Goldgelb quillt der Nudel-Teig aus der Maschine, Campanelle aus 100 Prozent Bio-Hartweizengries. 50 bis 75 Kilo Nudelteig werden derzeit täglich in der Küche des Studierendenwerks verarbeitet. Die Maschine würde auch 250 Kilo schaffen, sieben verschiedene hausgemachte Pasta-Sorten sind möglich. "Campanelle aus eigener Herstellung" wirbt oben in der Uni-Mensa eine der großen Menütafeln. Dazu gibt es grünen Spargel, Shiitake-Pilze und Kirschtomaten.
Die Anschaffung einer Pasta-Maschine, vom Preis her im Bereich eines Kleinwagens anzusiedeln, kommt nicht von ungefähr. Sie steht sozusagen stellvertretend für die generelle Ausrichtung des Studierendenwerks, wenn es um die Speisepläne ihrer Mensen und Caféterien geht. "Wir haben uns gefragt, wo wir in Sachen Qualität und Nachhaltigkeit eigentlich hin wollen", berichtet Anke Grupe-Markschat, Leiterin der Hochschulgastronomie. Nudeln stünden hoch im Kurs bei den Studierenden. "Aber die Mengen, die wir benötigen, in Bioqualität zu beschaffen, hätten wir uns nicht leisten können." Daraus sei die Idee entstanden, die Pasta in Eigenproduktion herzustellen. Genau das sei der Ansatz, den das Studierendenwerk verfolgt: "Dort, wo wir können, versuchen wir, kreative Lösungen zu finden."
Rückblende, April 2019: Die Bürgerschaft hatte gerade den „Aktionsplan 2025“ verabschiedet, der Bremens Schulen, Kindergärten, öffentliche Kantinen und städtische Krankenhäuser dazu verpflichtet, ihre Speisepläne schrittweise auf gesündere Kost umzustellen: mehr Bioprodukte, weniger Fleisch und wenn überhaupt Fleisch, dann möglichst nicht aus Massentierhaltung. Das Studierendenwerk mit seinen Mensen fiel zunächst nicht unter diesen Aktionsplan. Doch das wollten die Grünen mit einem Antrag ändern.
Kritik am Aktionsplan: Nicht genug Bioware auf dem Markt
Worüber das Studierendenwerk – vorsichtig formuliert – nicht besonders glücklich war. Nichts gegen Bio-Essen, wo immer möglich sei man hier längst am Ball, wurden Grupe-Markschat und Maurice Mäschig, Pressesprecher des Studierendenwerks, nicht müde, zu betonen. Aber so einfach, wie sich das mancher vorstelle, sei so eine Umstellung in den neun Mensen, Caféterien und Ausgabestellen des Studierendenwerks nicht: Für die benötigten Mengen sei gar nicht genügend Bioware auf dem Markt, ganz zu schweigen von deren Kosten. Hinzu käme die Frage nach dem benötigten Personal und den fehlenden Räumlichkeiten, um von vorgefertigten Convenience-Produkten wieder zur eigenen Verarbeitung von Bio-Produkten zurückkehren zu können. Kurzum: Ein sehr, sehr komplexes Thema, für dessen Umsetzung man Ruhe und Zeit brauche, aber keine Politiker, die sich von außen einmischten.
Was die dann aber doch taten. 2020 vergatterte die rot-grün-rote Regierungskoalition auch das Studierendenwerk dazu, seine Speisepläne im Sinne des Aktionsplans 2025 zu überarbeiten. Wichtiges Zugeständnis dabei: Anders als für Schulen, Kitas und Krankenhäuser gab es hier keine festgelegten Quoten oder Zeitvorgaben.
Doch offensichtlich ging es auch ohne. Juni 2022: 70 Prozent der Angebote an Bremens Uni- und Hochschulmensen sind vegan oder vegetarisch. Fleisch darf in den Menülinien 1 und 2 insgesamt nur noch zweimal die Woche auftauchen, plus einmal, wenn es aus artgerechter Haltung stammt. Organisatorisch in die Karten gespielt habe ihnen bei den Umstellungen ausgerechnet Corona, räumt Anke Grupe-Markschat ein. Durch die Pandemie sei die Zahl der täglich benötigten Portionen massiv zurückgegangen. Damit hätten die Umstellungsprozesse unter deutlich weniger Druck gestanden.
Getan habe sich auch etwas beim Einkauf der Waren, der inzwischen professioneller und zentraler ablaufe. "Wir bündeln Dinge, vereinheitlichen auch Rezepturen", erklärt Nils Graulich, als Sachgebietsleiter für den Einkauf des Studierendenwerks zuständig. "Wir bieten weniger an, aber gezielter in die Richtung, in die wir wollen", ergänzt Grupe-Markschat. Dabei setze man in erster Linie auf Nachhaltigkeit, das heißt, auch auf konventionelle Produkte aus der Region, betont sie. "Wenn wir nur Bio wollen, kommen die Kartoffeln irgendwann aus Ägypten." Für die Studierenden sei aber ohnehin vor allem veganes und vegetarisches Essen wichtig. "Das ist bei denen schon lange ein Riesenthema und diese Forderungen greifen wir natürlich auf."
Ein weiterer Baustein auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit sei die Entwicklung eines eigenen Pfandsystems. "Bei uns gibt es keine To-go-Becher und keine Styroporverpackungen mehr. Null Einweg!", betont die Leiterin der Hochschulgastronomie. "Wir gehen die Sachen Stück für Stück an und schauen, wo wir Prozesse verändern können."
Jan Saffe, eine der treibenden Kräfte hinter der Ausweitung des Aktionsplanes 2025, freut's. Wo andere bei der Umstellung auf Bio aufgeben und abwinken würden – "geht nicht, ist zu teuer" – da suche und finde man beim Studierendenwerk einen Weg, sagt der ernährungspolitische Sprecher der Grünen. Und der werde dann auch umgesetzt. "Die haben sich wirklich gemeinsam auf den Weg gemacht. Das macht Hoffnung und verdient Respekt."