Es rumpelt und scheppert auf dem Gelände der Seebühne an der Waterfront. Überall herrscht geschäftiges Treiben. Hier werden Steine geschleppt, ein paar Meter weiter Kabelrollen. Die Sitzschalen für die Tribüne liegen noch auf einem Haufen in der Ecke. Es wird geschraubt, gehämmert und geschwitzt. Der ein oder andere Arbeiter hält kurz das Gesicht in die Sonne und atmet durch – auch dafür muss Zeit sein.
Die Aufbauarbeiten auf dem rund 8000 Quadratmeter großen Gelände waren die ganze Woche über in vollem Gange. Schon am Freitag soll es losgehen, das rund dreiwöchige Programm mit insgesamt 30 Veranstaltungen – Konzerte, Theater, Kinderprogramm und mehr. Den Auftakt macht "Seebühne rockt", mit fünf Bands aus Deutschland, Schottland und Skandinavien und einem großen Eröffnungsfeuerwerk.
100 bis 150 Helfer pro Abend
Was alles hinter so einem Konzerterlebnis steckt, ist für Besucher schwer vorstellbar. Veranstalter Jörn Meyer, der auch das Bremer Metropol-Theater betreibt, weiß, dass die Planung und der Aufbau der Seebühne jedes Jahr eine logistische Meisterleistung sind. Immerhin kommen bei so einem Open-Air-Programm einige Gewerke zusammen. Es gibt Unternehmen, die sich um Bühne und Tribüne kümmern, die Gastronomie, das Catering für die Künstler, die Technik und Elektronik. Dann natürlich noch die Firmen, die die Zäune liefern, die Container für den Sanitär- und Backstagebereich, die Zelte für Backstage, Gastro und Co. "Im Laufe der Aufbau-Woche sind insgesamt um die 200 Personen auf dem Gelände aktiv", sagt Meyer. Und auch an jedem Showabend seien 100 bis 150 Menschen im Einsatz, damit alles so läuft, wie es soll.
Ganz vorne mit dabei: Bauleiter Ralf Spitra. Er bezeichnet sich selbst als "Schnittstelle zwischen Jörn Meyer und den Behörden". Spitra sorgt unter anderem auch dafür, dass bei der Seebühne alles sicher ist, ebenso hat er das Feuerwerk für den Eröffnungsabend konzipiert. "Das wird cool", sagt der Mann mit den Tattoos und der Harley-Davidson-Warnweste selbstbewusst, während er über das Gelände schreitet und nebenbei noch schnell eine Leiter geraderückt, was von dem Mann, der gerade drauf steigen wollte, mit einem kurzen "Danke" quittiert wird.
Ein Konzept für den Notfall
Spitra ist auch der, der dafür sorgt, dass alles läuft, wenn es mal nicht läuft wie geplant. Er weiß, bei wie viel Wind die Bühne gesichert werden muss, er hat die App des Deutschen Wetterdienstes im Blick und holt sich alle wichtigen Wetterinfos direkt vom Flughafen, wenn die Prognosen mal nicht so rosig sind. Wenn es dann wirklich stürmt und schüttet, gibt es genaue Evakuierungsszenarien, sodass alle Besucher sicher in die Waterfront gebracht werden können, bis feststeht, ob ein Konzert fortgesetzt werden kann oder nicht.
Ein paar Mal sei dies in den vergangenen zwei Jahren bereits vorgekommen. Abgebrochen werden musste bisher erst eine Show, ein Konzert von Max Raabe. "Die Bremer sind aber ziemlich gechillt", sagt Spitra. Wenn es nur mal ein bisschen regnet, würden die meisten unbeeindruckt sitzen bleiben, das könne man ab, hier im Norden.
17 Meter breit und elf Meter tief ist die Bühne, auf der schon bald Künstler wie David Garrett, Ben Zucker, Beatrice Egli, Beth Hart, Howard Carpendale oder Pietro Lombardi stehen. Hinzu kommen je vier Meter breite Seitenbühnen. 28.000 Liter Wasser werden laut Spitra gebraucht, um die Bühne zu beschweren, damit auch alles da bleibt, wo es hingehört. Und Spitra hat noch mehr Zahlen auf Lager, wenn es um den Strom geht, der auf dem Gelände zur Verfügung steht, um Licht, Ton und alles andere zu betreiben: Drei Mal 400 Ampere für die Bühne, dann noch mal 250 extra. Für Laien kann Spitra das auch noch kurz einordnen: Das sei "ganz großes Kino" und man könne damit "sehr viele Wasserkocher" betreiben. Einige Bands, wie in diesem Jahr Fury in the Slaugherhouse, würden die zur Verfügung stehende Technik schon an ihre Limits bringen. Bei anderen Programmpunkten wie dem Kindertheater werde manchmal nur zehn bis 20 Prozent von dem genutzt, was gehen würde, ordnet Meyer ein.
Der Vorverkauf sei in diesem Jahr laut Meyer besser gelaufen als in den Vorjahren. "Das ist aber auch kein Wunder, da wir zum ersten Mal nach Corona auch sicher mit internationalen Acts planen konnten", sagt er. 37.000 Karten habe man verkauft. Meyer rechnet damit, dass die Seebühne am Ende des Veranstaltungszeitraumes 42.000 bis 45.000 Besucher zählt. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr kamen 28.000 zu der Open-Air-Bühne am Wasser. Es gibt aber auch noch eine weitere Neuerung in diesem Jahr: Für einige Konzerte werden nicht nur Sitze, sondern Steh- und Sitzplätze verkauft, sodass bei den teilbestuhlten Veranstaltungen noch mehr Menschen als sonst Platz im Zuschauerbereich haben. 3883, statt der sonst knapp 3500 um genau zu sein. Auch diese Zahlen hat Spitra sofort parat.
Veranstaltungen auch im kommenden Jahr
Wer gar nicht genug von der Seebühne bekommt, kann sich freuen. Auch 2024 wird es wieder Programm an der Waterfront geben. "Voraussichtlich vom 12. Juli bis zum 4. August", verrät Meyer, der während des Aufbaus für dieses Jahr schon halb in den Planungen für das kommende Jahr steckt. "Einige Acts sind schon bestätigt, welche verrate ich aber noch nicht."
Nur eins kann Meyer schon sagen: Man wolle weiterhin auf ein abwechslungsreiches Programm setzen, das möglichst viele Zielgruppen anspricht. Vielleicht erfüllt er sich bei der Auswahl der Künstler auch wieder den einen oder anderen persönlichen Wunsch, wie den Auftritt von Herbie Hancock im vergangenen Jahr oder den Besuch von Gilberto Gil in dieser Spielzeit. Künstler, bei denen man nicht wisse, wie lange sie noch auf der Bühne stehen. "Ich mache hier alles mit Freude, diese Konzerte aber mit besonders großer", sagt Meyer.