Bayern will seinen rund 252.000 Pflegekräften für ihren Einsatz während der Krise steuerfrei je 500 Euro zahlen. Das hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der „Bild am Sonntag“ angekündigt, an diesem Dienstag soll das Kabinett in München die nötigen rund 126 Millionen Euro bewilligen.
Die etwa 18.000 Pflegekräfte in Bremen werden nicht in den Genuss eines solchen Zuschusses durch das Bundesland kommen. Der Senat habe das Thema Bonuszahlungen in den vergangenen Tagen in verschiedenen Runden diskutiert, plant aber keine derartige Sonderausgabe, die für Bremen einen Betrag in Höhe von rund neun Millionen Euro bedeuten würde.
Das bedeute allerdings nicht, dass der Senat Extrazahlungen für Arbeitnehmer, die im Moment besonders gefordert sind, grundsätzlich nicht gutheißen würde. „Es gibt bereits beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen konkrete Überlegungen, die Arbeit der Pflegekräfte mit einmalig 1500 Euro zu honorieren", sagt Regierungssprecher Christian Dohle. "Bürgermeister Andreas Bovenschulte befürwortet eine solche Extra-Prämie. Genauso wie die Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, dass eine solche Einmalzahlung nicht versteuert werden muss." Allerdings sei man, wie Dohle erklärt, bei allen Themen, die im Zusammenhang mit der Pandemie stehen, gegen Alleingänge einzelner Länder.
Deutliche Kritik an Söders Plan kommt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Ich halte nicht viel davon“, sagt Annette Düring, Vorsitzende des DGB Bremen. „Die Kolleginnen in der Pflege, ich benutze bewusst die weibliche Form, haben nämlich viel mehr verdient als nur einen Bonus“, sagt sie. Das grundlegende Problem der unattraktiven Arbeitsbedingungen und der daraus resultierende Personalmangel im Gesundheitssektor werde mit einer einmaligen Zahlung nicht gelöst.
Vorhaben bezieht sich nur auf das Pflegepersonal
„Jetzt ist die Zeit dafür, darüber nachzudenken, wie wir gute Pflege grundsätzlich in Zukunft gestalten wollen und wie wir das bezahlen wollen“, sagt die DGB-Vorsitzende. Das ganze System bedürfe einer Veränderung: von den Verdienstmöglichkeiten bis hin zur Aufgabenabgrenzung gegenüber Ärzten. Ein anderer Aspekt, den Düring an dem bayerischen Vorhaben kritisiert: Es bezieht sich nur auf das Pflegepersonal. „Was aber ist mit den Verkäuferinnen, den Einzelhändlern, den Polizistinnen und Polizisten?“
Auch die Gewerkschafter von Verdi fordern eine langfristig bessere Perspektive für das Pflegepersonal durch tarifliche Verhandlungen über mehr Gehalt und eine bessere personelle Ausstattung der Krankenhäuser und anderer Einrichtungen. In der aktuellen Situation hält Matthias Büschking, Sprecher des Landesbezirks Niedersachsen-Bremen, Bonuszahlungen aber für gerechtfertigt. „Wir fordern, dass die Beschäftigten 500 Euro pro Monat bekommen sollten“, sagt er. Carl Kau vom Bund der Steuerzahler gibt den Aspekt der Gerechtigkeit zu bedenken, sollte nur eine der systemrelevanten Branchen belohnt werden. „Grundsätzlich fänden wir es in Ordnung, wenn die öffentliche Hand Menschen belohnen wollte, die im Moment Besonderes leisten“, sagt er. Einen „bundesweiten Flickenteppich“ hält aber auch er für wenig sinnvoll.
Die Vertreter der Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft stehen Bonuszahlungen positiv gegenüber. Die CDU-Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder und Fraktionschef Thomas Röwekamp fordern Bovenschulte in einem Brief dazu auf, dem bayerischen Vorbild zu folgen. „Die Pflegekräfte in unserem Land sind es, die trotz der auch für sie erhöhten Infektionsgefahr pflichtbewusst an der Seite der Patientinnen und Patienten stehen und ihre persönlichen Interessen hinter den Dienst an der Allgemeinheit zurückstellen“, schreiben sie. Lob und Dank alleine reichten nicht, deshalb seien eine Prämie von 500 Euro und freies Essen und freie Getränke in den Einrichtungen angemessen.
Ute Reimers-Bruns, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, hält eine Sonderzahlung aufgrund der enorm gestiegenen Anforderungen als erste Anerkennung für „überfällig“. Darüber hinaus müsse über einen Systemwechsel in der Pflege nachgedacht werden. „An einer adäquaten Umsetzung arbeiten wir aktuell“, sagt sie. Auch Linken-Fraktionschef Nelson Janßen hält Bonuszahlungen nur für den Anfang einer Debatte, in der man sich darauf einigen müsse, „die zahlreichen schlecht bezahlten, aber systemrelevanten Berufe mit einem guten Lohn zu versehen.“ Ilona Osterkamp-Weber (Grüne) und Magnus Buhlert (FDP) sehen in der momentanen Lage neben den Ländern auch den Bund in der Pflicht. „Die Pflegerinnen und Pfleger erfüllen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sagt Osterkamp-Weber. Buhlert betont, die gesamte Gesellschaft müsse überlegen, was sie künftig für ihr Gesundheitssystem zu zahlen bereit sei.