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Gesunde Ernährung Ein "Forum für Küche im Wandel" in Bremen für 1,29 Millionen Euro

Unter dem Dach der Finanzbehörde soll ein Kompetenzzentrum für gesündere Ernährung entstehen. Doch so einfach wie gedacht, scheint dies nicht vonstatten zu gehen. Vor allem an einem Punkt hakt die Sache.
08.12.2022, 05:00 Uhr
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Von Ralf Michel

Eine Übungsküche, in der Kenntnisse und Fähigkeiten zum Thema "gesunde Ernährung" vertieft werden können, ist einer der zentralen Bausteine des Bremer Aktionsplanes 2025. Darüber, dass die Küche eingerichtet werden soll, besteht seit Jahren Einigkeit. Und auch ein Platz schien zuletzt gefunden. Die Küche soll in die verwaiste Kantine unterm Dach der Finanzbehörde einziehen. Doch als der Senat dies im November beschließen sollte, wurde das Thema von der Tagesordnung genommen. Offizielle Sprachregelung: "Es besteht noch Beratungsbedarf". Dem Vernehmen nach ist die SPD nicht glücklich mit diesem Standort. Kein Problem sollen dagegen die Kosten sein. Obwohl die inzwischen von 500.000 auf 1,29 Millionen Euro gestiegen sind.

Im Februar 2018 hat Bremen den "Aktionsplan 2025 – gesunde Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung der Stadtgemeinde Bremen" beschlossen. Ziel dieses Planes ist es, die Speisepläne in den Schulen, Kitas, Behördenkantinen sowie den kommunalen Krankenhäusern auf bis zu 100 Prozent ökologische und möglichst regionale Produkte umzustellen.

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SPD hat Klärungsbedarf

Hierfür als notwendig angesehen wurde der Aufbau eines "Kompetenzzentrums für ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung". Das lief lange Zeit unter dem Arbeitstitel "Training Kitchen" und heißt jetzt "Forum für Küche im Wandel". Das Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot dieses Forums  soll ein "gemeinsames Fundament an Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen vermitteln und die handelnden Akteure befähigen, den Aktionsplan 2025 umzusetzen", lautet die Zielvorgabe der im November nicht verabschiedeten Senatsvorlage. Die Küchenmitarbeitenden sollen mithilfe von professioneller Weiterbildung und Beratung in die Lage versetzt werden, den Anteil an Bio-Produkten – "möglichst aus der Region, saisonal und frisch" – weitgehend kostenneutral zu erhöhen und Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

Ein Weiterbildungsprogramm für nachhaltige Ernährung hat das "Forum für Küche im Wandel" im Juli dieses Jahres in digitaler Form gestartet, doch auf die eigentliche Trainingsküche wartet man weiterhin. Die sollte zu Zeiten in Corona an zentraler, gut einsehbarer Stelle in der Innenstadt installiert werden, im Gespräch war unter anderem das Gebäude von Galeria-Kaufhof. Um möglichst dicht am Bürger zu sein, zugleich aber auch, um den Leerstand in der Innenstadt entgegenzuwirken und deren Standortattraktivität zu erhöhen.

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Eingebunden werden sollten in diese Pläne Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen, die im Bereich Ernährung aktiv sind. "Um zusätzliche Frequenz zu schaffen", wurde außerdem eine Co-Nutzung durch interessierte und engagierte Vereine und Verbraucher angestrebt. Geplant waren Workshops, sogenanntes  Urban Farming, Filmvorführungen, Diskussionsforen, Volksküchen, Show-Küchen und Tauschbörsen – Formate, die für regelmäßigen Zulauf sorgen, den Standort beleben und somit positive Aufmerksamkeit schaffen sollten.

Allein – die Suche nach einem geeigneten Standort blieb ohne Erfolg. Mehrere Gebäude in zentraler Lage schieden aufgrund der Anforderungen an Lebensmittelhygiene, Barrierefreiheit und Brandschutz aus, heißt es hierzu in der Senatsvorlage. Zudem unterzeichneten Vermieter im Innenstadtbereich keine Verträge unter fünf Jahren. Eine Mietdauer, die mit Blick auf die begrenzten Haushaltszeiträume in diesem Fall nicht habe zugesichert werden können.

Zu hohe Anforderungen

Letztlich fündig wurde man im Haus des Reichs am Rudolf-Hilferding-Platz 1, dem Sitz des Finanzsenators. Die Finanzbehörde soll die notwendigen Flächen zur Verfügung stellen – die seit Anfang 2021 leer stehende Behördenkantine (ehemals Lacantina) ganz oben im Gebäude. Für die Finanzierung des Projekts kommt das für die Umsetzung des Aktionsplans 2025 federführende Umweltressort auf. 

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In der ursprünglichen Planung waren hierfür 500.000 Euro vorgesehen. Dabei war man allerdings davon ausgegangen, dass eine leer stehende Küche im Bereich der Innenstadt für das Vorhaben angemietet werden kann, heißt es in der Senatsvorlage. Doch diese Planung liege mehr als zwei Jahre zurück, die damit verbundenen Kostenschätzungen seien also nicht mehr aktuell. Hinzu kämen  Lieferengpässe, deutliche Preissteigerungen bei Baumaterialien und die Inflation. Zudem sei damals nicht mit den kostenintensiven Umbaumaßnahmen für Barrierefreiheit und Einbau einer neuen Abluftanlage zu rechnen gewesen. Eine aktualisierte Schätzung komme daher auf 1.290.000 Euro.

Die erforderlichen zusätzlichen 790.000 Euro sollen zu 45 Prozent aus Mitteln der Stadt und zu 55 Prozent aus Mitteln des Landes finanziert werden. Die anteilige Finanzierung aus Landesmitteln begründe sich auf die von der Enquetekommission Klimaschutz geforderte Ernährungswende, die nicht nur die Stadt Bremen, sondern das gesamte Bundesland betreffe. "Mit dem geplanten Weiterbildungsangebot erhalten alle Bürgerinnen und Bürger des Landes Bremen die Möglichkeit, zu lernen, wie sie gesund und nachhaltig kochen."

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