Die Berufung der geplanten Enquête-Kommission zum Klimaschutz erweist sich als zähes Geschäft. In der kommenden Woche soll die Bürgerschaft das Gremium einsetzen, doch in den vergangenen Tagen wurde hinter den Kulissen immer noch über die Zusammensetzung und vor allem über die Leitungsfunktionen in der Kommission gefeilscht, die eine Klimaschutzstrategie für das kleinste Bundesland erarbeiten soll. Die Grünen würden gern ihren klimapolitischen Sprecher Philipp Bruck an der Spitze des Gremiums installieren. Aber in der SPD hat man die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, einen Genossen auf diesen prestigeträchtigen Posten hieven zu können.
Dass es die Enquete-Kommission geben soll, ist seit Herbst vergangenen Jahres klar. Der Vorschlag kam von der CDU. Nachdem sich die Koalitionsparteien einverstanden erklärt hatten, begannen die taktischen Manöver. Die CDU unterbreitete den Vorschlag, dass die SPD den Vorsitz übernimmt und ein Christdemokrat die Stellvertretung. Im rot-grün-roten Bündnis wurde dies als einigermaßen durchsichtiger Versuch gewertet, einen Keil in die Koalition zu treiben – wären doch die Grünen, die den Klimaschutz als ihre Domäne betrachten, außen vor geblieben.
Streit um Vorsitz
Durchsichtig mag das Manöver gewesen sein, aber es war auch wirkungsvoll. Denn tatsächlich gab es in den vergangenen Wochen ein intensives Tauziehen zwischen SPD und Grünen um den Vorsitz, das immer noch nicht endgültig entschieden ist. Ende vergangener Woche sah es so aus, als ob sich Grüne und SPD zulasten der CDU verständigt hätten: Vorsitz Grüne, Stellvertreterposten für die SPD. Auf Anfrage des WESER-KURIER dementierte SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör am Montagnachmittag eine solche Einigung. Es stünden noch Gespräche aus. Andere Stimmen aus der SPD meinten dagegen, dass der Enquête-Vorsitz den Grünen wohl nicht mehr zu nehmen sei. Fraktionschef Thomas Röwekamp fände es nach eigenem Bekunden „schwierig“, wenn seine Partei in der Leitung der Kommission nicht vertreten wäre, obwohl die Christdemokraten in der Bürgerschaft die stärkste Fraktion stellen und auch die Intiative zur Einsetzung des Gremiums von ihnen ausging.
Geklärt scheint dagegen inzwischen die Zusammensetzung der Enquête-Kommission. Die Bürgerschaftsfraktionen würden insgesamt neun Mitglieder entsenden (CDU drei, SPD zwei, Grüne zwei, Linke und FDP je eines). Außerdem soll dem Gremium eine gleich große Zahl von Experten angehören, vorgeschlagen von den Fraktionen jeweils nach dem gleichen Schlüssel. AfD und Bürger in Wut bleiben nach diesem Modell außen vor.
Der konkrete Arbeitsauftrag der Kommission ist in einem interfraktionell weitgehend geeinten Beschlussentwurf festgelegt, der in der kommenden Woche die Bürgerschaft beschäftigen soll. Zugrunde liegt das Eingeständnis, dass Bremen seine vor einigen Jahren für 2020 gesteckten Klimaschutzziele verfehlen wird. Angepeilt war eine Reduktion der Kohlenstoffdioxid-Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990. Tatsächlich erreicht werden voraussichtlich nur 16 bis 20 Prozent.
Mehr Ehrgeiz und eine gründlichere strategische Vorbereitung sind also vonnöten. Letztere soll die Enquête-Kommission beisteuern. Ihre Aufgabe wird es sein, ein aus dem Pariser Klimaschutzabkommen abgeleitetes Treibhausgas-Reduktionsziel für das Jahr 2030 zu definieren und ein alle Lebensbereiche erfassendes Konzept zu erarbeiten, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Konkret genannt werden in dem Beschlussentwurf die Themen Stromerzeugung/Wärmeversorgung, Stadtentwicklung, Mobilität, Wirtschaft, Ernährung und privater Konsum. Das Gremium soll auch die erforderlichen finanziellen Ressourcen abschätzen und wirtschaftspolitische Instrumente für den notwendigen Strukturwandel entwickeln.
Für eine derart umfassende Aufgabe ist die Zeit, die der Kommission für ihre Arbeit zugebilligt wird, relativ knapp bemessen: Binnen 18 Monaten soll ein schriftlicher Abschlussbericht vorliegen. Das Gremium wird grundsätzlich öffentlich tagen.