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Eintrittsfreier Museumstag Miriam Strunge: "Was Berlin kann, kann Bremen auch"

400.000 Euro sollen Bremer Museen zur Verfügung gestellt werden, damit sie eintrittsfreie Tage einführen und neue Projekte anstoßen können. Miriam Strunge (Die Linke) spricht über die Idee hinter der Förderung.
21.01.2022, 16:34 Uhr
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Miriam Strunge:
Von Alexandra Knief

Frau Strunge, mit dem neuen Haushalt sollen auch 400.000 Euro zur Verfügung gestellt werden, um einen eintrittsfreien Tag in den Bremer Museen zu ermöglichen. Das ist ein Vorschlag Ihrer Partei, Die Linke. Was erhoffen Sie sich davon?

Miriam Strunge: Wir wollen die Bremer Museen zu noch offeneren Museen machen. Wir glauben, dass der Abbau der Barriere des Eintritts da eine ganz wichtige Komponente ist. Es ist nicht die einzige Barriere, die Menschen vom Museumsbesuch abhält, aber doch eine ganz wichtige. Darum möchten wir eintrittsfreie Tage etablieren. Im besten Fall einmal in der Woche und bei allen Museen am gleichen Tag, so kann man auch am besten Werbung dafür machen.

Bei den Bremer Museumsdirektoren stieß die Idee allerdings auf große Kritik, einige fühlten sich sogar übergangen…

Ich glaube, dass wir und die Museen gar nicht so weit auseinander liegen. Die Corona-Pandemie hat die Museen hart getroffen, deshalb halte ich es für notwendig, auch ihnen ein Angebot zu machen, wie sie sich weiterentwickeln können. Es gibt nicht das eine Allheilmittel. Aber ich bin davon überzeugt, dass es Menschen gibt, die öfter in eine Ausstellung gehen würden, wenn sie nicht acht oder zehn Euro Eintritt dafür bezahlen müssten. Gerade in Bremen leben viele Menschen, bei denen zum Monatsende das Geld etwas knapper ist. Viele Leute waren jahrelang nicht im Museum. Wenn ich gar nicht weiß, ob ich mich da überhaupt wohlfühle, dann fällt es mir auch schwer, dafür Eintritt zu bezahlen. Wir wollen aber auch kulturelle Barrieren abbauen. Wenn ich als Kind nie ins Museum gegangen bin, keine Freunde und Familienmitglieder habe, die das tun, komme ich wahrscheinlich auch nicht auf die Idee. 

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Wie baut man kulturelle Barrieren ab?

Mit Vermittlungsangeboten. Beispielsweise mit besonderen Führungen für Familien oder bestimmte Zielgruppen an dem eintrittsfreien Tag. Ich glaube, da haben die Museen ganz viele Ideen. Wir wollen nur die finanziellen Rahmenbedingungen schaffen. Es ist ein Angebot, dem man eine Chance geben sollte. 

Eine Sorge der Museen ist, dass nicht unbedingt neue Besucher ins Museum kommen, sondern auch die Menschen, die sonst zahlen, ihren Besuch auf den eintrittsfreien Tag verlegen. Studien aus anderen Ländern haben gezeigt, dass die Bedenken nicht unbegründet sind...

Sicherlich werden auch Menschen, die sonst an anderen Tagen ins Museum gehen, kommen. Aber Menschen, die sowieso gerne ins Museum gehen, kommen dann einfach nur öfter. In Köln gibt es an einem Donnerstag im Monat freien Eintritt, in Berlin seit Juli 2021 immer am ersten Sonntag im Monat. Da wurden auch gerade die ersten Erfolgsmeldungen verbucht. Drei Viertel der Besucherinnen und Besucher, die am eintrittsfreien Tag in die Museen kamen, sagen, dass sie deswegen gekommen sind. Und die Mehrheit von ihnen war zum ersten Mal da. Darum hat die Regierung beschlossen, das Projekt fortzuführen. Und was Berlin kann, kann Bremen auch.

Nun machen Köln und Berlin aber nur einen kostenfreien Tag im Monat, warum muss Bremen denn gleich mit einmal pro Woche vorpreschen?

Weil das noch niedrigschwelliger ist. Ich muss mir einfach nur merken: Donnerstags ist der Eintritt frei. Ich muss nicht noch überlegen: Ist heute der erste, zweite, dritte oder vierte Donnerstag? Ich würde mich aber auch nicht dagegen sperren, wenn die Bremer Museen sagen, wir fangen mit einem Tag im Monat an. 

Wie soll es denn jetzt konkret weitergehen?

Die Gelder müssen über den Bremen-Fonds bewilligt werden. Ich gehe davon aus, dass das im Frühjahr der Fall sein wird. Dann liegt es an den Museen, Angebote zu entwickeln, die die beiden genannten Punkte ansprechen: freier Eintritt und Abbau kultureller Distanz. Die Museen können ganz unterschiedliche Projekte umsetzen. Und wir haben nach einer gewissen Zeit die Möglichkeit, zu schauen, was die Best-Practice-Beispiele sind. 

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Die Häuser müssen aber schon beides verbinden? Nur neue Angebote ohne freien Eintritt gibt es nicht?

Es soll eine Verbindung sein, genau. Die Museen können Konzepte erarbeiten, die aufzeigen, was sie machen wollen, welche Zielgruppe sie ansprechen, welche Rolle der freie Eintritt spielt, und was das kostet. Dafür können sie dann einen Antrag stellen. 

Arie Hartog, Direktor des Gerhard-Marcks-Hauses, schlägt vor, von dem Geld „Kulturcoaches“ in den Stadtteilen zu finanzieren. Und einen Bus, der auch Gruppen fernab des Stadtzentrums einen unkomplizierten Museumsbesuch ermöglicht. Was halten Sie davon?

Ich finde, das ist eine spannende Idee, die man auch mit diesen Fördermitteln umsetzen könnte. Aber auch das wäre schön, in Verbindung mit einem eintrittsfreien Tag. Das Gerhard-Marcks-Haus hat ja auch schon einen freien Tag im Monat...

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Wie genau wurde der Bedarf von 400.000 Euro errechnet? 

Das ist gar nicht so leicht zu berechnen. Würde man zum Beispiel den Sonntag zum eintrittsfreien Tag machen, sind die Ausfälle voraussichtlich deutlich höher, als wenn man zum Beispiel einen Donnerstag nimmt. Und natürlich muss man auch versuchen, Mitnahmeeffekte gegenzurechnen. Wenn die Museen wirklich nachweisen können, dass sie aufgrund des freien Tages an anderen Tagen deutlich weniger Besucher haben, dann müsste man auch da versuchen, eine Ausgleichszahlung zu finden. Es gibt keine wasserfeste Berechnung, solange man das nicht ausprobiert. 400.000 Euro ist aber erst mal eine Hausnummer, mit der die Museen arbeiten können. Wenn nötig, gibt es später sicher auch noch die Möglichkeit, nachzusteuern.

Was wünschen Sie sich von den Museen?

Wir haben schon eine sehr gute Zusammenarbeit. Ich wünsche mir einfach, dass die Museen aufgeschlossen sind, dieses neue Programm zu nutzen. Ich kenne keine Museumsleitung, die sagt, der Eintritt spielt überhaupt keine Rolle. Es ist nur die Frage, was bewertet man wie stark. Ich wünsche mir, dass die Museen die Förderung so sehen, wie sie auch gemeint ist: Als Unterstützung für sie, um neue Wege auszuprobieren und dabei nicht alleine gelassen zu werden. 

Das Gespräch führte Alexandra Knief. 

Zur Person

Miriam Strunge (34)

ist seit 2015 Bürgerschaftsabgeordnete in Bremen. Sie ist unter anderem Sprecherin für Bildung, Kultur und Wissenschaft der Fraktion Die Linke

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