Man kann dem Theater Bremen einiges nachsagen. Den einen ist das Knausgard-Projekt zu sperrig, andere wundern sich über Sänger, die nicht zu verstehen sind, weil sie im „Fidelio“ hinten auf der Bühne singen müssen. Wieder anderen ist die „Lulu“-Version von Armin Petras ein zu buntes Knallbonbon. Das ist alles gut so. Denn so lange man einem Theater nicht nachsagen muss, dass es langweilt, machen ein Intendant und sein Team das Wesentliche richtig. Ein Theater muss unterhalten, aber es muss auch aufregen, für Diskussion und für Streit sorgen.
Intendant Michael Börgerding verwies bei der Vorstellung des Spielplans für die kommende Saison auf die Zutaten, die die Arbeit am Goetheplatz derzeit prägen: Junge, hungrige Regisseure und Dramaturgen können ihre Formensprache entwickeln und reüssieren damit regelmäßig auch an anderen Häusern. Mit Yoel Gamzou gibt es einen Generalmusikdirektor, der nicht nur die Nachwuchsarbeit mit seinen Kinderkonzerten sehr ernst nimmt, sondern auch ein offenes Ohr für sein Publikum hat.
Renommierte Theaterleute wie Alize Zandwijk, Dušan David Parízek oder Tatjana Gürbaca wählen Bremen als Wirkungsstätte, weil sie das offene Arbeitsklima und das Ensemble schätzen. Das Jugendtheater wird regelmäßig mit Preisen dekoriert, die Opernsparte hat bundesweit einen Ruf als besonders experimentierfreudig – daher ist Bremen eine von drei Städten, die für das „NOpera“-Projekt ausgewählt wurden, bei dem Theatermacher aus der freien Szene Musiktheater für die Zukunft entwickeln.
Zukunft ist sowieso ein gutes Stichwort. Während in anderen Institutionen über eine Quote debattiert wird, sind Frauen am Theater Bremen nicht nur auf, sondern auch vor und abseits der Bühne prägend. Das schlägt sich nieder in einer generell weiblicheren Sicht auf die Welt und einer kooperativeren Art, Theater zu produzieren. Der archaische Macho-Geniekult, der die deutschen Bühnen jahrhundertelang beherrschte, ist in Bremen ganz tief in den Fundus entsorgt worden.