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Jazzahead Sybille Kornitschky: "Es gibt immer noch ein Imageproblem"

Das diesjährige Partnerland der Jazzahead ist Deutschland. Wieso das nur auf den ersten Blick merkwürdig klingt und warum das Festival umstrukturiert wurde, erklärt Projektleiterin Sybille Kornitschky.
10.02.2023, 11:50 Uhr
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Sybille Kornitschky:
Von Iris Hetscher

Frau Kornitschky, wird die Jazzahead 2023 wieder eine Jazzahead wie vor Corona?

Sybille Kornitschky: Wir kehren in vielerlei Hinsicht zurück zu dem, was war. Vor allem setzen wir voll und ganz auf eine Präsenzveranstaltung. Aber wir konzentrieren uns auf einen verkürzten zeitlichen Rahmen.

Was heißt das?

Der Festivalzeitraum ist identisch mit dem Messezeitraum, also vom 27. bis zum 30. April. Es wird kein Programm drumherum geben wie in den Vorjahren. Das betrifft auch das Galakonzert, das wegfällt. Dafür haben wir das wunderbare Konzert zum Deutschen Jazzpreis, der dieses Jahr erneut in Bremen vergeben wird. Die Clubnacht rutscht vom Sonnabend auf den Freitag. Am Sonnabend gibt es auf dem Messegelände auf drei Bühnen die Showcases und die Commissioned Works; außerdem veranstalten wir eine musikalische Lesung mit Sebastian Koch im Metropol-Theater. Das Partnerland Deutschland soll an allen Tagen vertreten sein, nicht nur an einem Schwerpunktabend.

Gibt es nur ein finales Feuerwerk, oder wird auch die Eröffnung spektakulärer als bisher?

Sie wird erstmalig auf dem Messegelände am Donnerstagmittag stattfinden. Wir haben mit Till Brönner einen Star der Szene eingeladen. 

Ein Mittagskonzert ist dann eher etwas fürs Fachpublikum der Messe.

Es soll auch für das interessierte Festivalpublikum zugänglich sein. Der Donnerstag ist damit zum ersten Mal ein vollständiger Messe- und Festivaltag, alles sehr kompakt. Damit möchten wir erreichen, dass die Fachbesucher für die deutsche Jazz-Szene Zeit haben, die ja eine besondere Rolle spielt dieses Jahr.

Warum eigentlich ausgerechnet Deutschland, also das Land, in dem die Jazzahead stattfindet?

Es geht darum, die Szene zu präsentieren, damit die Jazzwelt genauer hinschaut. Wir bemühen uns schon seit einigen Jahren um den deutschen Jazz, da hat sich auch schon einiges Positives getan. Aber im Vergleich zu anderen Szenen steht der deutsche Jazz im internationalen Vergleich nicht ganz so gut da.

Wie kommt das?

Das hat viele Ursachen. Das hat unter anderem mit dem Föderalismus zu tun oder damit, dass die deutsche Szene in ihrem eigenen Land einer sehr starken Konkurrenz aus dem Ausland ausgesetzt ist. Und es gibt immer noch ein Imageproblem. Deutschem Jazz wird nachgesagt, er sei zu schwermütig und intellektuell.

Der Trompeter Till Brönner, den Sie eingeladen haben, ist da ein Gegenbeispiel, seine Musik klingt sehr locker und eingängig. Aber er ist in der Szene nicht unumstritten. Ist er zu populär?

Einigen ist er nicht experimentell genug. Andere wiederum finden, es müsse auch möglich sein, sich mit kommerzieller Musik eine internationale Karriere aufzubauen. Beides macht die Stimmung in der deutschen Szene aus. Wir werden bei den Showcase-Konzerten und im Festival alle möglichen Randbereiche erkunden. Es gibt natürlich den klassischen Jazz, aber wir werden uns auch im Electro-Bereich tummeln, Techno-Jazz im Programm haben oder uns im Indie-Pop-Bereich oder Rock umtun. Die Szene ist sehr dynamisch und vielfältig.

Warum hat die Jazzahead so lange damit gewartet, Deutschland in den Mittelpunkt zu rücken?

Tatsächlich hätten wir das gerne in einem Jubiläumsjahr gemacht, aber zur 15. Ausgabe der Jazzahead vor zwei Jahren ist uns Corona dazwischen gekommen. Dieses Jahr hat sich dann angeboten, weil der Deutsche Jazzpreis wieder hier vergeben wird – für 2023 war das auch regulär so geplant. Wir arbeiten daran, dass der Preis regelmäßig hier vergeben wird.

Sie haben vorhin den Föderalismus als einen Hemmschuh für die Entwicklung der deutschen Jazz-Szenen genannt. Warum?

In einigen Bundesländern läuft es gut, in anderen gar nicht, was die Fördermöglichkeiten und die Aufmerksamkeit angeht. Das ist für die Entwicklung der Szene hinderlich. Baden-Württemberg und Hamburg machen da einen guten Job, beispielsweise ...

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Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Bremen das vielleicht irgendwann ernsthaft betreibt. Im Moment bemüht die Stadt sich sehr rege um den Titel "City of Literature"; ich finde nicht, dass das eine das andere ausschließt. Es gibt immer mal wieder die eine Initiative hier, eine andere dort. Aber ich warte immer noch auf eine gemeinsame Strategie.

Wie wird die Jazzahead denn aktuell gefördert und von wem?

Vom Bund werden wir seit vielen Jahren unterstützt, und wir haben es auch geschafft, das auszubauen, verbunden immer mit dem Auftrag, Exportplattform für deutschen Jazz zu sein. Wir werden bei der Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung und der Initiative Musik als Leuchtturmprojekt wahrgenommen. Da sitzen wir im Sattel, aber wir müssen uns auch bewähren. In Bremen sind wir, was das angeht, nicht da, wo wir sein wollen. Das große Programm, das wir in den vergangenen Jahren präsentiert haben, war nur möglich, weil die jeweiligen Partnerländer sich finanziell stark beim Festival eingebracht haben.

Das heißt: Bremen ist schuld an der geschrumpften Jazzahead 2023.

Das kann man so nicht sagen. Es ist ganz einfach so: Der Bund fördert die Fachmesse, das Land muss das regionale Festival unterstützen. So ist das Verständnis aufseiten des Bundes. Wir müssen nun mit der Stadt klären, in welche Richtung das Festival künftig gehen soll.

Das Gespräch führte Iris Hetscher.

Zur Person

Sybille Kornitschky

ist seit der Gründung der Jazzahead 2006 Projektleiterin und angestellt bei der Messe Bremen. Die Bremerin hat unter anderem in Frankreich studiert und in Köln bei einem Buchverlag als Lektorin gearbeitet.

Info

Der Vorverkauf für die Jazzahead-Tickets hat begonnen. Es gibt den Festivalpass (150 Euro), der für alle Tage inklusive der Clubnight gültig ist. Tageskarten für die Showcase-Konzerte sind für jeweils 55 Euro erhältlich, Halbtageskarten für 35 Euro. Das Clubnight-Ticket kostet 35 Euro; ein VBN-Ticket ist inklusive. Für alle Tickets gibt es Ermäßigungsregelungen. Erhältlich sind sie in den Vorverkaufsstellen von Nordwest-Ticket oder unter 0421/36 36 36.

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