bis 25-Jährigen gewann Bremen 2024 im Saldo rund 640 Personen hinzu.
Welche Gruppen verlassen die Stadt?
2024 verlor die Stadt im Saldo etwa 2800 Menschen an andere Bundesländer. Die große Mehrheit (90 Prozent) zog ins niedersächsische Umland. Die drei häufigsten Ziele waren Delmenhorst, Stuhr und Achim. Die meisten verlassen die Stadt im Alter von 30 bis 50 Jahren. „In Bremen gibt es zwar noch ein gutes Maß an junger Bevölkerung, aber wenn man nicht in der Wohnpolitik handelt und insbesondere mehr Wohnungen für Familien schafft, wird hier die mittlere Generation ausgedünnt“, sagt Uhrhan.
Wie würde sich Bremen ohne Zuwanderung entwickeln?
„Ohne Zuwanderung aus dem Ausland hätten wir einen klaren Bevölkerungsrückgang“, stellt Sven Uhrhan fest. Ohne Auslandsmigration gäbe es in Bremen im Verlauf der vergangenen 25 Jahre etwa 46.000 Menschen weniger: „Handel, Wirtschaft, Bildung – das würde in alle Lebensbereiche wirken.“ Die Stadt hätte mit hohem Leerstand und klaren Versorgungsschwierigkeiten zu kämpfen, so Uhrhan: „Ohne Migration ist schwer vorstellbar, wie unser Wohlstand gehalten werden und unser System funktionieren sollte – die Krankenhäuser und Pflegeheime, das Ingenieurwesen, die Cafés und Restaurants, das würde alles nicht mehr so laufen.“
Wie verändert sich die Altersstruktur in Bremen?
"Im Vergleich der Bundesländer ist auffällig, wie jung Bremen ist", sagt Uhrhan. Dennoch nehme auch hier die Zahl älterer Menschen zu. „Es gab in der Stadt zuletzt mehr als doppelt so viele 80- bis 85-Jährige wie im Jahr 1970.“ Bundesweit werden die großen Jahrgänge der Babyboomer in den nächsten Jahren in Rente gehen. „Wir haben eine große Gruppe älterer Menschen, die noch fit sind – die sind mobil, die wollen sich weiterbilden und was unternehmen, die sind eine wichtige Zielgruppe für aktive Stadtplanung.“